Altersvorsorge

Kapitalmarkt gibt Rückenwind für die betriebliche Rente

Für die Pläne zur Altersversorgung in Unternehmen haben sich die Rahmenbedingungen nach dem schwierigen Coronajahr 2020 mit Rückenwind vom Kapitalmarkt sukzessive verbessert.

Kapitalmarkt gibt Rückenwind für die betriebliche Rente

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

 Nach dem turbulenten Coronajahr 2020 mit historisch niedrigem Rechnungszins haben sich die Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung in den vergangenen Monaten weiter beruhigt. Die Pensionsvermögen haben nach einer Analyse der Unternehmensberatung Willis Towers Watson auch im dritten Quartal 2021 vom Aufwärtstrend an den internationalen Kapitalmärkten profitiert.

Das für die Erfüllung der zugesagten Pensionsverpflichtungen eingesetzte Vermögen der Unternehmen in Dax und MDax nahm weiter zu. Im jüngst erweiterten Dax 40 stieg das sogenannte Planvermögen im dritten Quartal gegenüber Ende 2020 um 2,8% auf knapp 292 Mrd. Euro, im MDax ging es sogar um 4,4% auf 55,4 Mrd. Euro nach oben.

Auch beim Blick auf die Buchwerte der Pensionsverpflichtungen hellt sich die Lage auf. „Seit Jahresbeginn ist eine positive Entwicklung zu beobachten“, sagt Hanne Borst, Head of Actuarial Consulting Germany bei Willis Towers Watson. Der Rechnungszins habe im Juli zwar zunächst nachgegeben, dies konnte im September jedoch mehr als ausgeglichen werden. Somit zeigt sich im Vergleich zu Ende 2020 ein Anstieg des Rechnungszinses um 54 Basispunkte auf 1,34 %, was die Pensionsverpflichtungen im Dax 40 per Ende September um 9,5% auf 397 Mrd. Euro drückt. Im MDax ist es ein Minus um 9,4% auf 81 Mrd. Euro.

Noch ist fraglich, ob sich das Szenario bis zum Bilanzstichtag am Jahresende so fortsetzt. „Im vierten Quartal wird es spannend. Es lässt sich schwer vorhersehen, wie sich die Dinge entwickeln“, sagt Borst.

Höherer Rechnungszins

Mit der gegenläufigen Bewegung von Verpflichtung und Planvermögen ist der Ausfinanzierungsgrad weiter spürbar auf 73,4% im Dax 40 gestiegen. Das ist ein deutliches Plus, nachdem der Wert in den vergangenen Jahren im Durchschnitt etwa 65% erreichte. Im MDax liegt er im dritten Quartal bei 68,3% – ein Plus von neun Punkten im Vergleich zu Ende 2020. Das ist primär dem gestiegenen Rechnungszins und der positiven Kapitalmarktentwicklung zuzuschreiben. Im vergangenen Geschäftsjahr hatten einige Konzerne trotz Pandemie ihr Pensionsvermögen mit zusätzlichen Dotierungen gestärkt – im alten Dax30 waren 8,4 Mrd. Euro zusätzlich reserviert worden. Allein Siemens stemmte 2,9 Mrd. Euro. Solche Dotierungsschritte ließen sich im Jahresverlauf noch nicht herauslesen, sagt Borst.

Die Veränderung in der Zusammensetzung des Dax hat laut Willis Towers Watson in der Rückrechnung für Ende 2020 in Summe zu einer Erhöhung der Pensionsvermögen von 18 Mrd. Euro geführt, rund 30 Mrd. kamen bei den Verpflichtungen für die betriebliche Altersversorgung dazu. Somit war die Indexumstellung in dem Thema nicht mit größeren Umbrüchen verbunden. „Der Ausfinanzierungsgrad der zehn Aufsteiger im Dax entspricht dem Durchschnitt in alter Zusammensetzung des Index“, erklärt Borst. Die meisten Dax-Nachrücker hätten ihre Pensionspläne in der Vergangenheit auch schon aktiv gemanagt und rund zwei Drittel ausfinanziert. Den größten Anteil an den mit der Dax-Erweiterung hinzugekommenen Pensionsverpflichtungen haben traditionsreiche Konzerne wie Airbus und die Siemens-Ableger Energy und Heal­thi­neers.

Das Thema Inflation, das derzeit für Nervosität in der Wirtschaft sorgt, könnte sich auch auf die Pensionsverpflichtungen auswirken. Anhaltende Preissteigerungen würden sich in Gehälter- und Rententrends niederschlagen und könnten die Pensionspläne strapazieren. Dies hänge stark von der Gestaltung der Pensionszusage ab.

Die Experten von Willis Towers Watson gingen jedoch mit Blick auf die längerfristige Entwicklung davon aus, dass für Deutschland mit Blick auf Inflation Entwarnung gegeben werden könne, sagt Borst. „Wir gehen von einem temporären Preisanstieg aus. Auch die EZB sieht das Inflationsziel von mittelfristig 2% noch nicht erreicht“, ergänzt die Beraterin.

Daumenregel

Eine dauerhaft höhere Inflation hätte insgesamt einen geringeren Einfluss auf die Pensionsverpflichtung als eine Veränderung des Rechnungszinses, erklärt Borst. Sie nennt die Daumenregel, wonach eine Zinssenkung um plus/minus 100 Basispunkte die Verpflichtung im Dax um 17% nach unten oder oben treiben würde. Eine um 25 Basispunkte höhere Inflation ließe die Verpflichtung dagegen weniger deutlich um 2% zunehmen.