Schwacher Absatz

China verhagelt Mercedes-Benz die Prognose

Die Kunden in China seien sehr vorsichtig, sagt Ola Källenius. Der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz überrascht deshalb wenig mit der gesenkten Geschäftsprognose. Aber das Ausmaß schreckt die Aktionäre auf.

China verhagelt Mercedes-Benz die Prognose

China verhagelt Mercedes-Benz die Prognose

Vorstandschef Källenius: Sehr vorsichtige Kunden – Auch Top-End-Segment enttäuscht – Autohersteller senkt Ausblick für Umsatzrendite in diesem Jahr kräftig

jh München

Der schwache Absatz in China trifft nach BWM auch Mercedes-Benz. Der Stuttgarter Autohersteller überrascht deshalb zwar nicht besonders mit der gesenkten Ergebnisprognose für dieses Jahr, das Ausmaß schreckt die Aktionäre jedoch auf. Auch die anderen Autowerte im Dax kamen am Freitag unter die Räder.

Der schwache Markt in China drückt die Profitabilität von Mercedes-Benz erheblich. Der Stuttgarter Autohersteller hat keine zwei Wochen nach dem Münchner Konkurrenten BMW seine Geschäftsprognose für dieses Jahr gesenkt. BMW hat nicht nur mit der Absatzflaute im größten Automarkt der Welt zu kämpfen, sondern auch mit Rückrufen und einer Auslieferungssperre für ein von Continental geliefertes Bremssystem. Die abermals schlechte Nachricht aus der deutschen Autoindustrie – VW erwägt die Schließung von Werken hierzulande – setzt die Aktienkurse zum Wochenschluss unter Druck: Mercedes-Benz verloren zum Xetra-Schluss 6,8%, BMW 3,3%, Porsche 2,9% und VW-Vorzüge 3,2%.

Mercedes-Benz begründet den getrübten Ausblick mit „einer weiteren Verschlechterung des makroökonomischen Umfelds, vor allem in China“. Dort seien die Kunden derzeit sehr vorsichtig, sagte der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius in einer Telefonkonferenz. Der schwächere Konsum und der Abschwung im Immobilienmarkt wirkten sich auf den gesamten Absatz aus. Das treffe auch die Verkäufe der Autos im Top-End-Segment, also der besonders teuren und profitablen.

Der Vorstand rechnet damit, dass sich der Absatzmix im zweiten Halbjahr nicht verändert. Die erwartete Verbesserung bleibt aus. Das bedeutet, dass der Absatzanteil der Fahrzeuge im obersten Segment von Mercedes-Benz bei etwa 14% bleibt, wie Källenius erläuterte. „Wir sind aber absolut von der Stärke unseres Produktportfolios überzeugt“, fügte er hinzu.

Korrektur schon im Juli

Für das Segment Mercedes-Benz Cars stellt das Unternehmen nun für dieses Jahr eine um Sondereffekte bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) von 7,5 bis 8,5% in Aussicht. Schon Ende Juli hatte das Management die erwartete Spanne von 10 bis 12% auf 10 bis 11% gesenkt. Im ersten Halbjahr erzielte die Pkw-Sparte eine Ebit-Marge von 9,6%. Die gesenkte Prognose impliziert ungefähr 6% in der zweiten Jahreshälfte.

„Bewertungssachverhalte haben voraussichtlich einen Einfluss von einem Prozentpunkt im zweiten Halbjahr“, heißt es in einer Ad-hoc-Mitteilung. Gemeint ist eine negative Wirkung. Finanzvorstand Harald Wilhelm sprach von Sonderkosten für den Bestand von Elektrofahrzeugen, der sich nicht schnell genug abbaue, und Korrekturen der Bewertungen von Forderungen. Zudem werde eine leicht negative Entwicklung der Preise erwartet. Mercedes-Benz werde voraussichtlich die Verkaufsförderung für die E-Autos verstärken, sagte Wilhelm. Für das Ebit des Konzerns lautet die Prognose nun: ein deutlicher Rückgang nach 19,7 Mrd. Euro im vergangenen Jahr. Das bedeutet ein Minus von mindestens 15%. Bisher wurde mit 5 bis 15% weniger gerechnet.

Für den freien Cashflow des Industriegeschäfts (ohne Finanzdienstleistungen) fällt die Korrektur noch deutlicher aus: von −10 bis −25% auf nun mehr als −25%. Die Annahmen für die bereinigte Ebit-Marge der Segmente Vans und Mobility (Finanzdienstleistungen) bleiben unverändert.

„Es kriselt in der Branche“

Nach Meinung mehrerer Analysten, unter anderen von Stifel und Jefferies, kommt die Warnung von Mercedes-Benz vor einem schwächeren Ergebnis nicht überraschend. Das Ausmaß sei aber negativ. Im Kommentar der Landesbank Baden-Württemberg heißt es: „Nach Volkswagen und BMW kriselt es nun auch beim dritten großen deutschen Autokonzern.“ Die Analysten von J.P. Morgan erwarten, dass Mercedes-Benz einen detaillierteren Plan vorlegen wird, um die Automobilmarge im nächsten Jahr in der Spanne von 8 bis 10% halten zu können.

Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer begründet die Misere vor allem mit einer Schwäche im chinesischen Markt für Elektroautos: „Die in Europa entwickelten E-Autos können in China nicht punkten.“ Die deutschen Hersteller müssten deshalb ihre Direktinvestitionen in Entwicklungszentren und die Produktion für Elektroautos in China auf- und ausbauen. Dudenhöffer meint, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Zulieferern und Autoproduzenten sei die einzige Möglichkeit, verlorenen Boden gutzumachen.

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