Gericht erleichtert Klagen gegen Kartellsünder

Geschädigte müssen nur vor ein Gericht ziehen

Gericht erleichtert Klagen gegen Kartellsünder

fed Brüssel – Für Opfer von Preisabsprachen wird es leichter, Kartellsünder auf Schadenersatz zu verklagen. Der EU-Gerichtshof stellt klar, dass die Geschädigten mehrere an einem Kartell beteiligte Firmen an einem Ort verklagen können. Dadurch sinkt der Aufwand für Kläger. Oder andersherum: Deren Chance steigt, dass es sich für sie lohnt, vor Gericht zu ziehen, weil sie zuvor künstlich überhöhte Preise zahlen mussten.Für Unternehmen wird es also noch riskanter, Märkte aufzuteilen und Preise und Konditionen zu verabreden. Denn jenseits der satten Strafen, zu denen sie von den Wettbewerbsbehörden verdonnert werden, falls die heimlichen Verabredungen aufgedeckt werden, kommen mehr und mehr Schadenersatzforderungen von Kunden. In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Firmen, die solche Ansprüche gerichtlich geltend machen, gestiegen, berichtet Thomas Funke, Leiter der Kartellrechtspraxis von Osborne Clarke.Das aktuelle Urteil dürfte diesen Trend unterstützen. Dabei geht es um ein Kartell der Lieferanten von Wasserstoffperoxid und Natriumperborat. Unter dem Namen Cartel Damage Claims Hydrogen Peroxide (CDC) verbündeten sich mehrere Zellstoff und Papier verarbeitende Industrieunternehmen, um ihre Ansprüche auf Schadenersatz gegen die Kartellsünder geltend zu machen – schließlich hatten sie ihnen ja zu viel Geld abgeknöpft. CDC reichte die Klage gegen alle Mitglieder des Kartells in Dortmund ein – mit der Begründung, dass ja eine Beteiligte, nämlich Evonik Degussa, ihren Sitz in Deutschland habe. Die anderen Kartellfirmen aus Frankreich, Belgien, Spanien, Finnland und den Niederlanden bestritten die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts, insbesondere nachdem Evonik aus dem Kreis der Beklagten ausschied, weil es sich mit CDC auf einen Vergleich einigte.Das Gericht urteilte jedoch jetzt, das EU-Recht erlaube durchaus, “vor einem einzigen Gericht Klage gegen mehrere in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Beklagte zu erheben”. Kartellsünder müssten eben damit rechnen, dort verklagt zu werden, wo einer von ihnen ansässig ist – oder auch dort, wo das Kartell sich in Hinterzimmern abgesprochen hat, oder sogar im Sitzland des Kunden. Das EU-Gericht stärke somit “die Rechte von Kartellgeschädigten”, resümiert Anwalt Funke. “Wer durch einen europaweiten Wettbewerbsverstoß geschädigt wird, sollte seine Ansprüche auch vor deutschen Gerichten effizient verfolgen können.” Für solche Großverfahren müssten die hiesigen Gerichte allerdings besser ausgestattet werden, fordert der Kartellexperte, denn sonst verliere Deutschland etwa gegenüber klägerfreundlichen Gerichtsständen wie London, Amsterdam oder Helsinki den Anschluss.