Kfz-Gewerbe greift Hersteller an

Forderung nach Hardware-Nachrüstung wird wegen Fahrverboten lauter - VDA schlägt Mustereinbau vor

Kfz-Gewerbe greift Hersteller an

In Stuttgart, Düsseldorf, Frankfurt und Aachen drohen ab 2019 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, auch die in Flotten und bei Privatkunden weit verbreitete Abgasklasse Euro 5 ist betroffen. Die Stimmung zwischen dem Kfz-Gewerbe und der Autoindustrie wird in der Folge immer frostiger.igo Stuttgart – Der Ton zwischen der Automobilindustrie und dem Kfz-Gewerbe wird rauer. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) forderte Hersteller und die Bundesregierung auf, ihre Blockadehaltung gegenüber technischen Nachrüstungen angesichts drohender Fahrverbote aufzugeben. “Wir rufen Bundespolitik und Automobilindustrie auf, sich endlich zu bewegen und eine Nachrüstverordnung für Dieselfahrzeuge zu erlassen”, sagte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Wiesbaden. Dieses hatte am Mittwoch für die Stadt Frankfurt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängt, die ab Mitte 2019 auch für die bundesweit mit 5,6 Millionen Autos am meisten verbreiteten Euro-5-Diesel gelten sollen.Die Deutsche Umwelthilfe klagt insgesamt gegen 28 Städte, die seit Jahren den seit 2010 geltenden EU-Grenzwert für Stickoxid-Emissionen von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reißen, darunter auch Stuttgart, Düsseldorf und Aachen. Die so erwirkten Fahrverbote hätten “enteignungsgleiche Züge”, so Karpinski. Der Eingriff in die Eigentumsrechte und die Mobilität von Bewohnern, Pendlern und Gewerbetreibenden sei mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar nicht vereinbar. Das Gericht hatte die Verbote gebilligt, dabei aber auch Verhältnismäßigkeit angemahnt (vgl. BZ vom 28. Februar).Die Autohersteller verweigern sich einer technischen Nachrüstung ihrer Fahrzeuge, um die Luft in Innenstädten zu verbessern. In der Bundesregierung gibt es dazu unterschiedliche Positionen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für September eine Entscheidung angekündigt (vgl. BZ vom 7. September). Die Konzerne setzen auf Software-Updates, die sie kurz vor dem Diesel-Gipfel im Sommer 2017 angesichts drohender und mittlerweile ausgesprochener Rückrufe angeboten hatten. Nachrüstungen, so ihr Argument, seien aufwendig, teuer und erhöhten Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen. Diese steigen bereits, weil Neuwagenkunden seit Bekanntwerden des VW-Abgasbetrugs Benziner bevorzugen, deren CO2-Ausstoß höher ist. Der Präsident des Branchenverbands VDA, Bernhard Mattes, sprach sich in der “FAZ” dafür aus, Skeptiker der Herstellerargumentation zu überzeugen, indem ein neutraler Gutachter einen Mustereinbau durchführt. Dann “könnte jeder sehen, dass die Einwände der Hersteller stimmen”, so Mattes. Zudem müsse bei Nachrüstungen in die Motorelektronik eingegriffen werden, was Tests und behördliche Freigaben erfordere. Die Branche will die Emissionen durch den Verkauf von Selbstzündern mit den Abgasnormen Euro-6d-Temp und -6d senken. Sie sind bei Neuzulassungen ab 2019 und 2021 verpflichtend.Dem ZDK zufolge könnten Zulieferer und Nachrüster auch ohne Eingriff in die Elektronik rund ein Viertel des Euro-5-Bestands nachrüsten. Dazu könnten verfügbare Teile aus dem Regal, wie SCR-Katalysatoren und Adblue-Tanks, zu individuellen Systemen zusammengebaut werden. Der Wirkungsgrad wäre ohne Eingriff in die Elektronik demnach geringer, läge aber über dem von Software-Updates, die die Emissionen um bis zu 30 % senken. Der ADAC ließ bereits vier auf den Straßen gängige Modelle auf diese Weise nachrüsten. Der Ausstoß sank dabei um bis zu 78 %. Die Kosten lagen bei bis zu 3 300 Euro pro Wagen. Gleichzeitig stiegen der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen um 1 % bis 6 % (vgl. BZ vom 21. Februar).