HV Capital will Erfolgsgeschichten im Portfolio länger fortschreiben
sp Berlin
Erfolgsgeschichten im Portfolio von Risikokapitalgesellschaften müssen üblicherweise in acht bis zehn Jahren zu einem guten Ende geführt werden. „Die Fonds laufen alle zehn plus bis zu zwei Jahre. Das heißt, eigentlich wollen die Limited Partner ihr Geld nach acht Jahren zurück“, beschreibt David Kuczek, General Partner der in München und Berlin ansässigen HV Capital das Venture-Capital-Modell. Doch gerade die besonders erfolgversprechenden Portfoliounternehmen haben ihr Potenzial bis dahin häufig noch nicht ausgeschöpft, sagt Kuczek. Die Firmen bräuchten sechs bis acht Jahre, um sich im Markt zu positionieren. Wenig später werde häufig schon der Exit über einen Börsengang oder einen Verkauf eingeleitet. „Das Interessante ist, dass weitere richtig großen Wertentwicklungen häufig sehr viel später kommen“, sagt Kuczek.
Um die Erfolgsgeschichten im eigenen Portfolio länger fortschreiben zu können, hat HV Capital jetzt einen sogenannten Continuation-Fonds mit einem Volumen von aktuell 430 Mill. Euro aufgelegt, der die Beteiligungen an Portfoliounternehmen von zwei HV-Capital-Fonds aus den Jahren 2010 bis 2014 übernimmt und darüber hinaus Mittel für mögliche Folgeinvestments bereithält. Der HV Coco Growth ist nach Angaben von HV Capital der erste VC-Fonds dieser Art im Tech-Sektor in Deutschland. Zu den Investoren zählen Ankerinverstor Harbourvest und LGT Capital sowie ausgewählte Family Offices und Finanzinstitute. Mit Pathway Capital und Holtzbrinck Publishing Group beteiligen sich auch Limited Partners der alten Fonds an dem Vehikel. Das Investmentteam selbst ist mit 10% beteiligt. Die LPs, die ihre Anteile an den alten Fonds verkauft haben, mussten keine Abschläge gegenüber dem Buchwert der Beteiligungsfirmen bei der jeweils letzten Finanzierungsrunde hinnehmen.
Zu den Unternehmen im Portfolio des HV Coco Growth zählen unter anderem der Mobilitätsanbieter FlixMobillity, der Zahlungsdienstleister Sumup und das Rabatt-Portal Global Savings Group. „Das sind alles Unternehmen, die ein IPO machen können“, sagt Kuczek. Da die Unternehmen heute auch in privaten Finanzierungsrunden dreistellige Millionenbeträge mobilisieren könnten, müssten sie aber nicht an die Börse und könnten sich als privates Unternehmen die Zeit nehmen, das Geschäft in Richtung Profitabilität und besserer Planbarkeit zu entwickeln. Beides werde von der Börse stark honoriert und von beidem möchte HV Capital mit ihrem Continuation-Fonds profitieren. „Da bekommt man noch einmal einen überproportionalen Wertzuwachs“, sagt Kuczek.
Bei Private-Equity-Gesellschaften sind Continuation-Fonds und andere von General Partnern (GP) angeführten Secondaries länger etabliert. In den vergangenen zwei Jahren hatten sie im Sekundärmarkt nach Angaben des Informationsdienst Pitchbook sogar die Oberhand gegenüber von Limited Partnern (LP) geführten Deals (siehe Grafik).
Aber auch Venture-Capital-Gesellschaften weichen zunehmend vom althergebrachten Modell ab. Einen radikalen Bruch haben im Herbst die Venture-Capital-Veteranen von Sequoia gewagt, die ihre Portfoliounternehmen in einen Evergreen-Fonds übernommen haben und hier zum Beispiel auch die Erfolgsgeschichte mit Airbnb fortschreiben.
Fünf Jahre Zeit für Happy End
„Wir sind nicht Sequoia, das ist natürlich ein noch krasserer Schritt“, sagt Kuczek. Allein das Festhalten an Airbnb habe Sequoia Milliarden eingebracht. Mit dem Continuation-Fonds sichert sich HV Capital jetzt ebenfalls mehr Flexibilität bei der Steuerung ihrer Beteiligungen. Die Laufzeit von vier bis fünf Jahren schafft Raum, die Erfolgsgeschichten im Portfolio fortzuschreiben.