Tech-Milliardär

Musk will Twitter an Wechat und Tiktok anlehnen

Twitter soll im Falle einer Übernahme durch Elon Musk umgekrempelt werden und weitaus mehr Nutzer erreichen. In einer Videokonferenz mit Mitarbeitern des Online-Dienstes sagte der Tech-Milliardär, Twitter müsse mehr Funktionalität bieten und...

Musk will Twitter an Wechat und Tiktok anlehnen

dpa-afx San Francisco

Twitter soll im Falle einer Übernahme durch Elon Musk umgekrempelt werden und weitaus mehr Nutzer erreichen. In einer Videokonferenz mit Mitarbeitern des Online-Dienstes sagte der Tech-Milliardär, Twitter müsse mehr Funktionalität bieten und unterhaltsamer sein − und nannte die chinesischen Apps Wechat und Tiktok als Vorbilder. So könne der US-Kurznachrichtendienst auf eine Milliarde Nutzer kommen. Die Twitter-Belegschaft wurde zudem auf mögliche Jobkürzungen vorbereitet.

Musk, der nur als Nutzer Erfahrung mit Online-Netzwerken hat, will Twitter auch persönlich seinen Stempel aufdrücken. Er gehe davon aus, dass die Mitarbeiter auf seine Vorschläge zu Funktionen hören werden, sagte er.

Produktideen

Unter den Produktideen, die Musk dabei nannte, war zum Beispiel, für die heute kostenlose Verifizierung der Nutzer Geld zu verlangen. Auch bekräftigte er die Absicht, gegen automatisierte Bot-Accounts anzukämpfen. Musk erzählte auch, wie er einst ein schlechtes Produkt auf Grundlage von Werbung dafür auf der Videoplattform Youtube gekauft und bei einer Websuche festgestellt habe, dass es sich um einen Betrug gehandelt habe. So etwas wolle er bei Twitter verhindern, sagte Musk.

Wechat ist eine sogenannte Super-App, die alle möglichen Funktionen von Messaging bis hin zu Einkaufs- und Bezahlmöglichkeiten beinhaltet. Versuche, eine solche Universal-Anwendung im Westen zu etablieren, schlugen bisher fehl. Bei Tiktok bekommen die Nutzer ein kurzes Video nach dem anderen vorgeschlagen. Musk lobte Tiktok dafür, dass die für Nutzer herausgesuchten Clips unterhaltsam seien.

Die Marke von einer Milliarde Nutzern war für Twitter stets weit außer Reichweite. Nach jüngsten Zahlen waren es rund 230 Millionen täglich aktive Nutzer, denen der Dienst Werbung anzeigen kann, weil sie auf die hauseigene App oder die Web-Version zurückgreifen.

Frühere Kritik Musks, Twitter schränke die Redefreiheit zu stark ein, hatte auch Sorgen ausgelöst, dass unter seiner Regie mehr Tweets mit Falschinformationen oder Beleidigungen auf der Plattform bleiben könnten. Nun räumte er zwar ein, dass Nutzer Twitter verlassen würden, wenn sie angegriffen würden oder sich unwohl fühlten. Doch sie sollten auch „ziemlich empörende“ Dinge veröffentlichen dürfen. Twitter könne aber die Verbreitung solcher Tweets drosseln.

Krypto-Investor klagt

Bei Musks Raumfahrtfirma SpaceX bekamen Mitarbeiter hingegen gerade die Grenzen der internen Redefreiheit zu spüren. Sie hatten in US-Medien einen offenen Brief in Umlauf gebracht, in dem sie sein Verhalten unter anderem auf der Twitter-Plattform als peinlich und eine Ablenkung für das Unternehmen kritisierten.

Mehrere Initiatoren des Briefs wurden entlassen, wie die „New York Times“ unter Berufung auf eine interne E-Mail berichtete.

Dank Musks Online-Aktivitäten gerieten SpaceX und Tesla zudem ins Visier einer Anlegerklage. Ein US-Investor zog wegen erlittener Verluste mit dem Krypto-Spekulationsobjekt Dogecoin vor Gericht. Er wirft Musk und seinen Firmen vor, Teil eines Schneeballsystems zu sein, das den Dogecoin-Preis hochgetrieben und dann abstürzen lassen habe. Johnson strebt eine Sammelklage für alle an, die Geld mit Dogecoins verzockt haben.

Der Kläger beschuldigt Musk, Dogecoin als legitimes Investment dargestellt zu haben, obwohl es keinen Wert habe. Er will, dass Musk und seine Firmen für das Dreifache aller angeblichen Wertverluste aufkommen, die Dogecoin-Besitzer seit 2019 erlitten haben, und beziffert die Summe auf 258 Mrd. Dollar. Doge­coin ist eine Digitalwährung, die eigentlich als Witz gedacht war. Angetrieben von Promis wie Musk, wurde sie 2021 zu einem heißen Spekulationsobjekt und markierte ein Rekordhoch bei 74 Cent. Zuletzt kostete sie nur noch rund 5 Cent.

Mit Blick auf einen möglichen Stellenabbau bei Twitter sagte Musk, der Dienst müsse finanziell gesund sein. Im Moment lägen die Kosten aber über den Erlösen. Wer einen bedeutenden Beitrag leiste, habe nichts zu befürchten. Wertvolle Mitarbeiter kämen laut Musk auch eher infrage dafür, weiter von Zuhause aus arbeiten zu dürfen. Der Konzern hatte den Mitarbeitern zuvor zugesagt, dass sie auch nach dem Ende der Pandemie nicht zurück in die Büros gezwungen würden. Doch Musk schrieb gerade erst bei SpaceX und Tesla eine allgemeine Präsenzpflicht vor.