Wework-Krise

Nächster harter Nackenschlag für Start-up-Finanzierer

Bei Wework steht die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs in Zweifel. Die Krise stellt indes nur ein extremes Beispiel für eine massive Wertvernichtung bei Venture-Investments dar. Dies trübt die Stimmung für neue Deals.

Nächster harter Nackenschlag für Start-up-Finanzierer

Harte Nackenschläge für Start-up-Finanzierer

Krise um Bürovermieter Wework verdeutlicht extreme Wertvernichtung bei Venture-Investments – Stimmung für neue Deals fällt trüb aus

xaw New York

Die Krise bei Wework droht sich für die einstigen Venture-Investoren des Unternehmens zum teuren Desaster auszuwachsen. Zählte der Bürovermieter mit einer Bewertung von 47 Mrd. Dollar einst zu den wertvollsten Start-ups der Welt, ist seine Aktie seit dem Börsengang 2021 um 98% eingebrochen. Die Marktkapitalisierung liegt Stand Montag bei 434 Mill. Dollar, in der vergangenen Woche rutschte sie sogar noch unter die Marke von 400 Mill. Dollar ab.

Wework vermeldete angesichts der niedrigen Nachfrage am Gewerbeimmobilienmarkt zuletzt schwerere Verluste als erwartet, der Cash Burn des Unternehmens fällt massiv aus – zuletzt vermeldete das Management substanzielle Zweifel daran, den Geschäftsbetrieb fortsetzen zu können. Die Nachricht, dass der Bürovermieter mehrere Insolvenz- und Restrukturierungsexperten in seinen Verwaltungsrat berufen hat, verstärkte die Verunsicherung der Anleger zuletzt noch.

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Wework sammelte in den vergangenen Jahren Milliarden von Firmen wie dem Technologieinvestor Softbank ein. Schon Jahre vor dem Börsengang hatten der unkonventionelle Managementstil des 2019 geschassten CEO Adam Neumann und zahlreiche Interessenkonflikte Zweifel an den Aussichten des Unternehmens geweckt. Das Initial Public Offering musste Wework schließlich mittels Fusion mit einer Special Purpose Acquisition Company zu einer massiv reduzierten Bewertung von 9 Mrd. Dollar abschließen. Der Niedergang der Firma, für die der Stellenabbau im Tech-Sektor und der geringere Bedarf an Co-Working-Spaces zur schweren Belastung wurden, ist indes nur eine extreme Ausprägung des Wertverfalls im Start-up- und Venture-Segment.

Start-ups tun sich bei Finanzierungen schwer

Denn dem Entwicklungsdrang der Technologieriesen auf Feldern wie künstlicher Intelligenz, der Microsoft zu insgesamt wohl 13 Mrd. Dollar schweren Investitionen in die mit bis 29 Mrd. Dollar bewertete Technologieschmiede OpenAI veranlasst hat, stehen zahlreiche Negativbeispiele gegenüber. So sammelte der Online-Bezahldienst Stripe im März zwar 6,5 Mrd. Dollar von Investoren wie der Venture-Firma Andreessen Horowitz, der Investmentbank Goldman Sachs und Singapurs Staatsfonds Temasek ein. Dabei kam das Unternehmen aber lediglich noch auf eine Bewertung von 50 Mrd. Dollar.

Noch 2021 war Stripe auf dem Papier 95 Mrd. Dollar wert, reduzierte die interne Einstufung angesichts der restriktiven Geldpolitik und des Abschwungs von Technologiewerten bis Januar des laufenden Jahres aber schon auf 63 Mrd. Dollar. Die im Frühjahr durchgezogene Finanzierungsrunde benötigte Stripe nach eigenen Angaben nicht für den laufenden Betrieb. Ziel des Unternehmens war es vielmehr, sich Spielraum für die Zahlung von Steuern und Gebühren in Zusammenhang mit Zuteilungen von Mitarbeiteraktien zu beschaffen, die bis 2024 fällig werden.

