Low-Cost-Airlines rücken der Konkurrenz auf die Pelle
Von Lisa Schmelzer, FrankfurtDer Paukenschlag ertönte Anfang November. Der Flughafenbetreiber Fraport teilte mit, dass vom kommenden Frühjahr an der Billigflieger Ryanair den größten deutschen Flughafen Frankfurt/Main anfliegen wird. Damit rücken die Iren den großen etablierten Wettbewerbern auch räumlich auf die Pelle, nachdem sie ihnen bisher vor allem wirtschaftlich zugesetzt haben.Das räumliche Zusammenrücken ist der bisherige Höhepunkt einer disruptiven Entwicklung, die das Luftfahrtjahr 2016 in Deutschland, aber auch in Europa geprägt hat: Die Geschäftsmodelle der verschiedenen Fluglinien verändern sich teilweise radikal und im Ergebnis nähern sich die Strategien von Low-Cost- und Netzwerk-Carriern einander immer mehr an. Unternehmen wie Lufthansa und Air France-KLM übernehmen Teile des Low-Cost-Modells und lassen Passagiere beispielsweise immer häufiger für Zusatzleistungen auch extra bezahlen. Außerdem haben sie eigene Billigableger wie Eurowings gegründet, um den günstigen Wettbewerbern besser Paroli bieten zu können. Und die billigen Jakobs haben längst die Geschäftskunden für sich entdeckt, haben ihr Angebot verbessert und fliegen mehr und mehr auch die großen Drehkreuze an. Günstig über den AtlantikDoch damit ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Anfang Dezember folgte der nächste Paukenschlag. Dieser wurde zwar zumindest in Deutschland weitaus weniger bemerkt als der Ryanair-Auftritt in Frankfurt, dürfte die Luftfahrtbranche aber deutlich stärker verändern. Denn am 2. Dezember hat der in Dublin registrierte Billigflieger Norwegian Air International von den US-Behörden die Erlaubnis erhalten, Langstreckenflüge in die USA anzubieten. Damit wird erstmals einer der Low-Cost-Carrier im ureigensten Geschäft der Netzwerk-Airlines, dem Transatlantikverkehr, wildern. Bisher tun das nur Unternehmen wie die isländische WOW, allerdings mit Zwischenstopp in Reykjavik. Der Wettbewerb auf den Strecken über den Nordatlantik, der in den vergangenen Jahren schon deutlich zugenommen hat, wird sich also künftig weiter verschärfen.Angesichts dieser Entwicklung wird es für die traditionellen europäischen Airlines immer schwieriger, Märkte zu finden, auf denen sie ein auskömmliches Einkommen haben. Im Langstreckengeschäft Richtung Asien haben ihnen die Anbieter aus den Golfstaaten – Emirates, Qatar und Etihad – den Rang abgelaufen, die Lufthansa hat sich mittlerweile aus vielen Destinationen zurückgezogen. Und auf dem Nordatlantik greifen künftig neben den Konkurrenten aus den USA mehr und mehr auch die Günstiganbieter ins Geschäft ein.Erschwert wird die Situation noch dadurch, dass der Ölpreis angezogen hat und vermutlich weiter steigen wird. Die niedrigen Ausgaben für Kerosin haben den Airlines weltweit in den vergangenen beiden Jahren kräftige Gewinnzuwächse beschert – trotz des gewachsenen Preisdrucks. Doch damit dürfte es nun erst einmal vorbei sein. Der Branchenverband IATA hat kürzlich seine Prognose für 2017 vorgelegt und geht dabei erstmals seit sechs Jahren von rückläufigen Ergebnissen aus. Erwartet wird ein Nettoergebnis von 29,8 Mrd. Dollar, nachdem im gerade zu Ende gehenden Jahr noch 35,6 Mrd. Dollar eingeflogen worden sein dürften. Hintergrund sind höhere Kosten für Kerosin, für 2017 wird von einem Preis von 64,9 Dollar je Barrel Flugbenzin ausgegangen, nach 52,1 Dollar 2016.Trotz der erwarteten Belastungen – neben den steigenden Ausgaben für Öl werden auch höhere Kosten für Personal und weiterer Druck auf die Preise erwartet – wird die Branche auch im kommenden Jahr die Kapitalkosten verdienen, glauben die Experten der IATA. Erwartet wird ein Return on Invested Capital von 7,9 % bei Kapitalkosten von 6,9 %. Eine solche Rendite ist in der üblicherweise margenschwachen Luftfahrtindustrie durchaus ein Erfolg. “Für viele Branchen ist es der Normalfall, der Airline-Branche wird es erstmals gelungen sein, drei Jahre in Folge die Kapitalkosten zu verdienen”, betont denn auch IATA-CEO Alexandre de Juniac. Die Luft wird angesichts der Veränderungen in der Branche allerdings immer dünner.