Telekommunikationsbranche

Gigaset ist pleite

Der Schnurlosetelefonhersteller Gigaset aus Bocholt ist pleite. Das Unternehmen versucht eine Rettung der operativen Einheit per Insolvenzverfahren in Eigenregie.

Gigaset ist pleite

Telefonbauer Gigaset ist pleite

Vorstand will operative Einheit durch Sanierung in Eigenregie retten

sck München

Die Pleitewelle hat Gigaset erreicht. Der Hersteller von Festnetztelefonen und Smartphones mit Sitz in Bocholt ist nach eigenen Angaben zahlungsunfähig. Am Dienstagabend nach Börsenschluss teilte das Unternehmen ad hoc mit, dass der Vorstand beschlossen habe, wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens für die börsennotierte Muttergesellschaft Gigaset AG sowie einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung für deren operative Tochtergesellschaft Gigaset Communications GmbH beim Amtsgericht Münster zu stellen. Letzteres ist eine Sanierung in Eigenregie. Ziel sei die nachhaltige Restrukturierung der wirtschaftlichen Basis, so Gigaset. Gemeinsam mit dem CEO Magnus Ekerot werde der einzusetzende Sachwalter unter Einbindung des Gläubigerausschusses die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umsetzen, so das Unternehmen.

Aktie stürzt um 72 Prozent ab

Gigaset umfasst rund 850 Mitarbeiter mit Vertriebsaktivitäten in 50 Ländern. Sämtliche Aktivitäten für DECT-Schnurlostelefone würden nach Firmenangaben unverändert fortgeführt. DECT ist die englische Abkürzung für verbesserte digitale Schnurlos-Telefonie. Es handelt sich um einen Funkstandard, welcher häufig bei Festnetztelefonen verwendet wird. Auf diesem Feld bezeichnet sich Gigaset als Marktführer in Westeuropa. Neben Telefonen stellt Gigaset unter anderem auch Rauchmelder und Alarmanlagen her.

Am Mittwoch brach die Gigaset-Aktie ein. Im Xetra-Handel stürzte das Papier um 72% auf 9 Euro-Cent ab. Die Firma ist am Markt noch 12 Mill. Euro wert. Der Titel notiert seit Herbst 2012 auf Penny-Stock-Niveau.

Hintergrund der Insolvenz sei „im Wesentlichen ein unerwarteter und erheblicher Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr 2023 und somit eine deutlich unter den Planungen liegende Geschäftsentwicklung“, so Gigaset. Die schwache Nachfrage nach firmeneigenen Produkten habe sich „weiter zugespitzt“. Die Geschäftsführung berichtete von einer allgemeinen Kauf- und Konsumzurückhaltung in Deutschland und Europa. Das wirke sich negativ auf die Unternehmensliquidität aus. Die Suche nach neuen Geldgebern scheiterte. „Mit Kapitalgebern geführte Verhandlungen für neues Eigen- bzw. Fremdkapital haben sich bis zuletzt nicht ausreichend konkretisiert, um den notwendigen Finanzmittelzufluss zur Fortführung der Gigaset AG außerhalb eines Insolvenzverfahrens abzusichern“, räumte die Konzernspitze ein.

Der zu Jahresanfang von Bosch gekommene Vorstandschef Ekerot machte das frühere Management für die Schieflage mitverantwortlich: „Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit Schnurlostelefonen (...) zu kompensieren.“ Diese „ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung“ habe dazu beigetragen. Löhne und Gehälter der Mitarbeiter würden bis Ende November 2023 durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Insolvenzausfallgelds getragen. Ekerot folgte zum Jahreswechsel auf Klaus Weßing, der in den Ruhestand ging. Gigaset gehört seit 2014 mehrheitlich dem chinesischen Investor Sutong Pan. Dessen Holding Goldin hielt zuletzt 72%. 2020 verlegte die Gigaset AG ihren Sitz von München nach Bocholt. Die einst zu Siemens gehörende Firma schockierte die Anleger zuvor mit einer Serie von Erlös- und Ergebniswarnungen. Vor zwei Wochen senkte Gigaset ihre Prognose für 2023. Statt eines ursprünglich erwarteten Anstiegs bei Umsatz, operativem Ergebnis und freiem Cashflow warnte der Vorstand vor einem Rückgang.

Wertberichtigt Seite 2

Der Telefonhersteller Gigaset ist zahlungsunfähig. Nach zahlreichen Umbauprozessen versucht das Unternehmen einen Fortbestand der operativen Konzerneinheit via Insolvenzverfahren in Eigenregie. Die Aktie der AG ging um 72% in den Keller. Die Wirtschaftsflaute infolge der Inflation setzt der Firma zu.

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