RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: DANIEL WIEDMANN

Ministererlaubnis könnte Thema der Kartellrechtsnovelle werden

Abschaffung denkbar - Selbstbewusste Entscheidung des OLG Düsseldorf

Ministererlaubnis könnte Thema der Kartellrechtsnovelle werden

– Herr Wiedmann, das OLG Düsseldorf hat die Ministererlaubnis im Fall Edeka/Kaiser’s Tengelmann gestoppt. Die Erlaubnis erweise sich schon nach vorläufiger Prüfung im Eilverfahren als rechtswidrig. Was sind die zentralen Bedenken des Gerichts?Das OLG hat die Ministererlaubnis zunächst außer Kraft gesetzt und mit deutlichen Worten kritisiert. Insbesondere habe sich Minister Gabriel durch “Geheimgespräche” mit Edeka und Kaiser’s Tengelmann der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt. Die Beurteilung wäre aber auch nicht anders ausgefallen, wenn der Minister nicht diesem Vorwurf ausgesetzt worden wäre. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf erweist sich die Erlaubnis auch unter weiteren Gesichtspunkten als rechtswidrig.- Ist es denn nicht selbstverständlich, dass ein Minister Gespräche mit den Parteien führt, um sich selbst ein Bild von dem Fall zu machen?Ja, aber dazu gehört eine transparente Verfahrensführung. Der Minister ist in dem Erlaubnisverfahren als Kartellbehörde tätig und daher an verfahrensrechtliche Grundsätze gebunden. Die vom OLG gerügten Geheimgespräche fanden in einer entscheidenden Phase des Verfahrens statt. Die übrigen Verfahrensbeteiligten hätten hierüber zumindest informiert werden müssen, um anschließend Stellung nehmen zu können. Nach Ansicht des OLG ist es nicht ausgeschlossen, dass dieser Verfahrensfehler die Entscheidung beeinflusst hat. Das Gegenteil konnte von dem Ministerium nicht bewiesen werden, da keine Aktenvermerke über den Inhalt der Gespräche existieren oder zumindest dem OLG nicht vorgelegt wurden.- Das Gericht hat zudem Begründungsmängel in der Ministererlaubnis moniert. Worauf richtet sich diese Kritik?Eine Ministererlaubnis zu einer vom Bundeskartellamt untersagten Übernahme darf nur erteilt werden, wenn Gemeinwohlbelange dies rechtfertigen. Der Bundeswirtschaftsminister hat die Erlaubnis mit dem Erhalt von kollektiven Arbeitnehmerrechten und Arbeitsplätzen begründet. Diese Gemeinwohlbelange sollen dadurch abgesichert werden, dass die Erlaubnis nur unter bestimmten Bedingungen erteilt wird. Kurz zusammengefasst sollte die Ministererlaubnis den Personalbestand bei Kaiser’s Tengelmann für fünf Jahre und die dort vorhandenen Tarifstrukturen bis 2022 sichern. Nach Ansicht des OLG sind Mitbestimmung und Tarifbindung aber kein berücksichtigungsfähiger Gemeinwohlbelang. Verfassungsrechtlich ist nämlich das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, gleichrangig mit dem Recht, einer solchen Organisation fernzubleiben. Der Erhalt kollektiver Arbeitnehmerrechte kann daher nicht die Erlaubnis einer wettbewerbsschädlichen Übernahme rechtfertigen. Hingegen kann die Arbeitsplatzsicherung ein solcher Gemeinwohlbelang sein. Die Erlaubnis sichert allerdings nur die Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann und nicht Arbeitsplätze bei Edeka. Edeka hatte in dem Verfahren argumentiert, dass ein erheblicher Personalabbau kaufmännisch notwendig sei. Daher sei nicht auszuschließen, dass Edeka den Stellenabbau bei sich selbst vornehmen wird. Zudem lassen die Bedingungen auch einen Arbeitsplatzabbau bei Tengelmann mit Zustimmung der Gewerkschaften zu.- Wie geht es nun weiter?Es ist nicht zu erwarten, dass das OLG Düsseldorf in der Hauptsache anders entscheiden wird. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof könnte länger dauern, als Edeka und Tengelmann abzuwarten gewillt sind. Die Ministererlaubnis selbst steht zunehmend in der Kritik und könnte Gegenstand der anstehenden Kartellrechtsnovelle werden. Die Vorschläge reichen hier von einer Präzisierung der Gemeinwohlbelange, Mitwirkungsrechten des Bundestags bis hin zu einer kompletten Abschaffung.- Was können Unternehmen aus der Gerichtsentscheidung für künftige Fusionsvorhaben mitnehmen?Das OLG Düsseldorf hat von seinem Beurteilungsspielraum sehr selbstbewusst Gebrauch gemacht. Die Ministererlaubnis unterliegt trotz ihres politischen Charakters engen rechtlichen Voraussetzungen. Als Ausnahme zum Primat der Fusionskontrolle wirkt sie daher nur sehr begrenzt. Das ist ordnungspolitisch auch gut so.—-Daniel Wiedmann ist Rechtsanwalt und Counsel bei P + P Pöllath + Partners in Frankfurt. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.