Kochboxen

Gewinnausblick verdirbt Hellofresh-Investoren den Appetit

Der Kochboxanbieter Hellofresh plant eine Verdoppelung der Investitionen im nächsten Jahr. Die Expansion drückt auf das Ergebnis. Der Gewinnausblick stößt an der Börse auf Enttäuschung.

Gewinnausblick verdirbt Hellofresh-Investoren den Appetit

hek Frankfurt – Mit einer am Vorabend des Kapitalmarkttages veröffentlichten Prognose für das kommende Geschäftsjahr hat Hellofresh die Investoren enttäuscht. Denn der Gewinnausblick bleibt deutlich hinter den Markterwartungen zurück. Die Umsatz-Guidance hingegen liegt über den Schätzungen. Die im Dax vertretene Aktie stürzte am Mittwoch fast 11% ab.

Der Kochboxenanbieter stellt für 2022 zwischen 500 Mill. und 580 Mill. Euro adjustierten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Aussicht, was etwa auf Linie liegt mit dem für 2021 avisierten Ergebnis von grob 550 Mill. Euro. Analysten hatten nach Unternehmensangaben im Schnitt mit 647 Mill. Euro bereinigtem Ebitda gerechnet. CFO Christian Gärnter verweist auf Belastungen durch steigende Einkaufskosten für Nahrungsmittel und den Personalaufbau im Technologiebereich. Bei anderen Aufwandsblöcken wie Marketing und Logistik rechnet er mit stabilen Kostenquoten in Relation zum Umsatz. Die Erlöse sollen 2022 währungsbereinigt um 20 bis 26 % vorankommen. Analysten hatten nur mit 17,7 % Umsatzwachstum auf Euro-Basis kalkuliert. Gärnter stuft den Ausblick als „erste, indikative Prognose“ ein und stellt Unsicherheiten wie den zunehmenden Preisauftrieb und die Covid-Pandemie heraus.

Für das laufende Jahr erwartet der Vorstand währungsbereinigt zwischen 57 und 62 % Umsatzwachstum im Vergleich zu 2020. Analysten rechnen mit Erlösen von 5,9 Mrd. Euro. Den Margenausblick hatte das vor zehn Jahren gegründete Unternehmen im August auf 8,25 bis 10,25 % gesenkt.

Auf dem Kapitalmarkttag kündigte das Management an, im nächsten Jahr die Investitionen in Produktion, Infrastruktur und Produktentwicklung auf 450 Mill. bis 550 Mill. Euro zu verdoppeln. Davon sollen 200 Mill. Euro in die Automatisierung fließen. Binnen zwei Jahren würden die Produktionskapazitäten um das 2,5-Fache erweitert, sagt CEO und Mitgründer Dominik Richter. Der Ausbau der Fertigung werde Umsatzkapazitäten schaffen, die weit über das 2025er-Umsatzziel von 10 Mrd. Euro hinausgehen.

Das Technologieteam will Hello­fresh bis Ende 2022 um mehr als 1000 Stellen erweitern und damit verdoppeln. Als Chief Technology Officer kommt Valeri Liborski an Bord, der zuvor in Führungspositionen bei Amazon und Microsoft arbeitete. Den regionalen Aktionsradius will der Kochboxenversender im kommenden Jahr um zwei bis drei Länder vergrößern und darüber hinaus seine Marken Green Chef (spezielle Ernährungsstile wie vegan), Every Plate (preissensible Kunden) oder die Fertigessenschiene Factor in zusätzlichen Märkten etablieren. Als weiteren Wachstumstreiber nennt der Konzern die Monetarisierung, indem den Kunden neben Abendessen auch Mittagsgerichte, Snacks und Frühstück angeboten werden. Zuletzt war Hellofresh nach Norwegen und dann nach Italien expandiert, den 16. Markt. In Japan befindet sich das Unternehmen jetzt in der Testphase.

Die Analysten der DZ Bank be­zeich­nen das Betriebsgewinn-Ziel als „unerwartet niedrig“. Es liege um 17 % unter den Markterwartungen. Nach Angaben der Deutschen Bank impliziert die Prognose eine operative Marge von 7 bis 8 %. Für 2021 kalkuliert die Bank mit 9 %. Die US-Bank­ J.P. Morgan geht davon aus, dass die Schätzungen für das Ergebnis je Aktie 2022 um 20 % sinken werden. Die Investmentbank Bryan Garnier stuft das Ausmaß der Ebitda-Verfehlung als bemerkenswert ein und wirft eine Frage auf: Was hat der Konsens nicht gesehen? Der Analyst Clément Genelot verweist auf die Lohninflation in den Schlüsselmärkten USA und Großbritannien und die seiner Meinung nach geringe Neigung, höhere Lebensmittel- und Transportkosten an die Kunden weiterzugeben. Marktanteilsgewinne und Akzeptanz bei Verbrauchern stünden offenbar im Vordergrund. Zudem fallen infolge des Ausbaus der Fulfillmentzentren auch die Anlaufkosten neuer Werke höher aus.

Der Anbieter von Kochboxen, die im Abo-Modell mit Rezepten und abgemessenen Zutaten an die Haustür geliefert werden, gehört zu den Gewinnern der Pandemie. Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen, Restaurantschließungen und Homeoffice-Trend hatten den Verkauf in die Höhe katapultiert, so dass Kapazitätsengpässe entstanden. Nach Lockerung der Corona-Beschränkungen blieb das Wachstum höher als erwartet. „Die Corona-Pandemie hat das Verbraucherverhalten fundamental geändert“, sagt CEO Richter.