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Italienische Luxusmodehersteller streben an die Börse

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 1.3.2017 Ausländische Unternehmen haben seit jeher ein Auge auf Italiens Modefirmen geworfen. Die französische LVMH erwarb Labels wie Fendi, Loro Piana oder Bulgari, während Rivale Kering das...

Italienische Luxusmodehersteller streben an die Börse

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandAusländische Unternehmen haben seit jeher ein Auge auf Italiens Modefirmen geworfen. Die französische LVMH erwarb Labels wie Fendi, Loro Piana oder Bulgari, während Rivale Kering das Florentiner Modehaus Gucci sowie Bottega Veneta kaufte. Hohe Wellen schlug auch die jüngst bekannt gegebene Fusion zwischen Italiens größtem Luxuskonzern Luxottica und der französischen Essilor. Die neue Gruppe soll in Frankreich notiert werden. Und der Trend zu M & A könnte sich noch verstärken. Das geht aus einer anlässlich der Mailänder Modewoche (22. bis 27. Februar) veröffentlichten Studie des Mailänder Finanzhauses Mediobanca hervor. Attraktive ÜbernahmezieleDie Analysten argumentieren, dass die italienischen Branchenvertreter eine außergewöhnlich hohe Liquidität bei relativ geringen Schulden aufweisen. Sie übertreffen damit ihre französischen Rivalen. So sei die Liquiditätslage der 15 wichtigsten italienischen Modefirmen von 2011 bis 2016 um 26 % auf 5,5 Mrd. Euro gestiegen. Dabei hat Giorgio Armani mit liquiden Mitteln von 600 Mill. Euro die gesamte Konkurrenz in den Schatten gestellt. 2015 belief sich die Schuldenquote bei den 15 größten Luxusmodeherstellern auf 21 %.Positiv hat sich auch die Beschäftigung in Italiens Luxusbranche entwickelt. In den fünf Jahren bis 2016 nahm die Zahl der Arbeitnehmer bei den 140 von Mediobanca analysierten Unternehmen, die mindestens 100 Mill. Euro Umsatz machen, um 21 % auf 328 000 zu. Die Großen der Branche – von Giorgio Armani über Calzedonia bis Prada – verzeichneten die höchsten Zuwachsraten beim Personal. Einzig bei Benetton und Safilo kam es zu Personalabbau. Last but not least macht laut der Studie auch die Kleinteiligkeit der Branche, die relativ geringe Größe der italienischen Luxusunternehmen diese attraktiv für eine Übernahme. Kleinteilige BranchenstrukturDer gesamte Umsatz der 15 größten Luxusfirmen Italiens kam 2015 mit 31 Mrd. Euro nicht an die 35 Mrd. Euro Umsatz von LVMH/Christian Dior, der Nummer 1 in der französischen Modewelt, heran. Die relativ kleinen Strukturen bewirken jedoch auch geringere Profitabilität. Diese liegt unter der französischer Unternehmen und ist in den ersten neun Monaten gemäß den Analysten weiter gesunken. Die Wachstumsverlangsamung bei den Exporten, insbesondere nach China, sei dafür ausschlaggebend gewesen.Die Luxusmodeunternehmen in Italien wachsen stärker als das übrige verarbeitende Gewerbe, sind solider, profitabler und investieren mehr als andere Industriezweige. Zu den Spitzenreitern zählt die Lederwarenbranche, gefolgt von der Bekleidungsindustrie, der Schmuckwaren- und Uhrenindustrie sowie der Kosmetikbranche.Der Umsatz mit Luxusmode wächst weltweit. Nach den jüngsten Angaben stieg er zuletzt um 12 % auf 250 Mrd. Euro, wobei nach Regionen die USA Europa auf Platz 2 verdrängten.2016 trug Italiens Modebranche 4 % zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der Wert soll weiter wachsen, heißt es beim Verband der Luxushersteller Altagamma. Dieser hat kürzlich eine von Boston Consulting und Exane BNP Paribas durchgeführte Umfrage veröffentlicht: Die 17 Millionen Abnehmer von Luxusmode weltweit, die im Vorjahr dafür durchschnittlich 250 000 Euro ausgaben, planen, ihr Luxusbudget zu erhöhen. Der Fokus liege auf “echtem Luxus”. Die 25-bis 35-Jährigen avancieren laut der Umfrage zur stärksten Verbrauchergruppe. Vertriebsformen wie Online und Mobile Web gewinnen demnach stark an Bedeutung. Monomarkengeschäfte würden immer mehr durch den Multikanalvertrieb ersetzt. Schließlich hat auch die gerade zu Ende gegangene Mailänder Modewoche mit 170 Shows und Events sowie die Avantgarde-Messe White insgesamt rund 40 000 Besucher angezogen; 15 % mehr als im Vorjahr. Aber nicht nur neue Modetrends machten in Mailand Furore. Immer mehr Käufer tendieren dazu, “direkt vom Laufsteg” zu ordern. Das neue Kaufverhalten “see now, buy now” (sehen und gleichzeitig kaufen) entspricht dem Trend zur Schnelllebigkeit – nicht nur im Modesektor. Die Fristen zwischen Präsentation, Auftragseingang und Lieferung verkürzen sich. Die immer häufiger geforderten Sofort-Lieferungen drohen das auf Design und traditioneller Handwerkskunst basierende italienische Modesystem durcheinanderzubringen. Erfolge der jüngsten IPOsInzwischen peilen immer mehr italienische Modeunternehmen ein Going Public an. Der Lederwarenhersteller Furla soll noch in diesem Jahr an die Mailänder Börse kommen. Doch auch andere Luxusmarken, von Versace über Valentino Fashion Group und möglicherweise Ermenegildo Zegna, peilen mittelfristig ein Initial Public Offering an. Vorbilder sind die seit wenigen Jahren in Mailand notierten Modestars Brunello Cucinelli, Moncler und Salvatore Ferragamo. Deren Kurse haben sich seit ihrem Börsendebüt 2011 und 2012 mehr als verdoppelt.