RECHT UND KAPITALMARKT

Gericht betont Recht auf Befristung von Arbeitsverträgen im Spitzensport

Entscheidung mit Tragweite - (Noch) kein zweites Bosman-Urteil

Gericht betont Recht auf Befristung von Arbeitsverträgen im Spitzensport

Von Frank Weberndörfer *)Am vergangenen Dienstag hat die Sportwelt aufgeatmet. Die Arbeitsverträge von Profifußballern dürfen grundsätzlich befristet werden, stellte das Bundesarbeitsgericht klar. Die Eigenart der Arbeitsleistung des Lizenzspielers rechtfertigt eine Abweichung von üblichen Arbeitsverhältnissen mit angestellten Mitarbeitern (Az.: 7 AZR 312/16). Ein Urteil mit großer Tragweite. Für die zunehmend als Kapitalgesellschaften organisierten Profivereine, deren Sponsoren und Anteilseigner hätte eine gegenteilige Entscheidung dramatische finanzielle Folgen gehabt.Geklagt hatte ein ehemaliger Torhüter des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05. Sein Arbeitsverhältnis war auf zwei Jahre befristet und sah die Option einer Verlängerung von einem Jahr vor, wenn er Spieler in der vorherigen Saison in mindestens 23 Bundesligaspielen eingesetzt wird. Die Einsatzzahl erreichte der Spieler nicht. Daraufhin klagte er auf Fortbestehen des Arbeitsvertrages sowie auf die Zahlung von Erfolgsprämien. Während das Arbeitsgericht der Klage noch stattgegeben und damit erhebliche Unruhe im Markt ausgelöst hatte, wiesen das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz und nun auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Klage ab.Auch wenn der Richterspruch letztendlich eindeutig ausfiel, war dies längst keine ausgemachte Sache. Die gesetzlichen Befristungsregelungen gelten für in Abhängigkeit beschäftigte Arbeitnehmer. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sieht vor, dass ein sachlicher Grund für eine zeitlich begrenzte Beschäftigung vorliegen muss. Als eine mögliche Rechtfertigung für die Befristung wird die Eigenart der Arbeitsleistung angeführt. Darüber, was diese Eigenart ist, wird seit jeher vor den Arbeitsgerichten gestritten. Hätte das BAG den Begriff enger ausgelegt, wäre dieser Befristungsgrund grundsätzlich in Frage gestellt worden – er gilt auch in vielen Branchen jenseits des Profisports.Bislang ist ein sachlicher Grund für die Eigenart der Arbeitsleistungen insbesondere für die Wissenschaft, den Medien-, Kunst- und Kulturbereich anerkannt worden. So hatte das BAG im Sommer letzten Jahres die Klage des Schauspielers zurückgewiesen, der 18 Jahre lang einen Kommissar in der Krimiserie “Der Alte” spielte (7 AZR 864/15). Hier hatte das Gericht darauf abgestellt, dass das Interesse an einer Fortentwicklung des Serienformats durch Streichung der Rolle das Interesse des Schauspielers an der Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses überwiege. “Verschleißgefahr”Für den Bereich des Sports hatten die Erfurter Richter bereits in der Vergangenheit geurteilt, dass die Befristung eines Tennistrainers nur dann gerechtfertigt sei, wenn mit der langjährigen Betreuung derselben Sportler dessen Fähigkeit zur Motivation nachlasse (7 AZR 436/97). Das Gericht sprach insoweit von einer “Verschleißgefahr”, die jedoch im Fall des Trainers eine Befristung nicht rechtfertigte, da die zu betreuenden Sportler regelmäßig wechselten.Das jetzige Urteil festigt die bestehende Rechtsprechung und klärt die bislang kontrovers diskutierte Frage, ob Befristungen bei Sportarten durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt sein können. Die Auswirkungen des Urteils auf andere Branchen werden sich erst nach Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegründung vollständig ermessen lassen. Nach der bisher veröffentlichten Erklärung des Gerichts zu schließen soll jedoch einer Übertragung der Entscheidung auf andere Bereiche vorgebeugt werden. So haben die Richter nicht lediglich auf die mit zunehmendem Alter sinkende körperliche Belastbarkeit abgestellt, sondern ausschließlich mit der Erbringung “sportlicher Höchstleistungen” argumentiert.Das Gericht wird hier voraussichtlich auf die branchenspezifischen Merkmale des Profifußballs abstellen. Schon die Vorinstanz hatte die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Spielers immer in Relation zum Rest der Mannschaft gesehen. Steige das Leistungsniveau einer Gruppe durch die Verpflichtung neuer Spieler und änderten sich damit die sportlichen Ziele, könne der Bedarf an einem vormals wertvollen Spieler wegfallen. Abzuwarten bleibt, ob die Urteilsbegründung eine Anwendung auf andere Sportarten und niedere Ligen zulässt.Die Höhe der Vergütung war offenbar nicht die entscheidende Besonderheit des Falles. Diese mag zwar mit berücksichtigt werden, kann für sich allein jedoch keine Befristung rechtfertigen. Der Befristungsschutz gilt vielmehr – ebenso wie der Kündigungsschutz – grundsätzlich unabhängig vom Einkommen und damit auch für hoch- und höchstbezahlte Arbeitnehmer. Die Richter hatten an diesem Grundsatz ganz offensichtlich nichts ändern wollen.Das letzte Wort könnte allerdings der Europäische Gerichtshof haben – sollte der Fall über eine Verfassungsbeschwerde des Torhüters in Luxemburg landen. Der hatte 1995 im Bosman-Urteil entschieden, dass Profisportler normale Arbeitnehmer im Sinne des EG-Vertrages sind. Befristungen sind hier ebenfalls nur eingeschränkt zulässig.—-*) Dr. Frank Weberndörfer ist Partner bei Norton Rose Fulbright in Hamburg.