Frühinvestor von Bytedance sondiert Anteilsverkauf
nh Schanghai
Die schwindenden Aussichten auf einen baldigen Börsengang des chinesischen Social-Media-Betreibers und Technologiekonzerns Bytedance scheinen einen der ersten Finanzinvestoren aus der Frühphase des Start-up-Unternehmens zu einem ersten Rückzugsmanöver zu bewegen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg will die im Technologiesektor breit engagierte US-Investmentgesellschaft Susquehanna International Group ihr Engagement bei Bytedance erstmals vorsichtig reduzieren und sondiert Käufer für Anteile im Wert von rund 500 Mill. Dollar.
Susquehanna hält dem Vernehmen nach 15% der Anteile von Bytedance, die der Venture-Capital-Spezialist im Jahr 2012 eingegangen sein soll, als Bytedance noch ganz in den Anfängen stand, und ist damit nach dem Gründerteam der Gesellschaft der größte externe Investor.
Die potenzielle Transaktion wird von Marktteilnehmern mit großem Interesse verfolgt, weil sie einigen Aufschluss darauf gibt, wie es um die implizite Marktbewertung des weltweit mit Abstand wertvollsten Technologie-Start-up steht.
Bytedance, die man international vor allem als Betreiber des weltweit erfolgreichen Videodienstes Tiktok kennt, wurde noch zur Jahresmitte 2021 von Experten auf einen Gesamtwert von etwa 500 Mrd. Dollar taxiert. Allerdings haben Chinas führende Tech-Konzerne nach einer seit Julibeginn wesentlich verschärften staatlichen Regulierungs- und Antimonopolkampagne in der zweiten Jahreshälfte kräftig Federn an der Börse gelassen und sich erst in den vergangenen zwei Wochen wieder zu erholen begonnen.
Deutlicher Abschlag
So hatten die beiden führenden Tech-Konzerne in China, Alibaba und Tencent im Laufe des dritten Quartals rund 20% an Wert eingebüßt. Gegenwärtig liegt ihr Marktkapital bei 485 Mrd. beziehungsweise 625 Mrd. Dollar. Auf Bytedance angewandt würde ein vergleichbarer Wertabschlag im Zuge der Regierungskampagne den potenziellen Marktwert auf rund 400 Mrd. Dollar drücken. Nach Informationen von Bloomberg soll es zu Herbstbeginn zu einem Anteilsverkauf bei Bytedance von einem nicht genannten anderen Finanzinvestor gekommen sein, der auf eine Bewertung der Gesellschaft zu 360 bis 370 Mrd. Dollar hinausläuft.
Susquehanna wiederum soll für den geplanten Anteilsverkauf anfänglich eine Marke von etwas mehr als 400 Mrd. Dollar gesetzt haben und zu diesem Niveau keine Abnehmer gefunden haben. Unabhängig davon gilt Susquehannas Einstieg bei Bytedance als einer der größten Coups in der Geschichte der Venture-Capital-Finanzierung, bei der sich die Investmentgesellschaft mit höchst bescheidenen Einsatz einen Goldschatz von derzeit geschätzt 60 Mrd. Dollar gesichert hat.
Aufwärtspotenzial
Mittlerweile gehen die Marktteilnehmer überwiegend davon aus, dass dürften Chinas Internet- und Technologiegrößen in Sachen Regulierungskampagne das Gröbste überstanden haben dürften, was den entsprechenden Sektorwerten einiges Aufwärtspotenzial verleiht. Für Bytedance ist der Weg an die Börse damit aber noch lange nicht geebnet, nachdem Initial Public Offering (IPO) von chinesischen Tech-Adressen zu einem brisanten Politikum geworden sind.
Hängepartie
Anfang Juli hatten Chinas Regulatoren im unmittelbaren Nachgang zum US-Börsengang des Fahrdienstriesen Didi neue Genehmigungsverfahren und Cybersicherheitsprüfungen für Börsengänge im Ausland veranlasst und dabei deutlich gemacht, dass die Wall Street bis auf weiteres als Terra non grata für chinesische Techfirmen ist.
Bytedance bleibt damit nur die Option eines Auftritts an den Börsen in Hongkong und Schanghai und das auch erst dann, wenn sich die politischen Wogen weiter geglättet haben. Damit dürfte es noch mindestens ein Jahr brauchen, bevor man sich ernste Hoffnungen auf ein Bytedance IPO machen kann.