Konsum und Pharma nähern sich an
Die Grenze zwischen der Konsum- und Pharmabranche verschwimmt. Nestlé und Fresenius wird Interesse am Geschäft mit medizinischer Nahrung von Danone nachgesagt. Bayer, Reckitt Benckiser und Procter & Gamble werden als potenzielle Käufer der Sparte für rezeptfreie Arzneien von Merck & Co. gehandelt.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtZwei Transaktionen im Grenzbereich von Konsumgüter- und Pharmaindustrie kündigen sich an. Zum einen bietet die französische Danone ihr Geschäft mit medizinischer Ernährung (“Clinical Nutrition”) feil, zum anderen steht der Verkauf der Sparte für nichtverschreibungspflichtige Medikamente (“Consumer Care”) des US-Konzerns Merck & Co. offenbar kurz bevor. Danone-Segment wird teuerMedienberichten zufolge haben der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé, der deutsche Gesundheitskonzern Fresenius, der schwedische Finanzinvestor EQT und eine unbekannte vierte Gesellschaft ein Auge auf das Geschäft mit medizinischer Ernährung von Danone geworfen.Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im Februar berichtet, Danone habe ein Dossier mit Informationen über die Sparte verschickt. Die Franzosen produzieren u.a. Lebensmittel für Menschen mit schweren Allergien und Nahrung für Patienten mit Magensonden. Danone ist in diesem Bereich in Europa Marktführer und erwirtschaftete in der Sparte – der kleinsten der vier Geschäftssegmente – 2013 einen Umsatz von 1,34 (i.V. 1,29) Mrd. Euro. Der Kaufpreis könne sich auf 3 bis 4 Mrd. Euro belaufen, heißt es. Aus Branchenkreisen ist allerdings zu hören, dass es erhebliche kartellrechtliche Probleme gäbe, sollten Nestlé oder Fresenius den Zuschlag bekommen. Daher wird gemutmaßt, dass die Division in Teilen und nicht als Ganzes verkauft wird. Dann dürfte auch der Gesamtpreis niedriger sein, den Analysten auf Basis der kolportierten Summen als “sehr hoch” einschätzen.Danone hatte 2007 die niederländische Numico für insgesamt 12,3 Mrd. Euro übernommen – ein stolzer Preis, denn andere Unternehmen trotz großen Interesses nicht bereit gewesen waren, zu zahlen. Die auf Baby- (“Milupa”) und Krankenhausnahrung (“Nutricia”) spezialisierte Numico wurde in den Folgejahren in die Danone-Sparten Early Life Nutrition (Kleinkindnahrung) sowie Clinical Nutrition integriert.Dass Nestlé als potenzieller Käufer für die Danone-Sparte genannt wird, ist schlüssig. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern hat den Ausbau des Geschäfts mit Gesundheitsprodukten und Pharmazeutika als konsequenten nächsten Schritt seiner Transformationsstrategie angekündigt. Der Umbau vom klassischen Lebensmittelhersteller zum Konzern für Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden, der sich rühmt, Nahrungsmittel mit Mehrwert anzubieten, hatte 2005 begonnen. Diese verhältnismäßig teuren Produkte weisen in der Regel weit größere Margen auf als Standardartikel wie Küchenprodukte (Maggi, Thomy) oder Süßwaren (Kitkat, Smarties). Lebensmittel werden zwar der mit Abstand wichtigste Umsatzbringer von Nestlé bleiben, doch wird die Bedeutung Gesundheit erhaltender, fördernder oder wiederherstellender Salben, Pillen und Puder wachsen.Für den Fresenius-Konzern wäre die Danone-Sparte nach der Helios-Kliniken-Gruppe (2005), der Renal Care Group in den USA (2006), Dabur Pharma in Indien und APP Pharmaceuticals in den USA (2008) eine weitere Großakquisition. Zuletzt hatten sich die Hessen nach langem Tauziehen bei Rhön-Klinikum durchgesetzt, wobei aber die Finanzierungsmöglichkeiten nach Ansicht von Beobachtern so weit ausgeschöpft wurden, dass die Sparte mit medizinischer Nahrung der Franzosen den Dax-Konzern überfordern könnte. Bis zu 12 Mrd. DollarSchon seit längerem wird auch über den Verkauf der Sparte für rezeptfreie Arzneien, “Consumer Care”, von Merck & Co. spekuliert. Das Geschäft kam 2009 mit der Übernahme von Schering-Plough für 41 Mrd. Dollar zu Merck. Der US-Pharmariese wies in dem Segment für 2013 Erlöse von 1,89 (1,95) Mrd. Dollar bei einem Konzernumsatz von 44,0 (47,3) Mrd. Dollar aus. Als möglicher Käufer wird auch hier Nestlé genannt, doch gelten inzwischen Bayer, Reckitt Benckiser und Procter & Gamble als Favoriten. Auch die Chancen von Novartis, die wohl auf einen Asset-Tausch gegen ihr Geschäft mit Impfstoffen und Tiermedizin aus waren, dürften gesunken sein.Analysten schätzen der Wert der Sparte, in der u.a. Medikamente gegen Allergien, Fußpflegeprodukte und Sonnenschutzcreme produziert wird, auf 10 bis 12 Mrd. Dollar. Dem Vernehmen nach will Merck die Sparten nur als Ganzes, nicht in Teilen veräußern. Den meisten Interessenten gehe es darum, durch die Übernahme Skaleneffekte zu erzielen. Der Markt für rezeptfreie Arzneien gilt als stark fragmentiert.