Global Wafers verfolgt nun einen anderen Weg
jh München
Nach dem gescheiterten Versuch einer Übernahme von Siltronic schließt Global Wafers einen zweiten Anlauf nicht kategorisch aus. „Wir werden die Nichtentscheidung der deutschen Regierung analysieren und ihre Auswirkungen auf unsere künftige Investitionsstrategie prüfen“, teilte der taiwanische Waferhersteller mit.
Allerdings spricht einiges dafür, dass das Unternehmen nun einen anderen Weg wählt. Denn es kündigte an, am kommenden Sonntag „über die Pläne für die alternative Verwendung der für die Transaktion vorgesehenen Mittel zu informieren“. Doris Hsu, CEO von Global Wafers, hatte schon in den vergangenen Wochen von möglichen Investitionen in den USA gesprochen, um die Produktionskapazität zu erweitern. Eine Reihe von Ländern außerhalb Europas bemühe sich um Global Wafers, heißt es vom Unternehmen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte wie erwartet in der Nacht von Montag auf Dienstag die börsenrechtliche Frist für den Vollzug der Übernahme von Siltronic verstreichen lassen, ohne eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz zu erteilen (vgl. BZ vom 1. Februar). Bis zum Ablauf dieser Frist hätten „nicht alle notwendigen Prüfungsschritte im Rahmen der Investitionsprüfung abgeschlossen werden“ können, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Das gelte besonders für die Prüfung der von der chinesischen Kartellbehörde erst in der vergangenen Woche erteilten Genehmigung.
Auch vor Gericht gescheitert
Einen Eilantrag von Global Wafers, um doch noch die Freigabe vom Ministerium zu erhalten, wies das Verwaltungsgericht Berlin zurück. Schwierige Rechtsfragen könnten nicht in der sehr kurzen Zeit geklärt werden. Auch eine beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dagegen eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen.
Global-Wafers-Chefin Hsu be-zeichnete die verweigerte Genehmigung aus Berlin als sehr enttäuschendes Ergebnis. Sie verwies auf die „Bemühungen um eine für beide Seiten akzeptable Lösung und unsere lange und erfolgreiche Geschichte in Europa“. Nach eigenen Angaben ist Global Wafers der größte Lieferant des Grundmaterials Siliziumscheiben (Wafer) für die Halbleiterindus-trie in Europa. „Wir werden selbstverständlich weiterhin eng mit unseren europäischen Kunden zusammenarbeiten, von denen viele die vorgeschlagene Transaktion unterstützt haben“, kündigte Hsu an.
Auch Wacker Chemie in München, der einstige Mutterkonzern von Siltronic, hatte für die Übernahme plädiert und früh die verbliebene Beteiligung von 30,83% den Taiwanern angedient. Er bedaure die Entscheidung des Wirtschaftsministeriums, sagte der Vorstandsvorsitzende Christian Hartel. Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass ein Zusammenschluss nicht nur im besten Interesse der zwei Unternehmen gewesen wäre, sondern auch der deutschen und europäischen Halbleiterindustrie.
Wacker Chemie bekräftigte die Absicht, die Beteiligung an Siltronic abzugeben. Das solle mittelfristig geschehen. Einen Zeitdruck gebe es nicht, auch weil Siltronic sehr profitabel sei. Global Wafers hatte sich mit dem Anteil von Wacker Chemie insgesamt rund 70% der Siltronic-Aktien gesichert. 56,6% würden voraussichtlich am 8. Februar an die ursprünglichen Eigentümer zurückgebucht, kündigte das taiwanische Unternehmen an. Darüber hinaus hält Global Wafers unmittelbar knapp 13,7%. Analysten rechnen wegen dieser möglicherweise zum Verkauf stehenden Anteile damit, dass der Aktienkurs von Siltronic in nächster Zeit sehr volatil sein wird.
Überkapazitäten drohen
Am Dienstag stieg der Kurs um 3,9% auf 120,50 Euro. Seit Mitte Januar hatte er sich deutlich von den 145 Euro entfernt, die Global Wafers geboten hatte. Mittelfristig erkennen Analysten gute Chancen für Siltronic, da die Wafer-Nachfrage das Angebot übertrifft. Nach 2024 drohten angesichts laufender Investitionen jedoch Überkapazitäten.
Leitartikel Seite 8