Kunden von Fuchs Petrolub fahren Werke runter
kro Mannheim
Der Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub teilt sich dieser Tage mit vielen börsennotierten Unternehmen ein und dasselbe Problem: Der Versuch, eine vernünftige Geschäftsprognose für das laufende Jahr aufzustellen, gleicht wegen der unabsehbaren Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mehr oder weniger einem Blick in die Glaskugel. Grundsätzlich stehen die Zeichen für das 1931 gegründete Unternehmen nach dem schwierigen Jahr 2020 weiter auf Erholung. Schon im vergangenen Turnus legten die Umsätze unerwartet kräftig um gut ein Fünftel auf rund 2,9 Mrd. Euro zu, womit bereits das Vorkrisenniveau von 2019 deutlich übertroffen wurde. Wegen der inflationsbedingten Kostensteigerungen zog der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) mit 363 Mill. Euro zwar nicht ganz so stark an, lag aber ebenfalls über den internen und externen Schätzungen. Lediglich der freie Cashflow vor Akquisitionen verfehlte wegen des stark gestiegenen Nettoumlaufvermögens und hohen Steuerverbindlichkeiten mit 90 Mill. Euro die Prognose.
In diesem Jahr soll sich das Wachstum fortsetzen − unter Vorbehalt, wie der MDax-Konzern betont. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges ausgeklammert, geht der Vorstand um CEO Stefan Fuchs von einer Erlössteigerung auf 3,0 bis 3,3 Mrd. Euro aus. Das Ebit soll sich zwischen 360 Mill. und 390 Mill. Euro bewegen. „Auch beim freien Cashflow vor Akquisitionen sollte sich eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr einstellen“, sagte Finanzchefin Dagmar Steinert. Die Kennziffer soll 2022 bei rund 220 Mill. Euro liegen.
„Vor der Russland-Ukraine-Krise sind wir eigentlich zuversichtlich ins Jahr gegangen“, sagte Konzernchef Fuchs. Der direkte Effekt auf die Aktivitäten vor Ort sei auch gar nicht sonderlich groß, die indirekten Effekte aber schon. Demnach würden viele Kunden aus dem Agrargeschäft oder aus der Baumaschinenindustrie ihre Werke langsam runterfahren, weil sie bestimmte Vorprodukte, die vornehmlich aus den beiden Ländern kommen, nicht mehr beziehen können.
Fuchs selbst habe seine Geschäfte in Russland in dieser Woche fast vollständig gestoppt. In der Ukraine mussten die Aktivitäten sowieso eingestellt werden, da viele männliche Mitarbeiter in die Armee eingezogen wurden. Insgesamt beschäftigt Fuchs in den beiden Ländern 177 Mitarbeitende und setzte dort zuletzt 87 Mill. Euro um, was etwa 3% vom Gesamtumsatz entspricht. Mit der Einstellung sämtlicher Lieferungen nach Russland habe man der dortigen Industrie ein Stück weit die Geschäftsgrundlage entzogen, sagte Fuchs. „Es gibt nicht so viel Petrochemie in Russland. Es gibt zwar Öl, aber die Spezialkomponenten, die wir in die Produkte mischen, werden meist importiert.“ Die russische Niederlassung beliefere aber noch den Markt vor Ort.
Für die Zukunft will sich Fuchs Petrolub, die mit ihren Ölen und Fetten ohnehin schon eine enorme Bandbreite an Kunden aus der Industrie beliefert, ihr Wachstumspotenzial auch aus neuen Märkten erschließen. So richtet der Konzern seinen Fokus derzeit auch auf die Anwendung sogenannter Thermofluide, also Funktionsflüssigkeiten zur Temperierung von Batterien in Elektroantrieben oder Servern in Rechenzentren. Dabei schwimmen die zu kühlenden Elemente in dem Schmierstoff, was im Vergleich zur traditionellen Luftkühlung Platz und Energie spart. „Das ist das Nonplusultra in den großen neuen Rechenzentren“, so CEO Fuchs.
Die Investitionen sollen sich in diesem Jahr, wie schon 2021, auf rund 80 Mill. Euro belaufen. Als größtes Einzelprojekt steht dabei die Errichtung eines neuen Standorts für Spezialfette in China an. Daneben ist ein größeres Projekt für den Standort in Vietnam geplant, wo auch ein neues Produktionswerk entstehen soll.
Fuchs Petrolub | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Umsatz | 2871 | 2378 |
Europa, Mittlerer Osten, Afrika | 1710 | 1446 |
Asien-Pazifik | 855 | 698 |
Nord-/Südamerika | 471 | 387 |
Ebit | 363 | 313 |
Nettoergebnis | 254 | 221 |
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