Italiens Jachtenhersteller trotzen der Pandemie
bl Mailand
Mit der Italian Sea Group ist gerade der zweite italienische Jachtenbauer an die Börse gegangen. Die Nachfrage überstieg das Angebot um das Dreifache. Der Börsenstart bei dem Anbieter von Luxusjachten mit Längen von bis zu 100 Metern Länge verlief sehr erfolgreich. Auch der italienische Modedesigner Giorgio Armani und der belgische Investor Marc Coucke erwarben Anteile. Die eingenommenen Mittel von 88 Mill. Euro sollen in neue Produktionsstätten in Italien, Griechenland und in der Türkei fließen.
Bereits Ende 2019 ging Sanlorenzo, weltweit die Nummer 2 unter den Jachtenherstellern, an den Aktienmarkt. Die Ferretti-Gruppe dagegen – zu der so illustre Marken wie Riva, Wally oder Pershing gehören – hatte das geplante IPO kurz davor mangels Nachfrage in letzter Minute abgeblasen.
Jachten werden auch in der Coronakrise gekauft: Sanlorenzo vermeldete für das erste Quartal 2020 ein Umsatzwachstum von 40% auf 186 Mill. Euro und einen Auftragseingang von 300 Mill. Euro, der mehr als der Hälfte des Jahresumsatzes von 2020 entspricht. Im vergangenen Jahr blieben die Erlöse mit 457,7 Mill. Euro stabil, der Nettogewinn nahm um 27,7% auf 34,5 Mill. Euro zu. Der Börsenkurs legte innerhalb eines Jahres um mehr als 60% zu. In der Pandemie zogen sich viele Reiche auf Ihre Jachten zurück – und da galt die Maxime „Je größer, desto besser“. Der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, hatte bei Ferretti mitten in der Pandemie eine 30-Meter-Jacht für angeblich 10 Mill. Euro bestellt.
Der Branche geht es gut. Auch Ferretti und die Azimut-Gruppe vermelden volle Auslastung. Sie suchen nach neuen Produktionskapazitäten für den Bau der immer aufwendigeren Schiffe aus Kompositmaterialien, Stahl, viel Glas und Holz. Sanlorenzo und Ferretti haben gerade gemeinsam Perini Navi aus Viareggio übernommen, die pleitegegangen ist. Sie schielen auf deren Produktionsstätten. Perini hat Jachten für Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch gefertigt, aber das allein garantiert noch keinen Erfolg: Denn diese Fertigung ist sehr stark handwerklich geprägt, und es gibt kaum Economies of Scale: Bei Sanlorenzo etwa arbeiten 500 Beschäftigte. Dazu kommen 1500 externe Handwerker und Zulieferer.
Die Jachtenbranche ist für Italien wirtschaftlich von großer Bedeutung. Sie kommt auf einen Umsatz von knapp unter 5 Mrd. Euro und einen Exportanteil von 80 bis 90%. Bei den Herstellern selbst arbeiten „nur“ 17000 Beschäftigte. Zusammen mit Zulieferern, Handwerkern, Beschäftigten in der Wartung und Versorgung, im Reparaturservice, in Dienstleistungen in den Häfen des Landes und bei den Crews sind es aber etwa 180000 Mitarbeiter.