IM BLICKFELD

Im Bergbau kämpfen ehemalige Riesen ums Überleben

Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt Börsen-Zeitung, 25.2.2016 Vor wenigen Jahren noch unvorstellbar, kämpfen Bergbaukonzerne wie Anglo American und Freeport-McMoran, ehemals Börsenschwergewichte, nun ums Überleben. In Zeiten der Rohstoffhausse...

Im Bergbau kämpfen ehemalige Riesen ums Überleben

Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtVor wenigen Jahren noch unvorstellbar, kämpfen Bergbaukonzerne wie Anglo American und Freeport-McMoran, ehemals Börsenschwergewichte, nun ums Überleben. In Zeiten der Rohstoffhausse hatten sie – wie viele Unternehmen der Branche – milliardenschwere Projekte gestartet, von denen klar war, dass sie erst Jahre später Produktionsreife erreichen würden. Zudem wurden hohe Preise für bereits erschlossene Vorkommen oder ganze Sparten und Firmen gezahlt, denn eine langfristig stark wachsende Nachfrage nach Eisenerz, Industriemetallen wie Aluminium und Kupfer oder fossilen Energieträgern wie Öl und Kohle schien gewiss. Nun, da der Boom in Schwellenländern, insbesondere China, vorüber ist, sitzt die Bergbaubranche kollektiv im Schlamassel.Die hohe Verschuldung und die Zinslast sind durch den Einbruch der Rohstoffpreise für einige Unternehmen – allen voran Freeport-McMoran und Anglo American – existenzbedrohend geworden (siehe Gra-fik). Sowohl Standard & Poor’s (S & P) als auch Moody’s haben ihre Ratings für das amerikanische und das britische Unternehmen in die Spekulationsklasse gesenkt. Das ist angesichts der Kennzahlen wenig verwunderlich. Gemäß Bloomberg-Daten ist bei beiden Konzernen das Verhältnis von operativem Ergebnis zum Zinsaufwand negativ, da Freeport und Anglo in den vergangenen zwölf Monaten negative Betriebsergebnisse erwirtschafteten. Zudem ist die Verschuldung jeweils höher als das Eigenkapital, im Fall von Freeport sogar um das Zweieinhalbfache. Tausende Stellen fallen wegAuch bei Glencore übertreffen die Schulden das Eigenkapital, doch weil u.a. das Betriebsergebnis den Zinsaufwand noch um das Dreifache übertrifft, liegt das Rating des in der Schweiz ansässigen Produzenten und Händlers von Rohstoffen noch relativ deutlich im Investment Grade. Das gilt für Alcoa nicht. Während S & P das ehemalige Dow-Jones-Mitglied (1959 bis 2013) gerade noch mit Anlagequalität (“BBB-“) einstuft – der negative Ausblick verheißt allerdings nichts Gutes -, liegt die Bonität des vom ehemaligen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld geführten US-Aluminiumspezialisten bei Moody’s bereits im Junkbereich (“Ba 1”).Natürlich haben die angeschlagenen Bergbaukonzerne längst begonnen gegenzusteuern. Überall werden die Kosten gekappt. So wurden Tausende von Stellen abgebaut, Tausende weitere sollen folgen. Investitionen wurden gekürzt oder ganz gestrichen. Gleiches gilt für die Dividenden – was für die Branche ein schwierigerer und folgenreicherer Schritt ist als in anderen Sektoren, denn die traditionell hohe Ausschüttung der Rohstoffkonzerne war über Jahrzehnte eines der wichtigsten Argumente für ein Aktieninvestment.Des Weiteren wird kräftig desinvestiert. Die Posten auf den Verkaufslisten reichen von einzelnen Assets wie Beteiligungen an noch nicht bestätigten Rohstoffvorkommen bis hin zu ganzen Geschäftsbereichen. So wird Anglo American vollkommen umgebaut. Die Geschäfte mit Kohle, Eisenerz und Nickel sollen verkauft werden (vgl. BZ vom 17. Februar). Anglo will sich künftig auf Diamanten – bei der Tochter De Beers gebündelt -, Platinmetalle und Kupfer konzentrieren. Insgesamt will der Konzern mit südafrikanischen Wurzeln 2016 bis zu 4 Mrd. Dollar durch den Verkauf von Sparten und Minen einnehmen. Durch diese Maßnahmen sollen die Schulden von zuletzt fast 13 Mrd. auf unter 10 Mrd. Dollar gedrückt werden. Mittelfristig sollen sie auf 6 Mrd. Dollar sinken. Einige Experten bezweifeln allerdings, dass das gelingt. Moody’s hatte die Herabstufung der Bonität um gleich drei Stufen auf “Ba 3” Mitte des Monats neben dem Verfall der Rohstoffpreise damit begründet, das dieser es erschwere, Geschäftsbereiche so teuer zu verkaufen, dass das Geld für den Schuldenabbau reiche.Der andere Wackelkandidat, Freeport-McMoran, ist vor allem im Kupfergeschäft tätig, das trotz Diversifizierung immer noch rund 60 % der Erlöse ausmacht. Daneben werden Öl, Gas und Gold gefördert. Freeport kämpft gegen einen sich ausweitenden Fehlbetrag bei gleichzeitig sich verringernden Mittelzuflüssen an. Immerhin gab es jüngst auch mal positive Nachrichten: Das Offshore-Projekt im Golf von Mexiko mit dem schönen Namen “Heidelberg”, bei dem der US-Ölkonzern Anadarko die Federführung hat und an dem Freeport beteiligt ist, hat bereits die Produktion aufgenommen – vier Monate früher als geplant; zudem lagen die Kosten unter dem Budget.