Stripes Gründer Patrick und John Collison betonten zwar, Investoren räumten der Rekordbewertung aus dem Jahr 2021 zu großes Gewicht ein. Analysten sahen in der jüngsten Transaktion aber ein klares Signal für Spätphasenfinanzierungen von Start-ups. Denn die Stimmung im Segment hänge logischerweise stärker an den Aussichten auf lukrative Exits als das Klima für Frühphasen-Investitionen, wie auch die Beratungsgesellschaft EY betont.

Fehlschläge wirken nach

Gerade bei großen Deals herrscht Zurückhaltung. Zwar ist die Zahl der US-Finanzierungen im Umfang von mehr als 100 Mill. Dollar im zweiten Quartal gemäß Berechnungen von EY zwischen April und Juni auf 60 gestiegen, im ersten Jahresviertel waren es noch 50 Deals. Doch die Volumina rutschen weiter ab. Nachdem Venture-Investoren zwischen Januar und März 26 Mrd. Dollar in Mega-Runden steckten, summierte sich der Wert im zweiten Quartal auf 11,5 Mrd. Dollar.

Neben der allgemein knappen Liquidität macht sich wohl auch bemerkbar, dass den Geldgebern Fehlschläge mit besonders hoffnungsvoll begleiteten Großinvestitionen nachhängen. So sandte die Insolvenz der Kryptobörse FTX 2022 Schockwellen durch die Szene. Der Hedgefonds Tiger Global, Softbank und Temasek verbrannten sich mit ihren Investitionen in die Plattform die Finger. Der singapurische Staatsfonds korrigierte den Wert einer 275 Mill. Dollar schweren FTX-Beteiligung im November auf null.

Wework machte Restrukturierungsdeal

Die Wework-Krise ist nun der nächste Nackenschlag. Im März handelte das Unternehmen mit Softbank und großen Wall-Street-Gläubigern noch einen Restrukturierungsdeal aus. In dessen Zuge tauschte Softbank Kredite im Volumen von rund 1,6 Mrd. Dollar gegen eine Mischung aus neuen Darlehen und einer Eigenkapitalbeteiligung ein. Die Transaktion reduzierte die Schuldenbelastung von Wework um 1,5 Mrd. Dollar. Zudem stellte der Immobilieninvestor One Hochzinskredite über 500 Mill. Dollar zur Verfügung.

Im Frühjahr betonte das Wework-Management, die neuen Mittel verschafften dem Unternehmen üppigen Liquiditätsspielraum und reichten aus, um den Geschäftsplan vollumfänglich zu finanzieren. Nur fünf Monate später steht der Umschwung aber erheblich im Zweifel. Nicht nur die Aktie brach zuletzt ein, auch die 2025 fälligen Anleihen von Wework mit 7,875% Kuponverzinsung handelten zuletzt zu lediglich 5,1 Cent auf den Dollar.

Angesichts solcher Entwicklungen stehen Start-ups vor der Frage, wann die psychologischen Wunden bei den Geldgebern ausreichend verheilt sind. EY geht davon aus, dass zunächst einmal der IPO-Markt auftauen muss – trotz vereinzelter starker US-Debüts in den vergangenen Monaten rechnen Analysten erst im kommenden Jahr wieder mit breiterer Aktivität.

So lange sind andere Finanzierungsformen gefragt: Seit Herbst 2022 etwa nahmen zahlreiche junge US-Firmen trotz gestiegener Zinsniveaus lieber Kredite auf, um den Liquiditätsbedarf zu decken, statt neue Funding-Runden anzustreben und ihre Bewertungen weiter erodieren zu lassen. Ein großer Teil der Darlehen ist allerdings mit variablen Zinssätzen versehen. Angesichts der restriktiven Geldpolitik müssen die Start-ups also höhere Ratenzahlungen leisten. Dies raubt ihnen Wachstumskapital und sorgt laut Analysten für noch höheren Finanzierungsbedarf in der Zukunft – was die Bewertungen schließlich weiter drücken dürfte.

Bei Wework steht die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs in Zweifel, die Marktkapitalisierung des einst mit 47 Mrd. Dollar bewerteten Start-ups ist schwer erodiert. Die Krise stellt indes nur ein extremes Beispiel für eine massive Wertvernichtung bei Venture-Investments dar. Dies trübt die Stimmung für neue Deals.

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