Managergehälter kaum noch vergleichbar
swa Frankfurt
Für Investoren gleicht die Analyse der Vorstandsvergütung nach neuen gesetzlichen Vorgaben einem Puzzlespiel. Während sich Anleger früher über die im Corporate Governance Kodex vorgegebenen Tabellen ein einheitliches Bild verschaffen konnten, lässt nun die Vielfalt der Darstellungen nur noch wenig Vergleichbarkeit zu. Ein zuverlässiges Ranking der Managergehälter ist kaum mehr möglich.
Ein schneller Ausweg aus dem Irrgarten ist nicht in Sicht. Die von der EU-Kommission versprochenen Mustertabellen lassen auf sich warten; sie sind für das vierte Quartal 2022 angekündigt. „Was wir bisher dort inhaltlich sehen, ist zum Teil nicht übereinstimmend mit dem deutschen Rechtsrahmen“, bedauert Vergütungsexperte Michael H. Kramarsch, Managing Partner der Unternehmensberatung HKP Group.
Mit den neuen Anforderungen aus der EU-Aktionärsrechterichtlinie habe sich in den Unternehmen eine Vielfalt an Praktiken zur Darstellung der Vorstandsgehälter herausgebildet. „Immer mehr Summen können als Gesamtvergütung interpretiert werden“, sagt HKP-Partnerin Regine Siepmann. „Das versteht keiner mehr“, resümiert Kramarsch. Dabei habe die individuelle Transparenz der einzelnen Unternehmen sogar deutlich zugenommen.
Die Vergütungsberater appellieren an die deutsche Kodex-Kommission, den „Wildwuchs“ im Vergütungsausweis und die Erwartungen der Investoren zum Anlass zu nehmen, „wieder einheitliche und schlanke Ausweisstandards zu setzen – klar und verständlich“.
Die durchschnittliche Vergütung der CEOs im Dax 40 gibt HKP für 2021 einschließlich Altersvorsorge mit 8,3 Mill. Euro an. Im Dax 30 lag diese Zahl 2020 etwa gleich hoch bei 8,5 Mill. Euro. Ein Betrag von 10 Mill. Euro stelle weiterhin eine Schallmauer dar, sagt Kramarsch. Zweistellige Millionengehälter auf diesem Niveau sind etwa den CEOs von Volkswagen, Deutscher Post, Puma, Adidas oder Merck zugeflossen. Spitzenverdiener im Kreis deutscher Dax-Werte sind mit weitem Abstand die Co-CEOs des Online-Modehändlers Zalando, die mit der Ausübung von Aktienoptionen jeweils 45,5 Mill. Euro einstrichen. Rubin Ritter, der am 1. Juni 2021 ausgeschiedene ehemalige Dritte im Bunde, kassierte im Jahr des Abschieds 89 Mill. Euro. Künftig gilt für Zalando-Vorstandschefs eine Obergrenze von 15,75 Mill. Euro.
Weit oben angesiedelt ist auch der inzwischen in die Position des Chairman gewechselte ehemalige Linde-CEO Steve Angel, dem 2021 für seine operative Tätigkeit beim Industriegasekonzern 31,4 Mill. Dollar gewährt wurden. Der Manager hätte zudem aus dem Ausüben von Aktienoptionen noch 52 Mill. Dollar realisieren können, hat diese Auszahlung aber vertagt.