RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: THORSTEN WALTHER

Müssen Mitarbeiter in den Ferien erreichbar sein?

Gesetzlicher Mindesturlaub von vier Wochen bleibt in jedem Fall arbeitsfrei

Müssen Mitarbeiter in den Ferien erreichbar sein?

– Urlaubsantrag genehmigt und der Angestellte ist weg. Herr Walther, wie sieht es mit der Erreichbarkeit im Urlaub aus? Darf ein Unternehmer seinen Angestellten anrufen?Wenn es um die schönsten Tage im Jahr geht, steht das Gesetz auf der Seite der Arbeitnehmer. So heißt es im Bundesurlaubsgesetz, dass der zustehende gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen in jedem Fall arbeitsfrei bleiben muss. Für Arbeitnehmer heißt das, dass das Dienst-Handy im Urlaub ausgeschaltet bleiben kann. Wer kein Dienst-Handy besitzt, muss auch nicht sagen, wie und wo er erreichbar ist.- Und was ist mit E-Mails oder Kurznachrichten?Urlaub ist Urlaub – ein Mitarbeiter darf Mails wie auch SMS im Urlaub ignorieren.- Und wie ist das bei Führungskräften? Kann ein Unternehmen von ihnen etwas mehr erwarten?Weil eine Führungskraft ein höheres Gehalt bekommt? Leider nein. Denn der Urlaub dient der Erholung. Wenn man aber ständig damit rechnet, kontaktiert zu werden, dann kann sich keinerlei Erholung einstellen. Doch stellt sich aber inzwischen auch der umgekehrte Fall ein: Viele Führungskräfte denken, dass es ohne sie nicht geht, und bieten daher an, dass sie im Urlaub in dringenden Fällen erreichbar sind.- Und wenn es im Vertrag der Führungskraft anders geregelt ist?Solche Klauseln im Vertrag sind unzulässig. Allerdings gelten diese Regeln nur für den gesetzlichen Mindesturlaub – das sind 24 Tage. Für alle weiteren vertraglich gewährten Urlaubstage kann der Arbeitgeber von seinen Angestellten verlangen, dass sie erreichbar sind. Um Streit zu vermeiden, ist es am besten, vorab gemeinsam zu klären, ob es sich um Tage aus dem Kontingent des gesetzlichen Mindesturlaubs handelt oder um vertraglich vereinbarte Ferientage.- Wenn der Mitarbeiter auf Wunsch des Chefs im Urlaub doch arbeitet, kriegt er das dann bezahlt? Oder kann er den Urlaub nachholen?Wie alles im Leben ist das natürlich Verhandlungssache. Steht ein wichtiges Projekt an und ist schon im Voraus klar, dass es möglicherweise zu “Arbeit im Urlaub” kommen wird, dann sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer das im Voraus miteinander klären. Grundsätzlich ist es so, wenn der Arbeitnehmer in der Zeit des genehmigten Urlaubs im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber arbeitet, verbraucht er keinen Urlaub. Die geleistete Arbeit ist selbstverständlich zu vergüten. Der Urlaub wurde dann einvernehmlich nicht genommen und bleibt bestehen.- Was, wenn sich die Auftragslage im Betrieb grundlegend ändert oder mehrere Mitarbeiter gleichzeitig erkranken?In einem solchen Fall kann der Unternehmer seinen Mitarbeiter dazu verpflichten, seinen Urlaub zu verlegen. Wenn es sein muss, auch per einstweiliger Verfügung. Stimmt der Mitarbeiter zu, kann er den Chef um die Erstattung bereits entstandener Reise- oder Stornierungskosten bitten. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Übernahme der Kosten gibt es aber nicht. Zahlen muss der Chef nur dann, wenn er seinen Mitarbeiter wegen eines Notfalls aus dem Urlaub zurückbeordert. Allerdings nur für den Mitarbeiter, nicht für mögliche Begleitpersonen. Und: Ein kranker Kollege ist kein Grund, da muss der Betrieb schon vor Problemen stehen, die seine Existenz bedrohen.- Darf ein Arbeitgeber eine einmal gemachte Urlaubszusage zurückziehen?Nein. Ist ein Urlaub genehmigt, dann gilt das. Schließlich brauchen die Mitarbeiter ihre Erholung.- Kann der Arbeitnehmer den Urlaub verschieben, wenn sein Wunschhotel oder der Flug etwas später deutlich günstiger ist?Nochmals nein. Auch Arbeitnehmer sind an bereits gemachte Vereinbarungen gebunden, denn der Unternehmer braucht Planungssicherheit. Möchte der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber bereits genehmigte Ferientage streichen oder verlegen, müssen sie eine gemeinsame Vereinbarung treffen.—-Thorsten Walther ist Rechtsanwalt bei Ecovis. Die Fragen stellte Walther Becker.