Grosso Tec greift nach Aktien von S&T
dpa-afx Linz
Der österreichische IT-Dienstleister S&T blickt trotz absehbarer Folgen des Ukraine-Kriegs für sein Russland-Geschäft etwas optimistischer auf das laufende Jahr. Die russischen Konzerntöchter machten etwa 5% der Umsätze und Vermögenswerte von S&T aus, teilte die Gesellschaft bei der Vorlage der Jahresbilanz am Montag in Linz mit. S&T will den Rückgang teilweise durch zusätzliche Aufträge rund um Cybersicherheit und Rüstung ausgleichen und hebt die Jahresprognose sogar leicht an.
Unterdessen will die deutsche Firma Grosso Tec mehr als 8% der S&T-Aktien kaufen. An dem Unternehmen aus Landshut ist S&T-Chef Hannes Niederhauser selbst beteiligt. An der Börse kamen die Nachrichten hervorragend an. Die S&T-Aktie legte in Frankfurt zeitweise um fast 12% auf 16,24 Euro zu und war damit klarer Spitzenreiter im Nebenwerte-Index SDax. Zudem wurde sie damit deutlich über dem Gebot von Grosso Tec gehandelt: Das Unternehmen will bis zu 5,5 Millionen S&T-Aktien zum Stückpreis von 15,30 Euro kaufen – einschließlich der an diesem Montag angekündigten Dividende von 35 Cent. Mit dem Kurssprung glich die S&T-Aktie ihren Kursverlust aus dem bisherigen Jahresverlauf locker aus. Seit dem Jahreswechsel steht nun ein Plus von rund 11% zu Buche. Das Zwischenhoch von 28,06 Euro aus dem Jahr 2018 ist aber noch in weiter Ferne.
Branchenexperte Malte Schaumann vom Analysehaus Warburg Research wertete die Profitabilität des IT-Dienstleisters im vergangenen Jahr zwar als eine kleine Enttäuschung. Angesichts des Ukraine-Konflikts sei der Ausblick aber ein positiver Aspekt, schrieb er. So sieht Vorstandschef Niederhauser das Unternehmen dank eines dicken Auftragsbuchs gut für das laufende Jahr gerüstet. Ende vergangenen Jahres saß S&T auf Bestellungen im Gesamtwert von mehr als 1,3 Mrd. Euro, 44% mehr als Ende 2020. Anfang des neuen Jahres kamen noch drei Großaufträge im Gesamtwert von 200 Mill. Euro hinzu.
Niederhauser rechnet für 2022 jetzt mit einem Umsatzanstieg auf „zumindest“ 1,5 Mrd. Euro – etwas mehr als die im Januar genannten „rund“ 1,5 Mrd.. Weiterhin sollen in diesem Jahr rund 10% des Umsatzes als operativer Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei S&T hängen bleiben. Diesen Wert hätte die operative Marge eigentlich auch im vergangenen Jahr erreichen sollen. Letztlich blieb sie mit 9,4% jedoch darunter und fiel zudem einen Prozentpunkt niedriger aus als im ersten Coronajahr 2020. Das lag auch an weltweiten Engpässen bei der Versorgung mit Computerchips. „2021 war ein schwieriges Jahr, aber wir haben sowohl Herausforderungen wie die anhaltende Corona-Pandemie als auch die Chipkrise gut gemeistert“, sagte Niederhauser. So verschoben sich bei S&T wegen der Chipkrise Auslieferungen im Wert von rund 77 Mill. Euro ins neue Jahr.
Jetzt werden die Weichen bei dem Unternehmen laut Niederhauser neu gestellt. Mit dem Verkauf seiner IT-Dienstleistungssparte will S&T sein Know-how im Bereich des Internets der Dinge (IoT) bündeln. So will die Gesellschaft wegfallende IT-Umsätze mit dem Ausbau ihrer IoT-Technologien ersetzen.
Im abgelaufenen Jahr steigerte S&T seinen Umsatz um 7% auf gut 1,3 Mrd. Euro. Der operative Gewinn ging wegen verzögerten Auslieferungen und Preiserhöhungen durch die globale Chipkrise um 3% auf rund 126 Mill. Euro zurück. Der Überschuss sank 13% auf rund 48 Mill. Euro. Dennoch soll die Dividende von 30 auf 35 Cent je Anteil steigen.
Erst kürzlich hatte sich S&T nach einer Sonderuntersuchung des Wirtschaftsprüfers Deloitte von den Vorwürfen der Analysefirma Viceroy des Leerverkäufers Fraser Perring fast vollständig entlastet gezeigt (vgl. BZ vom 16. März). Damit war der Weg für die Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2021 frei geworden. Branchenexperte Martin Comtesse hält es nach der Entkräftung der Vorwürfe für angebracht, die S&T-Aktie wieder anders in den Blick zu nehmen. Er schreibt dem Papier ein Kursziel von 32 Euro zu – fast doppelt so hoch wie der derzeitige Kurs. Viceroy, die sich spätestens seit der Wirecard-Pleite einen Namen gemacht hatte, warf S&T unter anderem vor, Tochterunternehmen in einer außerbilanziellen Struktur zu verstecken, um Betrug zu verbergen.