Manz geht mit neuer Struktur ins Batterie-Rennen
kro Frankfurt
Der Maschinenbauer Manz will den boomenden Markt für Elektromobilität mit einer Neuaufstellung seiner Geschäftsbereiche erobern. Die bisherigen fünf Segmente des Unternehmens seien zu Beginn des Jahres zu zwei Segmenten zusammengefasst worden, hieß es in einer Mitteilung vom Donnerstag. Eine der zwei Sparten laufe nun unter dem Namen „Mobility & Battery“ und umfasse im Wesentlichen die Aktivitäten des vorherigen Wachstumssegments „Energy Storage“, in dem Manz unter anderem Anlagen für die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen entwickelt. Das zweite Segment trägt die Bezeichnung „Industry Solutions“ und beinhaltet unter anderem das Geschäft mit Display-Produktionsanlagen, Chip-Fertigungstechnologien und Leistungselektroniken.
„Mit der nun vorgenommenen Neuausrichtung, einer klaren Zuordnung von Verantwortlichkeiten, einer deutlichen Reduktion von Schnittstellen sowie einer Stärkung unserer Gruppenfunktionen und der jeweilige Standorte werden wir die Chancen unserer Wachstumsmärkte wesentlich besser nutzen, unsere Geschäftsaktivitäten skalieren und so unsere gesteckten Ziele erreichen können“, wird Konzernchef Martin Drasch zitiert. Der studierte Maschinenbauer hat dem mittelständischen Unternehmen aus Reutlingen ein ehrgeiziges Ziel vorgegeben: Gemeinsam mit dem bayerisch-schwäbischen Anlagenbauer Grob soll Manz zum „führenden europäischen Anbieter von Produktionslösungen für Lithium-Ionen-Batteriesysteme“ aufsteigen. Die Akkus gelten aufgrund ihrer hohen Energiedichte als Schlüsseltechnologie für die Elektrifizierung der Gesellschaft und des Straßenverkehrs. Es ist ein Milliardenmarkt, in den Manz im Jahr 2009 eingestiegen ist und der für das Unternehmen, aber auch für die gesamte deutsche und europäische Automobilindustrie in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen hat. Schätzungen zufolge soll sich die globale Nachfrage bis 2030 mehr als verzehnfachen. Ein Drittel des Bedarfs soll dann nach den Plänen der Bundesregierung aus deutscher und europäischer Produktion gedeckt werden.
Expertise benötigt
Noch wird das Feld allerdings von asiatischen Herstellern dominiert. Um dem etwas entgegenzusetzen und Abhängigkeiten zu verringern, bauen hiesige Autoproduzenten zunehmend auf eine eigene Batteriefertigung und investieren Unsummen in lokale Gigafabriken und die Weiterentwicklung der begehrten Technologie. Jüngst hat Volkswagen in dem Bereich auch eine Kooperation mit Bosch angekündigt, die sich aus Sicht von Stifel-Analyst Florian Pfeilschifter für Manz durchaus noch als Glücksfall erweisen könnte. „Es ist alles möglich“, schrieb der Experte jüngst in einer Studie, in der er zum Kauf der Aktie rät und auf ein Kurssteigerungspotenzial von gut 50 % kommt.
Im schlimmsten, wenn auch eher unwahrscheinlichen Fall könnte sich das Joint Venture, das Auto- und Batteriehersteller mit entsprechender Produktionstechnik ausstatten soll, künftig zu einem mächtigen Rivalen für Manz aufschwingen. Allerdings sei das Know-how von Manz dem von Bosch bislang überlegen, etwa wenn es um das Wickeln oder Stapeln der Elektroden geht. Bosch, ihrerseits weltgrößter Autozulieferer, hatte ihre Forschungen zu Lithium-Ionen- und Festkörper-Zellen Anfang 2018 wegen zu hoher Kosten eingestellt. Im August vergangenen Jahres hatte das Unternehmen dann verkündet, in das Geschäft mit Ausrüstungen für Batteriefabriken wieder einzusteigen.
Große Beteiligung denkbar
Es gebe daher durchaus Grund zur Annahme, dass das Joint Venture von Bosch und VW mit seinem voraussichtlichen Bedarf an externer Expertise und Ausstattung als neuer Kunde gegenüber Manz auftreten könnte, schreibt Pfeilschifter. Er hält dies denn auch für das wahrscheinlichste Szenario. Noch besser wäre es, wenn Manz als Minderheitsgesellschafter zu dem Projekt hinzustoßen könnte. Angesichts der Größenunterschiede sei die Wahrscheinlichkeit hier aber geringer.
Im allerbesten Fall könnten entweder das Joint Venture oder Bosch allein als neuer Ankerinvestor bei Manz einsteigen, um deren Technologien noch stärker in das neue Unternehmen zu integrieren. Das sei zwar weniger wahrscheinlich als das Neukundenszenario, doch wäre es aus Sicht von Pfeilschifter für den Maschinenbauer durchaus von Vorteil, da er die aktuelle Aktionärsstruktur mit der 20-prozentigen Beteiligung des staatlichen chinesischen Energiekonzerns Shanghai Electric, aber auch die aktuelle Besetzung im Aufsichtsrat für unpassend hält, um das künftige Geschäftsmodell des Unternehmens voranzutreiben. Andererseits könnte sich der Einstieg des kompletten Joint Ventures und somit indirekt die Beteiligung von VW bei Manz auch als problematisch erweisen, da dies die Beziehung des Maschinenbauers zu anderen Autoherstellern auf die Probe stellen könnte. Eine solche Beziehung besteht beispielsweise seit Herbst vergangenen Jahres mit BMW. Der blau-weiße Dax-Konzern hat den Maschinenbauer mit dem Aufbau einer Pilotanlage zur Herstellung von Batteriezellen in Parsdorf bei München beauftragt. Das Auftragsvolumen lag im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Nachfrage aus Europa steigt
Wie stark sich die heimische Industrie seit einiger Zeit auf das Thema Batteriefertigung stürzt, lässt sich gut an den Gesamtzahlen der Ausrüstungshersteller ablesen. Laut einer Umfrage vom Maschinenbauverband VDMA gingen zuletzt schon mehr als die Hälfte der in Deutschland produzierten Maschinen und Anlagen für die Batterieproduktion in die Bundesrepublik und nach Europa − und nicht wie noch vor ein paar Jahren nach Asien. Dorthin wurden zuletzt noch 30 % verkauft und 14 % nach Nordamerika. Für das Jahr 2021 war in dem Fachbereich ein Umsatzwachstum von gut 17 % erwartet worden. 2022 rechnen die Firmen nun mit einem Plus von einem Viertel.