RECHT UND KAPITALMARKT

Keine Umsatzsteuer mehr in der Verwaltung von Fonds

Berlin muss Regelung an Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs anpassen

Keine Umsatzsteuer mehr in der Verwaltung von Fonds

Von Georg von Wallis *)Kurz vor Weihnachten hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Initiatoren von geschlossenen Fonds ein besonderes Geschenk gemacht. Denn nach seinem Urteil vom 9. Dezember 2015 (C-595713) ist künftig auch die Verwaltung geschlossener Fonds von der Umsatzsteuer befreit – auch wenn diese nicht die strengen Anforderungen des Investmentsteuergesetzes (InvStG) erfüllen.Mit dem Urteil hat der EuGH entschieden, dass auch die Verwaltung von Fonds, die ausschließlich in Immobilien investieren, umsatzsteuerfrei ist. Auf den ersten Blick scheint diese Entscheidung keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtslage in Deutschland zu haben. Denn nach deutschem Recht hängt die Befreiung davon ab, ob es sich um einen Investmentfonds im Sinne des InvStG handelt (§ 4 Nr. 8 Buchst. h Umsatzsteuergesetz – UStG). Bereits nach geltendem Recht dürfen Investmentfonds auch ausschließlich in Immobilien investieren (§ 1 Abs. 1b Nr. 5 Buchst. e – InvStG). Hohe HürdenDennoch stellt die Entscheidung des EuGH die Wirksamkeit der deutschen Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung in Frage, denn die Hürden für die Qualifikation eines Fonds als Investmentfonds nach dem InvStG sind hoch. So ist es unter anderem erforderlich, dass die Anleger ihre Anteile mindestens einmal pro Jahr zurückgeben oder kündigen können (§ 1 Abs. 1b Nr. 2 InvStG). Geschlossene Fonds fallen daher nicht unter die Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung.Die deutsche Vorschrift beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStRL). Danach können Mitgliedstaaten die Verwaltung von “Sondervermögen, die sie als solche definieren” von der Steuer befreien. Nach der Entscheidung des EuGH ergibt sich hieraus für die Mitgliedstaaten jedoch nicht die Befugnis zu bestimmen, welche Sondervermögen sie von der Umsatzsteuer befreien. Sie können lediglich festlegen, welche Sondervermögen einer besonderen Aufsicht unterliegen. Und auch diese Entscheidung ist mittlerweile durch eine Vielzahl von EU-Regelungen stark eingeschränkt (insbesondere OGAW-Richtlinie und AIFM-Richtlinie). Unabhängig vom Umfang der Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten sei die Umsatzsteuerbefreiung aber für die Verwaltung von allen Sondervermögen zu gewähren, die einer besonderen, staatlichen Aufsicht unterliegen. Es würde dem Grundsatz der Neutralität widersprechen, so der EuGH, wenn gleichartige und daher konkurrierende Anbieter umsatzsteuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden.In Deutschland wurde die staatliche Aufsicht für Angebote von Kapitalanlagen mit dem Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) im Jahr 2013 stark ausgeweitet. Danach unterliegt nunmehr jeder Anbieter der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der “von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren”. Darunter fallen auch geschlossene Fonds.Geschlossene Fonds stehen zudem im Wettbewerb mit begünstigten Investmentvermögen. Wie bei diesen hängt der Ertrag der Anleger von den Ergebnissen der Anlage ab. Die Anleger haben ein Anrecht auf die Gewinne und tragen die Chancen und Risiken ihrer Investitionen. Daher, so der EuGH, sollten auch geschlossene Fonds in den Genuss der Umsatzsteuerbefreiung kommen. Der Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach geltendem UStG sei im Hinblick auf die Vorgaben der MwStRL zu eng ausgestaltet. Nach dem Urteil des EuGH gilt die Umsatzsteuerbefreiung aber nur für Tätigkeiten, die für die Verwaltung des Fonds spezifisch sind, nicht für sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung des Fondsvermögens. So ist beispielsweise das Property Management für Immobilienfonds nicht begünstigt. Fondsspezifische Tätigkeiten sind nach Auffassung des EuGH unter anderem der Vertrieb der Anteile, die Auswahl, Bewertung und Veräußerung des Anlagevermögens, die Anlegerverwaltung, Buchführung und die Erstellung von Steuererklärungen. Wie diese Tätigkeiten im Einzelfall von der nicht begünstigten Verwaltung der Anlagen abzugrenzen sind, wird die Gerichte in den nächsten Jahren sicherlich noch beschäftigen. Einzelfall prüfenDer deutsche Gesetzgeber muss nun die Regelung über die Umsatzsteuerbefreiung an die Vorgaben des EuGH anpassen. Bis dahin können sich die Verwalter nicht begünstigter Fonds auch für die Vergangenheit auf die Steuerbefreiung nach der MwStRL berufen, sie müssen es aber nicht. Ob es sinnvoll ist, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, sollte in jedem Einzelfall geprüft werden.Wirtschaftlich ist die Steuerbefreiung nur dann relevant, wenn der Fonds die in Rechnung gestellte Steuer nicht als Vorsteuer geltend machen kann. Dies ist jedoch bei vielen Fonds, die zum Beispiel in Beteiligungen oder in Wohnimmobilien investieren, der Fall. Zu berücksichtigen ist auch, dass für die Verwaltungsgesellschaft die Möglichkeit zum Abzug von Vorsteuern entfällt, wenn sie von der Steuerbefreiung Gebrauch macht.—-*) Georg von Wallis leitet als Partner der Kanzlei Greenberg Traurig Germany den Bereich Steuerrecht.