IAG und Lufthansa gegen Ölpreisanstieg gewappnet

Hedging hilft - Angeschlagene Norwegian kaum abgesichert - Angebot wächst trotz 737-Max-Pause

IAG und Lufthansa gegen Ölpreisanstieg gewappnet

Von Lisa Schmelzer, FrankfurtEntwarnung für die Fluggesellschaften: Der Anfang der Woche nach den Attacken auf Raffinerien in Saudi-Arabien deutlich angestiegene Ölpreis hat schon wenige Tage später die Zugewinne wieder größtenteils abgegeben. Für Airlines sind die Ausgaben für Flugbenzin in der Regel der größte Aufwandsposten, so dass ein sprunghaft gestiegener Treibstoffpreis die Gesamtkosten einer Fluglinie schnell in die Höhe treiben kann. Vor diesem Hintergrund hatten Aktien von Fluggesellschaften in den vergangenen Tagen bereits an Wert eingebüßt. Alle werden abgestraftIn Zeiten anziehender oder hoher Ölpreise werden Fluggesellschaften an den Börsen abgestraft. Dabei wird von den Investoren in der Regel nicht berücksichtigt, dass die Gesellschaften nicht allesamt gleichermaßen von höheren Treibstoffpreisen betroffen sind. Airlines sind in unterschiedlichem Umfang gegen Treibstoffkostenschwankungen abgesichert, so dass ein kurzfristiges Auf und Ab des Ölpreises mehr oder weniger große Folgen hat. Das Analysehaus Bernstein hat in einer ersten Einschätzung nach den Angriffen auf die Ölanlagen mitgeteilt, dass unter Europas Fluglinien der Airline-Gruppe IAG und der Lufthansa ein steigender Ölpreis bei ihrer Gewinnentwicklung am wenigsten ausmachen würde. IAG, zu der unter anderem British Airways und Iberia gehören, hatte laut Bernstein für das demnächst endende dritte Quartal 95 % des Bedarfs abgesichert und für das Schlussquartal 2019 rund 86 %. Lufthansa kam zwischen Juli und September auf einen Hedginggrad von 79 %, für das vierte Quartal sind es letzten Angaben zufolge 78 %. Diese Quote könnte allerdings noch leicht gestiegen sein, da sich Lufthansa eine Absicherung von 85 % des Bedarfs vier Monate vor dem tatsächlichen Verbrauch als Zielgröße gesetzt hat.Am ausgeprägtesten zusetzen könnte ein höherer Ölpreis nach Meinung der Bernstein-Analysten der sowieso schon angeschlagenen Billigfluglinie Norwegian. Letzten Angaben zufolge haben sich die Norweger nur für 27 % des Bedarfs im Schlussquartal gegen Preisschwankungen abgesichert. Für das kommende Jahr wurden demnach noch keinerlei Sicherungsmaßnahmen ergriffen. ÜberkapazitätenIndes herrscht in Europas Airline-Branche trotz der Entwarnung bei der Ölpreisentwicklung derzeit nicht eitel Sonnenschein. Nach wie vor leiden die Unternehmen unter den am Markt vorhandenen Überkapazitäten, gerade im Europageschäft. Und dabei sorgt hier der aktuelle Ausfall der Boeing-Flugzeuge des Typs 737 Max noch für leichte Entspannung. Das Grounding der Flugzeuge drückt das Kapazitätswachstum in Europa derzeit nach Berechnungen von Bernstein um 0,5 %. Zudem verschiebt sich die Auslieferung der Maschinen diesen Typs, was zusätzlich hilft. “Die Art und Weise, wie die Max 2020 zurückkommen wird, wird maßgeblich Einfluss darauf haben, wie gesund der Markt sein wird”, schreiben die Bernstein-Analysten in ihrer jüngsten Studie zur Airline-Branche in Europa. Noch ist weder klar, wann die Maschinen wieder fliegen dürfen, noch, ob ihr Einsatz in einem Schritt weltweit wieder erlaubt wird oder je nach zuständiger Behörde schrittweise.Für die Entwicklung des Angebots sind die Experten wenig zuversichtlich. Erste Daten für das Auftaktquartal 2020 lassen auf ein Wachstum von 5,8 % schließen, und dies sei noch ohne die Max-Rückkehr gerechnet. Im Sommer könne sich das Wachstum noch erhöhen, Bernstein geht auf Kurz- und Langstrecken von jeweils plus 7 % aus.Im laufenden Jahr haben die Fluglinien ihr Wachstum zumindest in Deutschland abgebremst. Die Airlines hätten dem Wettbewerbsdruck Tribut gezollt, ihr Sitzplatzangebot optimiert und ihre Angebote konsolidiert, analysiert der deutsche Flughafenverband ADV. Seit April gehen die Flugbewegungen an den deutschen Flughäfen laut ADV zurück. Die Verkehrsexperten rechnen auf Jahressicht mit einem Wachstum im Passagieraufkommen von leicht unter 3 %. Von Januar bis August wurden 3,2 % mehr Flugreisende gezählt.