Kartellamt brummt Stahlfirmen hohe Bußgelder auf
ab Düsseldorf – Mit Bußgeldern in noch nie dagewesener Höhe hat das Bundeskartellamt die großen Stahlhersteller abgestraft. Die Bonner Behörde verschickte Bußgeldbescheide in einer Gesamthöhe von 646 Mill. Euro gegen eine Tochter von Salzgitter, Voestalpine und Thyssenkrupp sowie gegen drei verantwortliche Personen, wie die Wettbewerbshüter mitteilten. Der Vierte im Bunde, die Dillinger Hüttenwerke, profitierte von der Kronzeugenregelung und erhielt dank der umfassenden Kooperation einen vollständigen Erlass der Geldbuße.Das Kartellamt sieht es als erwiesen an, dass die betroffenen Stahlhersteller Absprachen über Aufpreise und Zuschläge für bestimmte Quartobleche in Deutschland getroffen haben. Der Zeitraum der kartellrechtswidrigen Absprachen erstreckte sich nach Angaben der Behörde von Mitte 2002 bis Juni 2016.Quartobleche sind warm gewalzte Flachstahlerzeugnisse. Sie werden vor allem im Stahl- und Brückenbau, im Hochbau, im Schiffbau, dem allgemeinen Maschinenbau sowie beim Bau von Windtürmen, Pipelines und in der Offshore-Industrie verwendet.Der Löwenanteil des Bußgelds entfällt auf Thyssenkrupp, die mit 370 Mill. Euro zur Kasse gebeten wird. Hierfür hatte der angeschlagene Essener Konzern im Abschluss 2018/19 entsprechend Rückstellungen gebildet. Die österreichische Voestalpine kommt dagegen mit einem Bußgeld von 65,5 Mill. Euro davon. Die Österreicher haben nach Angaben des Kartellamts während des Verfahrens mit der Behörde kooperiert, das sei in der Bußgeldfestsetzung berücksichtigt worden.Mit etwa 210 Mill. Euro wird die zu Salzgitter gehörende Ilsenburger Grobblech GmbH belangt, auch wenn sich das Unternehmen nicht zur Bußgeldhöhe äußerte. Die Bußgelder gegen die drei Privatpersonen dürften das Kraut nicht fett machen, kann sich das Bußgeld für eine natürliche Person gemäß § 81 Abs. 4 GWB doch maximal auf 1 Mill. Euro belaufen. Salzgitter hatte die Rückstellungen für den Kartellfall zuletzt um 140 Mill. Euro erhöht.Die Unternehmen haben die vom Kartellamt gegen sie erhobenen Vorwürfe eingeräumt und einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zugestimmt. Gleichwohl sind die Bußgelder noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide kann samt der in ihnen getroffenen Feststellungen Einspruch eingelegt werden, teilte das Kartellamt weiter mit. Über etwaige Einsprüche hätte das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden. Auf Wunsch des KundenVoestalpine, die sich in dem Verfahren von Gleiss Lutz begleiten ließ, teilte direkt mit, dem Vergleich mit der Behörde zuzustimmen. Der Konzern habe die Ermittlungen von Beginn an unterstützt und inhaltlich vollständig kooperiert. Gleichwohl wenden die Österreicher ein, dass das einheitliche Aufpreissystem, das den Unternehmen zum Verhängnis wurde, in der Vergangenheit vielfach dem Wunsch der Kunden entsprochen habe. Durchsuchungen bei den betroffenen Unternehmen hatten im August/September 2017 den Auftakt zum Verfahren gebildet. Auf die Spur gesetzt hatte die Behörde die Dillinger Hütte.