Pharmazulieferer

Gerresheimer hat langfristig gehedgt

Gerresheimer hält die Auswirkungen der Gasknappheit auf das Geschäft trotz hohen Bedarfs für gering. Der Spritzen- und Inhalatoren-Produzent hat langfristige Hedging-Vereinbarungen und pocht auf seine Systemrelevanz. Finanzinvestoren sollen den Konzern im Blick haben.

Gerresheimer hat langfristig gehedgt

ak Köln

 Gerresheimer sieht sich trotz hohen Gasbedarfs für die Glasproduktion sicher aufgestellt und erwartet derzeit wenig Belastungen durch eine sich potenziell verschärfende Gasknappheit. „Gerresheimer profitiert von langfristigen Ener­gielieferverträgen, Absicherungen gegen Energiepreisvolatilität und unserer Preisgestaltungsmacht“, sagte Konzernchef Dietmar Siemssen bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Das Unternehmen habe außerdem als Produzent von Verpackungen für teils lebensnotwendige Medikamente schon in der Pandemie seine Systemrelevanz bewiesen, erläuterte Siemssen. Er befürchtet deshalb nicht, dass Gerresheimer der Gashahn von der Bundesnetzagentur zugedreht wird. Gerresheimer ist unter anderem einer von weltweit nur drei Herstellern von Impfstofffläschchen aus Borosilikatglas.

Anleger reagieren erleichtert

„Wir sind gut gegen die steigenden Energiepreise, besonders bei Gas, gehedgt“, ergänzte CFO Bernd Metzner. „Wir haben eine langfristige Hedging-Vereinbarung mit führenden Investmentbanken laufen sowie eine Preisfestsetzung mit einem führenden Energieversorger vereinbart, die zusammen mehr als 90 % unseres Gas- und Energiebedarfs für unsere Behälterglasproduktion in Europa für mehrere Jahre abdecken.“ Selbst die Kosmetikglasproduktion sieht Gerresheimer kaum gefährdet. Hier produziere der Konzern zum einen in einem Werk in Belgien, das kein Gas als Energiequelle benötige, zum anderen stelle das Werk in Tettau nicht nur Kosmetikbehälter her, hieß es.

Der Aktienkurs des MDax-Konzerns kletterte nach den Ausführungen des Managements am Vormittag um bis zu 8 %.

Der Vorstand bestätigte sowohl die Prognose für das Gesamtjahr als auch die mittelfristigen Ziele, nach denen Gerresheimer unter anderem eine organische bereinigte Ebitda-Marge von 23 bis 25 % erreichen möchte. Von dieser war der Konzern im ersten Halbjahr allerdings deutlich weiter entfernt als zuvor. Die Marge ist im ersten Halbjahr um 1,5 Prozentpunkte auf 18,6 % gesunken. Finanzchef Metzner führte dazu aus, dass der Abrieb auf die Inflationseffekte zurückzuführen sei. Denn in den inflationsbedingten Preissteigerungen sei keine Marge enthalten. Bereinigt um diesen Effekt bewege sich die Rendite auf Vorjahresniveau, rechnete Metzner vor. Für das zweite Halbjahr kündigte er eine starke Margenverbesserung an.

Das kräftige Wachstum des Konzernumsatzes im ersten Halbjahr von nominal fast 20% hat jedoch nicht nur mit der Inflation zu tun. Währungseffekte durch den starken Dollar machten sich mit rund 25 Mill. Euro positiv bemerkbar. Das organische währungsbereinigte Wachstum bezifferte der Vorstand auf knapp 16 %, wovon rund 8 % aus Mengeneffekten stammen.

Kein Kommentar zu Bain

Im Gesamtjahr plant Gerresheimer weiterhin mit einem zweistelligen organischen Wachstum sowie einem Plus beim Ebitda sowie beim Ergebnis je Aktie (jeweils bereinigt) im hohen einstelligen Prozentbereich.

Zu Gesprächen mit Bain Capital hielt sich das Management bedeckt. Im Juni hatte Bloomberg berichtet, der MDax-Konzern habe ein in­formelles Übernahmeangebot des einst vom ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney gegründeten Private-Equity-Hauses zurückgewiesen. „Wir können Marktgerüchte nicht kommentieren“, sagte Siemssen. Grundsätzlich sei aber anzumerken, dass es keine Überraschung sei, dass Gerresheimer bei dem aktuellen Niveau des Aktienkurses attraktiv für einen Finanzinvestor sei.

Gerresheimer hat in der eigenen Finanzierung die größte Hürde im laufenden Jahr bereits genommen und eine größere Refinanzierung eines Schuldscheindarlehens über 306 Mill. Euro in trockene Tücher gebracht – und mit einer Schuldverschreibung im November sowie einer jüngst vereinbarten Kreditlinie zu leicht verbesserten Konditionen.

Gerresheimer
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr
in Mill. Euro2022 12021 1
Umsatz815680
Bereinigtes Ebitda152136
 Kunststoff9387
 Glas7364
 Advanced Tech.−3−6
Ber. Ebitda-Marge (%)18,620,0
Konzernergebnis3838
Free Cashflow−111−84
Investitionen11583
Nettofinanzschulden1 1511 025 2
1) Geschäftsjahr endet am 30.11.; 2) Stand 30.11.21Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.