Industrie 4.0 steigert Bedarf an Cybersicherheit
Von Sebastian Schmid, FrankfurtCloud Computing, Vernetzung von Maschinen, digitale Abbilder realer Vorgänge – es gibt eine Vielzahl von Anwendungen, die unter dem Buzz-Wort Industrie 4.0 zusammengefasst werden. Entsprechend verwundert es nicht, dass bei einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens EY immerhin vier von fünf befragten Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz angeben, Industrie 4.0 habe für sie eine hohe oder sehr hohe strategische Bedeutung. Die Ziele, die dabei verfolgt werden, dürften indes weit auseinandergehen. Der Dax-Konzern Daimler schreibt auf seiner Website, das Ziel sei die Vernetzung der gesamten automobilen Wertschöpfungskette “Baustein für Baustein”. Der Autobauer erhofft sich davon unter anderem größere Flexibilität, erhöhte Effizienz und höhere Geschwindigkeit. Vor allem größere FirmenKleinere Firmen dürften ihre Ziele – auch aufgrund ihres Budgets – sicher deutlich niedriger ansetzen. Das zeigt sich in den Details der Befragung. Während IT-Sicherheit von 100 % der befragten Firmen als wichtig eingestuft wurde, gilt dies nur noch für 60 % beim Thema additive Fertigung – Teilefertigung im 3-D-Druck -, für 57 % beim Thema künstliche Intelligenz und für 30 % beim Thema Blockchain. Ein Großkonzern wie Daimler ist in allen diesen Feldern unterwegs. Ein Mittelständler muss genauer überlegen, wo er seine deutlich begrenzteren Mittel einsetzt. Laut EY wächst der Anteil der Unternehmen, die eine Initiative oder Arbeitsgruppe zum Thema Industrie 4.0 gestartet haben, stetig. Waren es bei der ersten Untersuchung 2015 nur 31 %, bejahten 2018 bereits 45 % eine entsprechende Frage. Die Unternehmensgröße ist dabei ein wesentlicher Faktor. Bei Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern berichten 57 % von entsprechenden Initiativen, bei kleineren Unternehmen liegt der Anteil nur bei 42 %.Mit einer höheren Flexibilität (70 %) und Effizienz (57 %) erwarten die befragten Unternehmen zwei der Verbesserungen, auf die auch Daimler setzt. Die von den Stuttgartern erhoffte künftig schnellere Reaktionszeit dank Industrie 4.0 wird zwar noch von jedem zweiten Unternehmen erwartet. Damit fiel der Anteil 2018 aber so gering aus wie in keinem anderen Jahr der Befragung. Offensichtlich haben sich entsprechende Hoffnungen bei einigen Firmen im Zuge erster Erfahrungen mit Industrie 4.0 wieder verflüchtigt.Aktiv werden Industrie-4.0-Anwendungen derzeit bei 47 (i.V. 45) % der befragten Unternehmen. Auch hier liegen große Unternehmen mit 62 % wieder deutlich über dem Schnitt. Bei den Branchen haben sich kaum Veränderungen ergeben. In der Automobilbranche nutzt wie in den vergangenen Jahren etwa jede zweite Gesellschaft Industrie 4.0 – und damit ein höherer Anteil als in jeder anderen Branche. Kräftig gestiegen ist die Nutzung nur in der Elektrotechnik, die inzwischen auf 44 % kommt, nachdem sie 2015 noch bei 32 % lag. Wesentliche Hemmnisse, sich nicht mehr mit Industrie 4.0 zu befassen, sind der enorme Investitionsbedarf (62 %), ein Mangel an qualifiziertem Personal (54 %) und Sicherheitsbedenken (49 %).Die hohe Bedeutung von Industrie 4.0 für den Wirtschaftsstandort geht auch aus dem “Cyber Security Report 2018” von Deloitte hervor. Befragt wurden dafür Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik. Von den Entscheidungsträgern der Unternehmen erachteten 61 % Industrie 4.0 für den Wirtschaftsstandort Deutschland als sehr wichtig, unter den Politikern sind es sogar 82 %.Dass mit der Nutzung auch die Anfälligkeit für Cyberattacken steigt, glauben 83 % der Unternehmenslenker, aber nur 75 % der befragten Politiker. Noch deutlicher wird die Diskrepanz, wenn es um die Einschätzung geht, ob man sich vor Hackerangriffen effektiv schützen kann. Von den befragten Abgeordneten glauben dies immerhin 60 %, von den Führungskräften in den Unternehmen nur ein gut halb so hoher Anteil.