Milliarden für den Steinkohleausstieg

Bund zahlt bis zu 2,2 Mrd. Euro für Abschaltungen - Steag stark betroffen - RWE-Aktienkurs haussiert

Milliarden für den Steinkohleausstieg

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat das nun auf den Weg gebrachte Gesetz zum Kohleausstieg als “Durchbruch” für deutlich mehr Klimaschutz in Deutschland bezeichnet. Den Energiekonzernen spült das Regelwerk Milliardenentschädigungen in die Kasse. Für die Steinkohle sind es 2,2 Mrd. Euro.cru Frankfurt – Das vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Kohleausstiegsgesetz verursacht Kosten für Subventionen von insgesamt mehr als 50 Mrd. Euro – davon mehr als 6 Mrd. Euro für Entschädigungen der Energiekonzerne. Allein für das vorzeitige Abschalten von Steinkohlekraftwerken, die schneller vom Netz gehen werden als die Braunkohlekraftwerke, ermöglichen die Regeln Ausgleichszahlungen von insgesamt bis zu 2,2 Mrd. Euro. Diese Summe basiert auf der Annahme maximaler Zahlungen, der genaue Betrag hängt vom Ausgang künftiger Auktionen ab.Die Steinkohlekraftwerksbetreiber können sich darauf bewerben, gegen Entschädigung abzuschalten. Wer früh vom Netz geht, kann mehr bekommen – im Jahr 2020 maximal 165 000 Euro pro Megawatt, dann jedes Jahr weniger und 2026 nur noch 49 000 Euro, danach gibt es nichts mehr. Das Ziel ist, möglichst viele Treibhausgase für möglichst wenig Entschädigung einzusparen. Die Versorgung mit Strom und Wärme muss dabei gesichert bleiben.Wer ein Kraftwerk mit Wärmeproduktion freiwillig von Kohle auf Gas umstellt, kann einen Kohleersatzbonus bekommen. Erst ab 2027 wird über Ordnungsrecht und ohne Entschädigung abgeschaltet.Investoren feiern das Milliardengeschenk für die Energiekonzerne. Der Kurs der RWE-Aktie kletterte mit einem Plus von zeitweise 1,2 % auf 32,02 Euro – der höchste Stand seit September 2014. Damit hat sich der Börsenwert des Konzerns in zwei Jahren verdoppelt auf 18 Mrd. Euro. Uniper-Kurs fälltNoch stärker vom Steinkohleausstieg betroffen ist der nicht an der Börse notierte kommunale Ruhrgebietskonzern Steag aus Essen, der mit 5 Gigawatt Kapazität der größte Steinkohleverstromer in Deutschland ist. Ebenfalls betroffen sind unter anderem Uniper, EnBW und – in geringerem Maß – die Oldenburger EWE. Der Uniper-Kurs büßte zeitweise 0,3 % auf 29,72 Euro ein.Von den verbliebenen 20 Gigawatt Steinkohlekraftwerkskapazität in Deutschland soll ein Viertel bis Ende 2022 vom Netz gehen – zum selben Zeitpunkt, wenn auch die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Für die Abschaltung von einem Viertel der verbliebenen 20 Gigawatt Braunkohlekapazität ebenfalls bis Ende 2022 hatte die Bundesregierung bereits mehr als 4,3 Mrd. Euro Entschädigung für die Betreiber zugesagt – rund 2,6 Mrd. Euro für den RWE-Konzern, der seine Braunkohleausstiegskosten allerdings auf 3,5 Mrd. Euro bezifferte, und 1,75 Mrd. Euro für die ostdeutsche Leag, die Tochter der tschechischen EPH des Finanzoligarchen Daniel Kretinsky. Zu den Braunkohlekraftwerken gehören auch Tagebaue, deswegen wären Ausschreibungen wie für die Steinkohle zu kompliziert. Es gibt stattdessen einen festen Abschaltpfad von 2020 bis 2038. Los geht es in Nordrhein-Westfalen, Ostdeutschland ist später dran. Mit dem Abschaltplan sind Klimaschützer unzufrieden, weil die Kraftwerke ihrer Ansicht nach zu spät vom Netz gehen. Insgesamt gibt es rund 100 Kohlekraftwerke in Deutschland. 4,8 Mrd. Euro für FrühpensionAuch die Kosten für Frühverrentungen werden den Unternehmen abgenommen: Wer 58 Jahre oder älter ist und seinen Arbeitsplatz im Braun- oder Steinkohlebereich durch den Kohleausstieg verliert, kann für die Zeit bis zur Rente für höchstens fünf Jahre ein Anpassungsgeld beantragen. Auch Abstriche bei der Rente werden ausgeglichen. Der Bund rechnet dafür mit Kosten von höchstens 4,8 Mrd. Euro zwischen 2020 und 2043.Es hat wegen des ein Jahr anhaltenden Streits zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der vier vom Kohleausstieg betroffenen Bundesländer sowie Umweltgruppen und der grünen Opposition länger gedauert als geplant, aber jetzt steht das Kohleausstiegsgesetz – jedenfalls als Entwurf, den das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin verabschiedet hat und der der Börsen-Zeitung vorliegt.Jetzt ist der Bundestag an der Reihe. Bis Mitte des Jahres 2020 soll alles in trockenen Tüchern sein, damit dann auch das Gesetz zu den Hilfen über insgesamt 40 Mrd. Euro für die Kohleregionen in Kraft treten kann, und es ist nun vorgegeben, wie der Kohleausstieg bis 2038 abläuft.