Lufthansa darf ITA unter Auflagen übernehmen
Lufthansa darf unter Auflagen bei ITA ran
Abgabe von Slots in Mailand-Linate und andere Zugeständnisse ermöglichen grünes Licht der EU für Übernahme
Nach Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien wird nun auch Italien ein „Heimatmarkt“ der Lufthansa. Nach langen Verhandlungen und umfangreichen Zugeständnissen ist der Weg für eine Übernahme der ITA durch die deutsche Luftfahrtgesellschaft wettbewerbsrechtlich geebnet.
bl/fed Mailand/Frankfurt
Nach langem Tauziehen mit Europas Wettbewerbshütern darf die Deutsche Lufthansa die staatliche italienische Fluglinie ITA übernehmen. Die EU-Kommission erteilte am Mittwoch die fusionsrechtliche Genehmigung, nachdem sich die italienische Regierung und die deutsche Fluggesellschaft zu einer ganzen Reihe von Zugeständnissen bereiterklärt hatten.
Zu diesen Verpflichtungszusagen zählt etwa die Abgabe von Slots in Mailand-Linate. Zudem müssen Lufthansa und das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium „einer oder zwei konkurrierenden Fluggesellschaften die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen, um Direktflüge zwischen Rom oder Mailand und bestimmten Flughäfen in Mitteleuropa anbieten zu können“. Damit diese Verbindungen nicht nur verabredet, sondern tatsächlich auch angeboten werden, ist die Genehmigung der Übernahme an die Bedingung geknüpft, dass die Wettbewerber diese Strecken während eines Mindestzeitraums bedienen müssen.
Zu den Auflagen zählt schließlich, dass Lufthansa sogenannte Interlining- oder Slot-Swap-Verabredungen mit Konkurrenten schließt. Sie sollen dazu beitragen, dass es mehr Direktflüge oder bessere Verbindungen auf Langstrecken mit nur einer einzigen Zwischenlandung geben wird. Zugeständnisse bei Interkontinentalverbindungen betreffen vor allem Strecken in die USA und nach Kanada – ein besonders heikler Punkt.
„Klares Signal“
Trotz dieser zahlreichen Zugeständnisse, die sein Konzern machen musste, um die Bedenken der EU-Kommission zu zerstreuen, bezeichnete Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr die Genehmigung als „hervorragende Nachricht“ für die beiden Fluggesellschaften und deren Kunden. Die Entscheidung sei zugleich ein „klares Signal für einen starken Luftverkehr in Europa“. Nun sei der Weg geebnet, damit die Kranichlinie, wie bereits 2023 vereinbart, 41% an ITA erwerbe. Im Gegenzug ist eine Kapitaleinlage von 325 Mill. Euro vorgesehen, die durch eine Kapitalerhöhung finanziert wird. Optionen zum Kauf der restlichen Anteile sind bereits ausgemacht, können aber erst ab 2025 ausgeübt werden. Für eine vollständige Übernahme, die bis 2029 erfolgen soll, muss Lufthansa insgesamt 829 Mill. Euro zahlen.
Italien, für Lufthansa der nach Deutschland und den USA drittwichtigste Markt, werde zum fünften Heimatmarkt – neben Deutschland, Belgien (Brussels), Österreich (Austrian) und der Schweiz (Swiss).
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager begründete die umfangreichen Abhilfemaßnahmen, auf die die EU-Behörde gepocht habe, mit der Sorge vor einem Preisschub bei den Tickets. „Es ging darum zu verhindern, dass den Fluggästen auf bestimmten Strecken von und nach Italien letztlich teurere, schlechtere oder weniger Flugverbindungen zur Verfügung stehen“, sagte die Dänin.
Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti zeigte sich bei einer Pressekonferenz mit ITA-Präsident Antonino Turicchi und Lufthansa-CEO Spohr in Rom erleichtert. Ein Thema, das „die öffentliche Debatte seit 40 Jahren geprägt hat“, sei zu einem positiven Abschluss gebracht worden. Das sei ein Erfolg für diese Regierung „und vor allem für dieses Land“. Mit Lufthansa erhalte ITA Airways die Möglichkeit, sich geschäftlich weiterzuentwickeln: „Rom wird zu einer Drehscheibe für die Verkehre nach Amerika, Asien und Afrika.“
ITA und die frühere Alitalia haben Italiens Steuerzahler in den letzten 40 Jahren 16 Mrd. Euro gekostet. „Staatshilfen für ITA gehören der Vergangenheit an“, sagte Giorgetti. Im künftigen fünfköpfigen Verwaltungsrat stellt Rom zunächst drei Vertreter, darunter den Präsidenten, die Lufthansa zwei, darunter den CEO.