Nachfrageboom gibt Daimler Truck viel Schub
jh München
Der Vorstand von Daimler Truck erkennt keine Anzeichen für eine Abschwächung der Branchenkonjunktur. Konzernchef Martin Daum deutete in einer Telefonkonferenz mit Journalisten an, auch mit einem starken nächsten Jahr für Lkw zu rechnen: „Die Nachfrage wird weiterhin das Angebot übersteigen.“ Ohne fehlende Bauteile hätte das Unternehmen im vergangenen und in diesem Jahr jeweils mehr als 50000 Lkw zusätzlich in Nordamerika und Europa verkaufen können, berichtete Daum. Für dieses Jahr peilt Daimler Truck einen Absatz von 500000 bis 520000 (i.V. 455400) Lkw und Bussen an. In den ersten sechs Monaten wurde noch nicht ganz die Hälfte erreicht (siehe Tabelle).
Während der Absatz im zweiten Quartal um 4% zulegte, nahm der Konzernumsatz um 18% auf 12,1 Mrd. Euro zu und das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Industriegeschäft (Lkw und Busse) um 16% auf 940 Mill. Euro. Das ergibt eine Marge von 8,0 (8,1)%. Ziel für das gesamte Jahr ist weiterhin eine Umsatzrendite von 7 bis 9%.
Den Ergebnisanstieg begründete Finanzvorstand Jochen Goetz außer mit dem gestiegenen Lkw-Absatz mit höheren Preisen und einem stärkeren Servicegeschäft (Aftersales). Diese Effekte hätten sich auf 915 Mill. Euro addiert. Enthalten darin ist aber auch ein Buchungseffekt von 160 Mill. Euro im Zusammenhang mit einem Lizenzvertrag mit dem chinesischen Joint Venture Beijing Foto Daimler Automotive (BFDA). Das kam dem Segment Mercedes-Benz Lkw zugute, dessen Marge auch deshalb deutlich stieg (siehe Grafik). Zudem profitierte das gesamte Industriegeschäft von positiven Währungseffekten (124 Mill. Euro), vor allem wegen des starken Dollar.
Die zusätzlichen Belastungen von 620 Mill. Euro im Vergleich mit dem zweiten Quartal des Vorjahres erklärte Goetz zum großen Teil mit höheren Preisen für Rohmaterial.
Lkw warten auf Abholer
Das (unbereinigte) Konzern-Ebit ging im ersten Halbjahr deutlich zurück. Grund dafür ist ein Sonderertrag von 1,2 Mrd. Euro im Vorjahr, der mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens für Brennstoffzellen mit Volvo entstand. Bereinigt um Sondereffekte stieg das Ebit in den ersten sechs Monaten auf 1,66 (1,47) Mrd. Euro.
Auffällig ist der Mittelabfluss von Daimler Truck: Im zweiten Quartal betrug der freie Cashflow −756 (+500) Mill. Euro. Der Finanzvorstand begründete diese Entwicklung mit dem hohen Lagerbestand wegen der Engpässe in der Lieferkette. Ein Viertel seien unfertige Lkw, drei Viertel fertige Fahrzeuge, die wegen mangelnder Transportkapazitäten am Ende des zweiten Quartals nicht hätten ausgeliefert werden können. Das liege vor allem an fehlenden Fahrern der Kunden. Er erwarte aber, dass es in dieser Jahreshälfte genügend Kapazitäten gebe. Zu wenig Wasser im Rhein sei ein kleineres Problem für den Transport der Lkw des Unternehmens. Der Vorstand erwartet zudem, dass sich die Versorgung mit Halbleitern verbessert.
Das Geschäft in Asien litt nach den Worten von Goetz stark unter dem von den Lockdowns getroffenen chinesischen Markt. Das lag auch an vorgezogenen Käufen, da seit 2021 in China eine neue Abgasnorm gilt. Der Absatz sank dort im ersten Halbjahr 2022 um mehr als zwei Drittel, der Ergebnisbeitrag des Joint Ventures BFDA war mit –25 Mill. Euro negativ. Für das gesamte Jahr senkte der Vorstand das Margenziel für Lkw Asien von 3 bis 5 auf 1 bis 3%. Für die anderen Industriesparten gelten die bisherigen Ziele (siehe Grafik). Mercedes-Benz Lkw erwarte er nun aber eher in der oberen Hälfte der Spanne, sagte Goetz. Die Busse rutschten von April bis Juni mit einem Ebit von –10 Mill. Euro in die Verlustzone. Das Geschäft mit Reisebussen leide immer noch an den Folgen der Pandemie.
Vom Erdgas zum Öl
Für die Finanzdienstleistungen erhöhte Daimler Truck unter anderem wegen positiver Währungseffekte die Prognose: In Aussicht gestellt wird nun eine bereinigte Eigenkapitalrendite von 9 bis 11% nach bisher 5 bis 7%. Da dies die gesenkte Prognose für Asien ausgleiche, blieben die Ziele für den Konzern unverändert, berichtete der Finanzvorstand.
Auf die Frage nach dem Thema Erdgas antwortete Daum, in Deutschland mache dieser Energieträger etwa die Hälfte des Verbrauchs des Unternehmens aus. Für die Umstellung zum Heizen mit Öl habe Daimler Truck schon im Mai angefragt, erwarte die Betriebsgenehmigung von Behörden aber erst Ende September. Wenn alles so lang dauere, werde es schwierig, sagte Daum.
Wertberichtigt Seite 8
Daimler Truck | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Absatz (Einheiten) | 230247 | 218209 |
Umsatz | 22 655 | 19 258 |
Industriegeschäft | 21 948 | 18707 |
Finanzdienst- leistungen | 13840 | 13551 |
Ebit | 1 535 | 2566 |
Konzernergebnis | 1221 | 2 051 |
Ergebnis je Aktie ( Euro) | 1,43 | 2,47 |
Freier Cashflow1 | −683 | 1431 |
Nettoliquidität1 | 5 460 | 6 0242 |
Beschäftigte (Anzahl) | 103386 | 998492 |
1) Industriegeschäft; 2) am 31.12. Börsen-Zeitung |