Mutares nutzt Geschäftsbelebung für mehr Firmenkäufe
Von Joachim Herr, München
Bisher 16 Transaktionen in diesem Jahr stehen in der Zwischenbilanz der börsennotierten Münchner Beteiligungsgesellschaft Mutares. Das ist eine mehr als im gesamten vergangenen Jahr. „Wir wollen noch zwei bis drei Deals in diesem Jahr auf der Kaufseite machen“, berichtet Johannes Laumann, der im Vorstand als Chief Investment Officer für M&A zuständig ist, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Dass sich das Geschäft belebt hat, begründet er mit den Folgen der Coronapandemie. „Im Lockdown hatten Unternehmen andere Prioritäten“, sagt Laumann. „Entscheidungen für Carve-outs kommen jetzt.“ Ausgegliederte sanierungsbedürftige Randgeschäfte von Konzernen zu übernehmen, ist die Spezialität von Mutares. Auf diesem Feld konkurriert das Unternehmen unter anderem mit Aurelius, ebenfalls in München beheimatet. „Strategische Investoren wollen sich dagegen nicht Restrukturierungsfälle ans Bein binden“, betont Laumann.
Für diese kommt ein Kauf in der Regel erst in Frage, wenn Unternehmen wie Mutares ihre Arbeit gemacht haben. Bald nach dem Abschluss einer Übernahme folge die Kontaktaufnahme zum potenziellen Käufer, erläutert Laumann das Vorgehen: „Man muss eine klare Sicht haben und überlegen, an wen verkaufe ich die Firma in drei bis vier Jahren.“
Symbolischer Preis
Typischerweise übernimmt Mutares die verlustträchtigen Unternehmen für den Symbolpreis von 1 Euro und einer Mitgift vom Verkäufer in der Kasse. Im Kaufvertrag verpflichtet sich die Beteiligungsgesellschaft zu Investitionen und erwirbt eventuell passende Unternehmen, für die häufig ein Kaufpreis bezahlt werde, wie Laumann berichtet.
Da die Anfangs- oder sogenannte Plattformakquisition unter dem Buchwert erworben wird, kann der negative Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung (Bargain Purchase) ertragswirksam aufgelöst werden. Das schlägt sich positiv in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) nieder. Laumann betont, Maßstab für den Erfolg von Mutares sei die GuV der Holding, in der diese Erträge nicht berücksichtigt würden.
Ziele für die Holding sind, im Jahr 2023 einen Umsatz von 200 Mill. Euro und einen Nettogewinn von 100 Mill. Euro zu erreichen. Für dieses Jahr wird ein Überschuss von 43 Mill. bis 53 (i.V. 33) Mill. Euro angestrebt. Für die Umsätze der Holding mit 150 Mitarbeitern gibt es drei Quellen: die Vergütung der Mutares-Berater, die in die erworbenen Unternehmen entsandt werden, Dividenden und die Erlöse für den Verkauf der Beteiligungen. Für die Gruppe mit derzeit 19 Beteiligungen wird in diesem Jahr ein Umsatz von mehr als 2,4 (1,6) Mrd. Euro erwartet. Mutares ist in drei Segmenten aktiv: Auto- und Nutzfahrzeugzulieferer, Bauwesen und Stahlbau sowie Produkte und Dienstleistungen für Kunden verschiedener Branchen.
Regional konzentriert sich das Unternehmen auf Europa mit derzeit acht Büros in sieben Ländern. Im November komme Amsterdam hinzu, im nächsten oder übernächsten Jahr Helsinki und Warschau, kündigt Laumann an. Für die Expansion verwende Mutares einen Teil des Erlöses von brutto 100 Mill. Euro, den vor kurzem eine Kapitalerhöhung eingebracht hat. 80% davon würden für die demnächst erworbenen Unternehmen ausgegeben. „Aktuell schauen wir uns 65 Unternehmen in Europa mit einem gesamten Jahresumsatz von 9 Mrd. Euro an“, berichtet der Investmentvorstand.
Jetzt im Prime Standard
Am vergangenen Mittwoch wechselte Mutares an der Frankfurter Börse vom Scale-Segment im Freiverkehr in den Prime Standard. Laumann nennt dafür drei Gründe: Erstens investierten angelsächsische Investoren nicht in den unregulierten Markt, zweitens wolle Mutares „noch transparenter“ werden, da dies auch ein Kriterium für die Verkäufer von Unternehmen sei und drittens sei somit die Chance größer, die Marktkapitalisierung von inzwischen einer halben Mrd. Euro weiter zu erhöhen. Seit Beginn dieses Jahres legte der Aktienkurs um mehr als die Hälfte zu. Laumann erklärt den Anstieg so: „Wir haben einfach geliefert.“ Mutares wachse, mache Gewinn und bleibe dividendenfreundlich.