Zahlungsschwierigkeiten

Immobilienriese Evergrande rutscht noch stärker ab

Bei dem in massiven Zahlungsschwierigkeiten steckenden chinesischen Immobilienriesen China Evergrande Group spitzt sich die Lage weiter zu. Die zu Wochenbeginn eingesetzte Abverkaufswelle am Aktien- und Bondmarkt setzte sich auch am Dienstag fort....

Immobilienriese Evergrande rutscht noch stärker ab

nh Schanghai

Bei dem in massiven Zahlungsschwierigkeiten steckenden chinesischen Immobilienriesen China Evergrande Group spitzt sich die Lage weiter zu. Die zu Wochenbeginn eingesetzte Abverkaufswelle am Aktien- und Bondmarkt setzte sich auch am Dienstag fort. Im Handel an der Hongkonger Börse verlor die Aktie der Evergrande Real Estate Group in der Spitze weitere 15%, um sich dann bei 7,37 HK-Dollar und einem Tagesverlust von 10,2% zu stabilisieren.

Am Montag waren die Titel bereits um 16% eingebrochen und liegen nun auf dem tiefsten Stand seit April 2017. Im Zuge des Kursverfalls bei Evergrande sind auch weitere große chinesische Immobilienentwickler mit hohen Verschuldungsrelationen an den Märkten unter Druck geraten. Ein entsprechender Index von chinesischen Sektoraktien fiel am Dienstag auf ein Dreijahrestief.

Schuldenchampion

China Evergrande ist der weltweit mit Abstand am stärksten verschuldete Immobilienkonzern und hatte praktisch genau vor einem Jahr erstmals offensichtliche Liquiditätsschwierigkeiten eingeräumt. Seitdem hat die Aktie in Hongkong genau zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt. Zur jüngsten Abverkaufswelle kam es, nachdem bekannt geworden ist, dass mit China Guangfa Bank ein Evergrande-Gläubiger auf ge­richtliche Anordnung eine Konteneinfrierung bei der Tochter Hengda Real Estate Group erwirken konnte.

Zwar handelt es sich nur um eine relativ geringe Einlagensumme von 132 Mill. Yuan (17 Mill. Euro), doch fürchten Anleger nun weitere Sicherungsmaßnahmen von Gläubigern sowie einen erheblich erschwerten Zugang zu Bankrefinanzierungskanälen. Für weitere Unruhe sorgt die Nachricht, dass Behörden in der chinesischen Großstadt Shaoyang einen Verkaufsstopp für zwei neue Wohnimmobilienprojekte angeordnet haben, nachdem Evergrande nicht die erforderlichen Vorverkaufsmittel als Einlage auf Sperrkonten erbracht hatte.

Evergrandes laufende Liquiditätsprobleme halten insbesondere auch die Bondanleger im Atem. Zwar hat sich der Wohnimmobilienentwickler bislang keinen förmlichen Zahlungsausfall (Default) geleistet, doch wachsen die Unsicherheiten bezüglich der laufenden Bedienung von heimischen Anleihen und offshore bei internationalen Anlegern platzierten Dollarbonds. Besonders im Fokus stehen Dollarpapiere mit Laufzeitende 2025, deren Kurs am Dienstag auf ein Rekordtief bei 54 Cent je Dollar zurückfiel.

Frage der Systemrelevanz

Immobilienentwickler, deren An­leihen fast allesamt unter der sogenannten Investment-Grade-Schwelle liegen und entsprechend als Junk Bonds bezeichnet werden können, zählen zu den wichtigsten Emittenten am chinesischen Corporate-Bond-Markt und tragen wesentlich zu einer Stimmungseintrübung bei. Dabei debattieren Anleger vor allem darüber, ob Evergrande als der nach Umsatz zweitgrößte Immobilienkonzern des Landes in die Kategorie „too big to fail“ eingeordnet werden kann und damit im Ernstfall staatlich aufgefangen würde, um eine Panikwelle an den Märkten und Disruptionen bei der Fertigstellung von gerade laufenden Immobilienprojekten zu verhindern.

Wertberichtigt Seite 6

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