Gründergehälter in Europa steigen
Gründer verdienen wieder mehr
Creandum: Gehälter in der Frühphase dank stabilisiertem Finanzierungsumfeld gestiegen
Für Start-up-Gründer in Europa macht sich das mildere Klima am VC-Markt im eigenen Geldbeutel bemerkbar. Im vergangenen Jahr sind die Unternehmer-Gehälter in der Frühphase oft wieder gestiegen, wie eine Umfrage des schwedischen Wagniskapitalgebers Creandum zeigt. Am meisten verdienten dabei die Produktchefs.
kro Frankfurt
Nach einer Nullrunde im Jahr 2023 haben die meisten europäischen Start-up-Gründer und -Gründerinnen laut einer Umfrage zuletzt wieder mehr verdient. Die Jahresgehälter von Unternehmern, deren Start-up sich in der Frühphase befindet, sind 2024 in der Region in fast allen Entwicklungsstadien gestiegen und erreichten auf Series-B-Ebene einen Medianwert von rund 159.000 Euro, wie aus einer Umfrage des schwedischen Wagniskapitalgebers Creandum hervorgeht. Inklusive Bonuszahlungen seien es sogar fast 200.000 Euro gewesen. An der Umfrage haben sich Vertreter von 688 Start-ups beteiligt, von denen gut 96% ihren Sitz in einem europäischen Land haben.
Die jüngste Stabilisierung am Wagniskapitalmarkt macht sich damit auch im Geldbeutel der Start-up-Gründer bemerkbar. Zwar kam es laut Pitchbook-Zahlen in Europa auch 2024 noch nicht zum erhofften Aufschwung. Allerdings fiel der Rückgang der Investitionen in der Region mit rund 8% deutlich niedriger aus als der im Vorjahr, in dem das Volumen um fast 40% einbrach. Weltweit legten die Venture Capital-Investitionen im vergangenen Jahr sogar wieder leicht zu und beliefen sich auf knapp 370 Mrd. Dollar.
Bootstrapping-Gründer verdoppeln
Bei Creandum ist man mit Blick auf den Alten Kontinent jedenfalls zuversichtlich: „Die Investitionen in Europas Start-up-Szene kommen zurück, die Bilanzen der Unternehmen sind ausgeglichener und über die Gehälter kann wieder diskutiert werden“, heißt es in der Studie des Wagniskapitalgebers, der hierzulande unter anderem schon Geld in die Berliner Steuer-App Taxfix und in das Hamburger Handwerker-Software-Start-up Plancraft gesteckt hat.
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Zu besonders hohen Gehaltssprüngen kam es dabei vor allem bei jenen Gründern, die – freiwillig oder unfreiwillig – überhaupt keinen externen Kapitalgeber hatten, mit dem sie über ihr Gehalt hätten diskutieren können. Bei solchen im Fachjargon als „Bootstrapped“ bezeichneten Start-ups, die sich entsprechend komplett selbst finanzieren, verdoppelte sich der Medianwert des Gründergehalts auf etwa 80.000 Euro. Inklusive Boni-Zahlungen lag der Medianwert hier bei knapp 100.000 Euro.
Baltikum führt bei Gesamtgehalt
Im Ranking der einzelnen Länder kam es darüber hinaus im vergangenen Jahr zu einem Novum: Gründer und Gründerinnen aus Großbritannien beziehen trotz einer durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 16% nicht mehr die höchsten Gehälter in Europa. Tatsächlich haben sich gleich drei Länder, beziehungsweise Ländergruppen als Folge von noch viel größeren Gehaltssprüngen nun vor das Vereinigte Königreich geschoben, darunter Frankreich, die Benelux-Länder sowie die deutschsprachigen Länder.
Den stärksten Gehaltssprung verzeichneten daneben Gründer und Gründerinnen aus dem Baltikum, also aus Estland, Lettland und Litauen. Ihre Gehälter stiegen im Durchschnitt um 174%, was die Autoren hauptsächlich auf den in den vergangenen Jahren beobachteten Zustrom russischer Tech-Talente in Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine zurückführen. Die Entwicklung habe den ohnehin schon starken Tech-Sektor in den drei Ländern nochmals angetrieben und dazu geführt, dass die durchschnittliche Gesamtvergütung in der Region (also inklusive Boni) zuletzt höher gewesen sei als in jedem anderen europäischen Land.
Die Umfrage zeigt auch, wie sich die Prioritäten in den Führungsetagen der Start-ups erneut verschoben haben. 2023 hatten noch die für die Umsatzsteigerung verantwortlichen Chief Revenue Officers die höchsten Durchschnittsgehälter erzielt. 2024 traf dies wiederum auf die Produktleiter (Chief Product Officer) zu, die für die Strategie und Entwicklung der Produkte zuständig sind. Das Durchschnittsgehalt dieser Funktionsträger lag 2024 bei gut 116.000 Euro. Die Studienautoren sehen den KI-Boom hier als wahrscheinlichen Treiber, hätten doch bekanntlich viele Software-Entwickler als CPOs zuletzt „wilde“ Gehälter kassiert.