Healthcare

Fresenius öffnet neuen Investoren die Tür

Der Gesundheitskonzern hält Gewinnsteigerungen in der diversifizierten Struktur des Portfolios für möglich, schließt aber eine Trennung von der Dialysetochter FMC nicht aus und öffnet sich in anderen Sparten für Miteigentümer.

Fresenius öffnet neuen Investoren die Tür

swa Frankfurt – Der Gesundheitskonzern Fresenius begegnet seinen unzufriedenen Aktionären mit der Zusage, künftig auch einschneidende Portfolioveränderungen in die Strategie der Wertsteigerung einzubeziehen. Konzernchef Stephan Sturm hebt hervor, dass er das Wachstum des Konzerns weiterhin aktiv vorantreiben werde, was nicht allein über organisches Wachstum möglich sei.

Für größere Akquisitionsschritte wolle sich Fresenius neue Kapitalquellen erschließen. Die Verschuldung liege derzeit leicht oberhalb des Zielkorridors, was der zuletzt pandemiebedingt unbefriedigenden Entwicklung des operativen Ergebnisses (Ebitda) geschuldet sei. Eine weitere signifikante Erhöhung des Leverage sei nicht geplant; es gebe aber Spielraum, und günstige Fremdkapital­finanzierung bleibe eine Option.

Um gegen die schwache Börsenperformance von Fresenius anzukämpfen und die in der Gruppe vorhandenen Werte stärker sichtbar zu machen, will der Konzern künftig Prioritäten in der Investitionssteuerung setzen. Sturm betont, dass die auf Infusionstherapien fokussierte Tochter Kabi hier an oberster Stelle stehe, weil sie die besten Wachstumsaussichten und das beste Renditeprofil im Konzern habe. Fresenius werde deshalb als alleinige Eigentümerin an dem Traditionsgeschäft festhalten. Kabi werde sich auch in Zukunft zu attraktiven Bedingungen über Fremdkapital die nötigen Mittel beschaffen können, zeigt sich das Management überzeugt.

Für die ebenfalls im Dax geführte Tochter Fresenius Medical Care (FMC) gibt Sturm keine Garantie für einen Verbleib im Konzernverbund – an dem Dialyseunternehmen ist Fresenius mit 32% beteiligt, hat aber über die Struktur der Kommanditgesellschaft die Position eines Mehrheitseigentümers. Falls ein potenzieller Erwerber mit einem „wirklich attraktiven Angebot“ auftauchen würde, wäre ein Verkauf der Einheit nicht ausgeschlossen, sagt Sturm.

Der CEO betont, dass dies beim derzeitigen Bewertungsniveau von FMC keine bevorzugte Option sei und er fest daran glaube, dass der Dialysekonzern seine Profitabilität wieder deutlich steigern und sein Marktwert wieder zunehmen werde. Die von Pandemieeffekten schwer getroffene FMC habe ein umfangreiches Programm zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung eingeleitet, was auch den finanziellen Spielraum des Unternehmens erhöhen werde. Er halte es für den falschen Zeitpunkt, mitten in laufender Restrukturierung an eine Veräußerung zu denken, halte aber nicht an Zwängen fest, so Sturm. FMC finanziere sich aber weitgehend eigenständig.

Variable Pakete

Die Sparten Helios und Vamed sollen kleinere Akquisitionen weiterhin aus Mitteln des Konzerns stemmen. Für größere Schritte sei man offen für andere Investoren. An der Krankenhaussparte Helios will Fresenius langfristig als Mehrheitseignerin engagiert bleiben. Bei Vamed, die auf Projektentwicklung sowie Planung, Errichtung und Betriebsführung von Gesundheitseinrichtungen fokussiert ist, schließt Sturm einen Rückzug in eine Minderheitsposition nicht aus. An der in Wien gegründeten Vamed mit 2,3 Mrd. Euro Umsatz hält Fresenius 77%, beim österreichischen Staat und einer Privatstiftung liegen 13% und 10%.

Bei Helios und Vamed könnten externe Eigenkapitalgeber an Bord geholt werden, wenn eine größere Übernahme gestemmt würde, erläutert Sturm. Dabei seien Sach- oder Barkapitalerhöhungen denkbar. Je nach Exit-Strategie der neuen Minderheitseigner sei auch ein Börsengang möglich. Sturm sieht ein IPO eher als Option für den Ausstieg der neuen Eigenkapitalgeber und nicht primär als Schritt zur Vorfinanzierung einer größeren Übernahme.

Zum Zeitrahmen sagte Sturm, die Öffnung werde in Verbindung mit Wachstumsschritten laufen, die Fresenius zügig angehen werde. CFO Rachel Empey unterstrich, dass die Kapital- und Finanzierungskosten „sehr niedrig“ bleiben werden, wenngleich sich eine leichte Erhöhung der Zinskosten abzeichne. Im vergangenen Jahr hat Fresenius das Finanzergebnis dank niedrigeren Zinsaufwands um 150 Mill. Euro verbessert, was dazu beitrug, dass der Nettogewinn vor Sondereinflüssen um 4% zulegte, obwohl das bereinigte Betriebsergebnis (Ebit) um 8% schrumpfte.

Bei allen Gedankenspielen wird von Sturm betont, dass er den Konzern ganz sicher nicht filetieren wolle. „Fresenius bleibt ein diversifizierter Gesundheitskonzern.“ Er lege Optionen dar, „wie wir Fresenius mit Augenmaß umbauen und mit noch mehr Tempo voranbringen können“. Er sei von den „hervorragenden Wachstumsperspektiven aller vier Unternehmensbereiche überzeugt“. Von den skizzierten Optionen werde der Konzern nur Gebrauch machen, wenn sie dem langfristigen, strategischen Wachstum nutzten.

An der Börse konnte Fresenius mit dem neuen strategischen Drehbuch den Kursverfall nicht aufhalten. Die Aktie büßte weitere 8,4% auf 33,51 Euro ein. Hier soll auch der Ausblick auf 2022 für Enttäuschung gesorgt haben, obwohl Fresenius das Sparprogramm beschleunigt. Die FMC-Titel gewannen dagegen in schwachem Umfeld um 2,2% auf 60,16 Euro.

Wertberichtigt Seite 8

Fresenius
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz3752036277
Ebit41584385
Ebit bereinigt42524612
  in % vom Umsatz11,312,7
Finanzergebnis–506–659
Nettogewinn18181707
Gewinn bereinigt18671796
Operativer Cashflow50786549
Nettoverschuldung2439124076
Ergebnis je Aktie (Euro)3,263,06
Dividende (Euro)0,920,88
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