Neue Führung greift bei Fresenius und FMC durch
Düstere Aussichten bei der Dialysetochter FMC durchkreuzen erneut die Jahresziele von Fresenius. Der neue Vorstandschef Michael Sen will deshalb nun beim Umbau des Gesundheitskonzerns endlich Ernst machen. „Wir haben begonnen, alle Geschäftsaktivitäten auf den Prüfstand zu stellen und schauen uns dabei das gesamte Portfolio an“, kündigte er am Sonntagabend an. „Dies wird nicht von heute auf morgen umsetzbar sein, aber wir werden schneller und entschlossener vorgehen als zuvor.“ Auch die neue FMC-Chefin Carla Kriwet, die wie Sen Anfang Oktober die Führung übernahm, will durchgreifen. Es sei „dringend erforderlich, unsere operative Geschäftsentwicklung durch tiefgreifende Maßnahmen zu verbessern.“
An der Börse kam das gut an: FMC-Aktien gehörten mit einem Plus von zeitweise mehr als 6% zu den größten Dax-Gewinnern, Fresenius folgten mit einem Zuwachs von rund 3%. Sens Ankündigung einer Überprüfung aller Geschäftsaktivitäten deute auf einen größeren Spielraum für strategische Veränderungen hin und dürfte positiv bewertet werden, urteilten die Analysten von JP Morgan.
Der neue Vorstand von Fresenius, zu der neben FMC auch die Klinikkette Helios, die Medikamentensparte Kabi und die Dienstleistungssparte Vamed gehören, steht unter Erfolgsdruck. Seit Jahresbeginn haben Fresenius-Aktien fast 40% an Wert verloren. FMC senkte mehrmals seine Geschäftsziele – am Sonntag zum zweiten Mal in diesem Jahr – und zwang damit auch Fresenius zu einer Korrektur. Der langjährige Fresenius-Chef Stephan Sturm, der eigentlich bis 2026 hätte bleiben sollen, musste Ende September überraschend gehen und wurde von Kabi-Chef Sen abgelöst.
Sturm hatte die komplexe Konzernstruktur auf den Prüfstand gestellt. Bei der Bilanz im Februar zog er Börsengänge von Helios und Vamed in Betracht und zeigte sich erstmals auch für einen Verkauf des FMC-Anteils offen, der bei 32 Prozent liegt. Seinen Worten folgten aber keinen Taten.
Gewinneinbruch von bis zu 25%
„Wir bei bei Fresenius wissen, dass wir uns weiter verbessern müssen“, räumte Sen nun ein, der bereits zu seinem Amtsantritt verkündet hatte, dass der Konzern grundlegende Veränderungen benötige. „Meine Prioritäten sind klar: Den Konzern neu auszurichten, Fresenius zu neuer Stärke zu verhelfen.“ Der Schwerpunkt liege dabei auf Rentabilität. FMC-Chefin Kriwet sagte, der Dialysekonzern habe „bereits mit der Ausarbeitung eines umfassenden Turnaround-Plans begonnen, zu dem auch eine Kultur der Leistung und klaren Verantwortlichkeiten gehören wird.“
Kriwet, die vom Haushaltsgerätekonzern BSH zu FMC kam, hatte angesichts der Probleme bei dem Dialysespezialisten vorzeitig die Führung übernommen – eigentlich hätte sie erst im Januar starten sollen. FMC hatte sich zuletzt immer mehr zum Bremsklotz für Fresenius entwickelt. Vor allem der Mangel an Pflegekräften in den USA bremst die Erholung nach der Corona-Pandemie, in der Dialysepatienten besonders gefährdet waren. Trotz aller Bemühungen sei die Zahl unbesetzter Stellen in den Dialysezentren weiterhin hoch. „Bei aller Ernüchterung darüber, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen in Nordamerika verzögert auswirken, sind wir zuversichtlich, dass unsere intensivierten Anstrengungen die nötigen Verbesserungen bringen werden“, sagte FMC-Finanzchefin Helen Giza.
In diesem Jahr rechnet sie aber nun mit einem Rückgang des Nettogewinns von FMC währungsbereinigt und ohne Sondereffekte von bis zu 25% – bisher war sie von einem Minus von maximal 20% ausgegangen. 2021 hatte das Konzernergebnis knapp 1,02 Mrd. Euro betragen, nach neun Monaten liegt es mit 660 Mill. Euro währungsbereinigt 18% unter dem Vorjahresniveau. Der Umsatz stieg währungsbereinigt um zwei Prozent auf 14,4 Mrd. Euro, im Gesamtjahr soll er weiter leicht zulegen.
Fresenius erwartet für das laufende Jahr nun einen Rückgang des währungsbereinigten Gewinns von um die 10% statt eines Minus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Das währungsbereinigte Umsatzwachstum soll unverändert im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich liegen. Neben FMC sind auch die anderen Sparten von der eingetrübten Konjunktur betroffen, vor allem Vamed. Nach neun Monaten stand bei Fresenius ein Umsatzplus von 4% auf 30,2 Mrd. Euro zu Buche, der Konzerngewinn fiel um 10% auf 1,28 Mrd. Euro
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