CORPORATE GOVERNANCE

"Gute Aufsichtsräte funktionieren relativ lautlos"

Fondsvertreter verlangen unabhängige Repräsentanten - Gremien haben Erfolg auch selbst in der Hand

"Gute Aufsichtsräte funktionieren relativ lautlos"

swa Frankfurt – Zur Professionalisierung der Aufsichtsräte sind vor allem im Deutschen Corporate Governance Kodex in den vergangenen Jahren zahlreiche Regeln vorgegeben worden. Nachgebessert werden sollte aus Investorensicht beim Thema Unabhängigkeit, um die Interessen der Minderheitseigner ausreichend zu repräsentieren. Die Aufsichtsräte haben es nach Einschätzung von Beratern auch selbst in der Hand, ihre Arbeit besonders erfolgreich zu machen, indem sie sich auf bestimmte Aspekte konzentrieren.”Gute Aufsichtsräte funktionieren relativ lautlos”, skizziert Hendrik Schmidt, Governance-Experte der DWS Investment, die Szenerie. Die Rolle des Aufsichtsrats mit den Rechten und Pflichten in der Überwachung und Beratung des Vorstands seien in Aktienrecht und Kodex umschrieben. Die grundsätzliche Verpflichtung zum Unternehmenswohl mache eine kritische Überwachung der Unternehmensführung erforderlich. Hier spielt aus Sicht des Fondsvertreters die Unabhängigkeit der Gremienmitglieder eine entscheidende Rolle. Es gehe um Achtung und Wahrung der Interessen der Minderheitseigentümer.Eine ausreichend unabhängige Besetzung des Aufsichtsrats hält Schmidt auch für entscheidend, damit die notwendigen Diskussionen geführt werden. Wichtig sei dabei die gelebte Unabhängigkeit, nicht die formale, sagt er auf der Governance-Konferenz der Unternehmensberatung HKP Group. Vor allem auf herausgehobene Positionen im Aufsichtsrat sei dieses Kriterium anzuwenden. So müsse der Vorsitzende des Prüfungsausschusses zwingend unabhängig sein. Zur Einordnung der Unabhängigkeit muss es nach Einschätzung von Schmidt ein klares Tableau an Kriterien geben. Ein Ermessen des Aufsichtsrats sollte ausgeschlossen sein.Für eine gute Aufsichtsratsarbeit ist nicht nur die Besetzung, sondern auch die Organisation der Tätigkeit wichtig. Michael Wolff, Professor für Management und Controlling an der Universität Göttingen, hat in einer gemeinsam mit der Unternehmensberatung Boston Consulting erstellten Umfrage zentrale Erfolgskriterien herausgefiltert. Herausragender Erfolgsfaktor sei ein gemeinsames Ziel- und Rollenverständnis, also Klarheit über die Schwerpunkte des Gremiums (siehe Grafik). Dabei müssten die Arbeitsinhalte auf die jeweilige Situation des Unternehmens abgestimmt werden. Die Rolle der einzelnen Mitglieder müsse explizit abgesprochen sein. Erfolgreiche Aufsichtsräte nutzen aus Sicht von Wolff verstärkt Ausschüsse. In diesen Untergremien sollten möglichst alle Mitglieder mitarbeiten, damit jeder inhaltlich verantwortlich ist. Der Aufsichtsratsvorsitzende müsse abweichende Meinungen einfordern. Kompetenzprofile gesuchtFür Angelika Gifford, Aufsichtsrätin von Tui, ProSiebenSat.1 Media und Rothschild, gibt es Erfolgsfaktoren auch im Wesen der Mitglieder. Es brauche “offene Persönlichkeiten, die den Vorstand herausfordern und die für den Erfolg des Unternehmens brennen”, sagt Gifford, die diese Aussagen als ihre persönliche Meinung fern ihrer Mandate betrachtet wissen möchte. Kompetenz, Engagement und Diversity im Gremium gepaart mit hohen ethischen Standards sieht sie als weitere Erfolgskriterien an.Investoren fordern zunehmend Kompetenzprofile für Aufsichtsräte mit klarer Zuordnung ein. In einigen Ländern müssten diese sogar schon veröffentlicht werden, sagt Regine Siepmann, Expertin der HKP Group.