Hotelimmobilien sind gefragt
Von Helmut Kipp, FrankfurtDie Immobilienmärkte in Deutschland florieren. Das gilt auch für den Hotelsektor. Investmentberater beobachten ein globales Interesse an deutschen Hotel-Assets. Sie veranschlagen die in den ersten neun Monaten des abgelaufenen Jahres getätigten Investments auf 2,9 Mrd. Euro. Damit habe das Transaktionsvolumen nahtlos an die Erfolge der vorangegangenen Jahre angeknüpft, meint der Dienstleister BNP Paribas Real Estate, auch wenn die Investments den Vorjahresrekord von 3,1 Mrd. Euro um 5 % verfehlt haben. Hotelobjekte fänden auf breiter Front Anklang – von Immobilienfonds und Investmentmanagern über Eigennutzer bis zu Spezialfonds und Immobilien-AGs.Der Dienstleister für Gewerbeimmobilien Colliers stuft den Hotelinvestmentmarkt als stabil ein. Die Experten berichten von einer starken Nachfrage vor allem nach Bestandsobjekten, die allerdings nicht auf ausreichendes Angebot treffe. Da hilft die rege Bautätigkeit, die für neues Angebot sorgt. Rund ein Drittel der Transaktionen entfällt laut BNP Paribas Real Estate auf Projektentwicklungen oder jüngst fertiggestellte Objekte.Zu den prominentesten Deals zählt die Tochtergesellschaft der französischen Großbank das Hilton in Berlin, das für 300 Mill. Euro an den Gewerbeimmobilienkonzern Aroundtown gegangen sei, das Leonardo Royal München, das sich die israelische Fattal Hotel Group sicherte, sowie das Maritim am Kölner Heumarkt, welches Art-Invest erwarb. Fast drei Viertel der Investments seien auf die acht großen Standorte Berlin, Frankfurt, München, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig entfallen. Damit habe die Bedeutung dieser Metropolen weiter zugenommen.Unter den börsennotierten Immobilienkonzernen ist vor allem Aroundtown im Hotelsektor engagiert. Das Unternehmen besitzt mehr als 100 Hotels in zahlreichen Städten in Deutschland und im europäischen Ausland. Ende September belief sich das Hotelportfolio des MDax-Unternehmens auf 3,3 Mrd. Euro. Den Schwerpunkt bildet Berlin mit einem Anteil von 25 %. Hier gehört dem Konzern neben dem Hilton am Gendarmenmarkt unter anderem das Crowne Plaza an Potsdamer Platz. Am zweitwichtigsten Standort London nennt der Konzern das Hilton am Hyde Park sein Eigen, in Frankfurt das Intercontinental. Ketten kommenTrotz hoher Preise wollen laut einer Umfrage von Engel & Völkers Hotel Consulting sechs von zehn Investoren mittelfristig weiter Hotelimmobilien erwerben. Im Fokus stehen nach wie vor die A-Städte, also die führenden Standorte, und sogenannte B-Städte, wozu zum Beispiel Dresden und Hannover zählen. Auch für Hotelketten stellt Deutschland ein attraktives Zielland dar. So forciert der britische Marktführer Premier Inn seine Expansionspläne. Denn die Muttergesellschaft, die an der Londoner Börse notierte Whitbread, konzentriert sich nach dem Verkauf von Costa Coffee für 3,9 Mrd. Pfund an Coca-Cola auf den Ausbau des internationalen Geschäfts der größten Hotelkette im Vereinigten Königreich.In Europa steht Deutschland im Fokus, wo 2016 das erste Haus in Frankfurt eröffnet wurde. Bis 2021 wollen die Briten 33 Hotels mit mehr als 6 000 Betten in 15 deutschen Großstädten betreiben. Bei der Expansion setzt Premier Inn auf eine Mischung aus eigenen und geleasten Immobilien. “Managementverträge und Franchisemodelle machen wir nicht”, sagt Managing Director Mark Anderson, verantwortlich für Immobilien und Premier Inn International bei Whitbread, der Börsen-Zeitung. “Wir möchten die Kontrolle haben über unsere Gebäude und unser Geschäft und nicht abhängig sein von anderen Eigentümern.”Die eigenen Hotels siedelt Anderson in der Economy- oder der Premium-Economy-Klasse an. Im Februar sicherte sich Premier Inn 13 Hotels, die mit Ablauf der Franchiseverträge umfirmiert werden, und sechs Projekte der Foremost Hospitality Group. Außerdem baut die Gruppe 13 Hotels in Deutschland. Weitere Projekte sollen folgen. Dafür sucht das Unternehmen Grundstücke, Projektentwicklungen oder bestehende Hotels in zentralen Lagen der 25 größten deutschen Städte. Damit dürfte binnen fünf Jahren mindestens 1 Mrd. Euro in Deutschland investiert werden, schätzt Anderson. Typischerweise kostet der Neubau eines Hotels nach seiner Einschätzung alles in allem zwischen 100 000 und 150 000 Euro je Raum.Die Attraktivität Deutschlands als Hotelstandort begründet der Manager mit der großen Bevölkerung, der hohen Wirtschaftsleistung, der guten Infrastruktur, der führenden Position bei Messen und Konferenzen und der hohen Nachfrage von Touristen aus dem In- und Ausland. Nach Angaben des Unternehmens ist der deutsche Hotelmarkt um 35 % größer als der britische. Er verteilt sich auf viele große Städte, während sich das Hotelgeschäft in Großbritannien stark auf London konzentriert.Der Bedarf an Hotelräumen sei in den vergangenen zehn, 15 Jahren stetig und stärker als das Angebot gewachsen, sagt Anderson. Außerdem sei der deutsche Hotelmarkt stark fragmentiert. Anderson schätzt, dass 65 bis 75 % der verfügbaren Räume zu kleinen Hotels und nicht zu Markenketten gehören. Zudem beobachtet Premier Inn einen Umbruch von inhabergeführten Einzelhotels hin zur Kettenhotellerie. Das entspreche dem Stand des britischen Markts vor zehn Jahren. Besonders hoch sei die Nachfrage im preiswerten Budget-Segment. Übernachtungspreise steigenIm europäischen Vergleich liegt Deutschland, gemessen an den Übernachtungen, auf dem zweiten Platz. Die Nase vorn hat das Urlaubsland Spanien, auf Rang 3 folgt Frankreich. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande bis Ende Oktober nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 417,3 Millionen Übernachtungen gezählt, 4 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit dürfte die Zahl 2018 das neunte Jahr in Folge gestiegen sein. Zum Vergleich: Im Jahr 2009, dem letzten mit einem Rückgang, waren es 368,7 Millionen Übernachtungen. Die Zahl der Ankünfte legte in den ersten zehn Monaten 2018 um 3,8 % auf 159,5 Millionen zu, wobei 21 % der Gäste aus dem Ausland kamen. Die Übernachtungspreise sind 2018 um 2,2% gestiegen, zeigt die Jahresauswertung des Hotelportals HRS. Demnach kostete die Nacht im Hotel in Deutschland im Schnitt 91 Euro.Die drohende Konjunkturflaute schreckt Anderson wenig. Momentan sei der Hotelmarkt in einer starken Verfassung, und der Manager rechnet mit einem relativ robusten Markt in den nächsten Jahren. Auf die Unternehmensstrategie habe ein möglicher Abschwung keine Auswirkungen: “Die Investments sind langfristig angelegt. Wir haben das Cash-flow-Fenster der nächsten 20 bis 25 Jahre im Blick.” Gerade in Zeiten einer Konjunkturschwäche gebe es attraktive Investitionsgelegenheiten.