Corporate Governance

Investoren pochen auf Aktionärsrechte

Der Fondsverband BVI lehnt die Verlängerung der Notfallregelung für virtuelle Hauptversammlungen ab. Bereits heute seien Präsenzveranstaltungen unter Einhaltung von Hygienekonzepten möglich, argumentiert der Verband.

Investoren pochen auf Aktionärsrechte

swa Frankfurt

Eine dritte Saison mit Hauptversammlungen ohne umfassendes Frage- und Auskunftsrecht wollen Investoren nicht hinnehmen. Die Pläne der Bundesregierung, die Notfallregelung zur Durchführung rein virtueller Hauptversammlungen bis August 2022 zu verlängern, stößt beim Fondsverband BVI auf Kritik. Bereits heute seien Präsenzveranstaltungen unter Einhaltung von Hygienekonzepten möglich, argumentiert der BVI.

„Die Notgesetzgebung beschneidet die Hauptversammlung als oberstes Kontrollorgan und Sprachrohr der Aktionäre. Das ist schlecht für die Aktionärsdemokratie“, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Die Bundesregierung hatte es über eine Notfallgesetzgebung zu Beginn der Pandemie ermöglicht, dass Hauptversammlungen befristet rein virtuell abgehalten werden können. Damit sollte gewährleistet werden, dass während des Lockdowns wichtige Regularien abgearbeitet und Dividenden verteilt werden können. Dabei war den Unternehmen für das virtuelle Format eingeräumt worden, dass Anteilseigner ihre Fragen vor der Veranstaltung schriftlich einreichen müssen und Nachfragen während der Versammlung ausgeschlossen werden dürfen. Damit hatte der Gesetzgeber eine erhebliche Einschränkung der Aktionärsrechte gestattet, und die meisten Unternehmen haben nur die Mindestanforderungen erfüllt. Als einziger Dax-Konzern hatte die Deutsche Bank in der Hauptversammlung 2021 ein Rederecht im Live-Dialog zugestanden. Laut BVI hat nur ein Drittel der im HDax vertretenen 160 Unternehmen die Reden des Vorstands vorab veröffentlicht. Der Fondsverband lehnt auch den Vorschlag des Industrieverbands BDI ab, „die virtuelle Hauptversammlung dauerhaft im Aktiengesetz zu verankern“.

Der Bundestag will kommende Woche die zunächst auf zwei Jahre befristete Corona-Notregelung bis Ende August 2022 verlängern. In der Gesetzesbegründung heißt es allerdings, dass die Unternehmen von diesen Erleichterungen im Einzelfall nur dann Gebrauch machen „sollten“, wenn dies unter Berücksichtigung des Pandemiegeschehens und im Hinblick auf die Teilnehmerzahl erforderlich erscheine. Governance-Experte Christian Strenger will darauf hinwirken, dass aus dem „sollte“ ein „soll“ wird, die Präsenzveranstaltung also die Regel wäre und die virtuelle Hauptversammlung die zu begründende Ausnahme. Die Unternehmen wären damit in der Pflicht, Veranstaltungsräume für die Saison 2022 anzumieten. Aus Strengers Sicht sollte auch festgehalten werden, dass zahlreiche Gesellschaften die Nachfragemöglichkeit während der virtuellen HV als inzwischen etablierte Best Practice ansehen.

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