Im deutschen Handel weiterhin Sektlaune

Verband ruft nach zukunftsfähigen Tarifverträgen

Im deutschen Handel weiterhin Sektlaune

ab Düsseldorf – Im deutschen Einzelhandel stehen die Weichen unverändert auf Wachstum. Gemäß der vom Handelsverband Deutschland (HDE) erstellten Frühjahrsumfrage setzt sich die rosige Entwicklung nicht zuletzt dank der günstigen Beschäftigungslage 2018 fort. Zwar werde der private Konsum nicht mehr ganz so schnell wie in den Vorjahren wachsen, heißt es. Doch rechnen die vom HDE befragten Unternehmen im laufenden Turnus mehrheitlich mit Umsatzzuwächsen, wie HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vor der Presse sagte. Wie schon länger zu beobachten, hängt die Einschätzung der Lage aber stark von der Betriebsgröße der befragten Händler ab. Dabei schätzen Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten die Lage weitaus besser ein als Kleinunternehmen. Gerade Handelsunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten fällten ein spürbar negatives Urteil. Der HDE selbst rechnet für 2018 mit einem Umsatzplus im Handel um nominal 2 (preisbereinigt: 0,5) % auf dann 523 Mrd. Euro – ohne Umsatzsteuer sowie Kfz-, Tankstellen und Apothekenerlöse. Der Online-Handel soll dabei um knapp 10 % auf 53 Mrd. Euro zulegen, dem stationären Einzelhandel wird dagegen nur ein Zuwachs um 1,2 % zugetraut. Die anhaltend positive Konsumlaune werde auch von den jüngsten Tarifabschlüssen unterstützt. Eins zu eins werde der Einkommenszuwachs aber nicht in den Kassen der Einzelhändler landen, sagte Genth. Im deutschen Einzelhandel steht die nächste Tarifrunde dagegen erst im kommenden Jahr an. Kürzlich hatte die Metro-Tochter Real angekündigt, unter dem Dach des Arbeitgeberverbands AHD und damit außerhalb des HDE eine neue Tariflösung zu suchen, nachdem die Verhandlungen mit Verdi Ende März endgültig gescheitert waren. Allerdings blieb es bislang bei der Drohung, die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband HDE aufzugeben, wie Genth ausführte. Metro reibt sich seit Jahr und Tag daran, dass sich zahlreiche Mitgliedsunternehmen aus der Tarifbindung verabschiedet haben. Die Händler, die bei der Stange blieben, erlitten dadurch Wettbewerbsnachteile. Genth räumte ein, dass rein rechtlich nur 40 % der Beschäftigten nach Tarif bezahlt würden. Faktisch würden aber drei Viertel der Beschäftigten nach Tarif entlohnt, da nicht jedes Unternehmen, das sich der Tarifbindung nicht unterwerfe, auch unter Tarif bezahle.Zugleich bedauerte Genth, dass es seit zehn Jahren nicht gelinge, einen modernen, zukunftsfähigen Tarifvertrag auf die Beine zu stellen. “Digitalisierung und Flexibilisierung finden in unseren Tarifverträgen nicht statt.” Auch die Möglichkeit, tarifliche Lösungen für Sanierungsfälle zu finden, gebe es nicht. Genth beteuerte aber, dass sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschaft an einer Lösung dieser Themen interessiert seien.