Corporate Governance

Neue Leitplanken für CEO-Gehälter

Eine Gruppe aus Aufsichtsräten, Investoren und Governance-Experten gibt der Praxis Empfehlungen, wie ESG-Ziele sinnvoll in die Vorstandsvergütung integriert und transparent gemacht werden können.

Neue Leitplanken für CEO-Gehälter

swa Frankfurt – Investoren fordern die Verankerung von Nachhaltigkeitszielen auch in der Vorstands­vergütung mit zunehmender Vehemenz ein, in Unternehmen herrscht aber oft noch Unsicherheit, wie diese Forderungen umzusetzen sind. Der Arbeitskreis Leitlinien für nach­haltige Vorstandsvergütung, eine Gruppe von Aufsichtsratsvorsitzenden, In­vestoren, Wissenschaftlern und Corporate-Governance-Experten, will der Praxis mit Best-Practice-Empfehlungen unter die Arme greifen. In Form von zwei White Papers gibt der Arbeitskreis Hinweise, wie ESG-Ziele in Vergütungssysteme integriert werden­ können und wie eine hohe Transparenz der Managergehälter garantiert werden kann. Initiatoren und Koordinatoren des Gremiums sind Michael Kramarsch, Managing Partner der Unternehmensberatung HKP, und Hans-Christoph Hirt, Geschäftsführer des Stewardship Service Provider EOS beim Vermögensverwalter Federated Hermes.

In den White Papers verarbeitet sind erste Erfahrungen mit den regulatorischen Änderungen im Zuge der Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie. Die Unternehmen sind in dem neuen Gesetzesrahmen gezwungen, ihre Aktionäre im sogenannten „Say-on-Pay“ regelmäßig über Vergütungssystem und -bericht abstimmen zu lassen. In der Hauptversammlungssaison habe sich gezeigt, „dass zwar ESG-Ziele schon in vielen Vergütungssys­temen vorgesehen sind, es aber in der zur Unternehmensnachhaltigkeit beitragenden Umsetzung noch viele offene Fragen gibt“, erklärt Hirt aus Investorensicht. Dies treffe auch auf die Darstellung im neuen Ver­gütungsbericht zu. Mit den veränderten Regularien wurden die Muster­tabellen für die individualisierte Offenlegung der Vorstandsgehälter aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex gestrichen, neue Transparenzstandards auf EU-Ebene jedoch noch nicht vorgelegt.

Gelbe Karte für die Telekom

Kramarsch bescheinigt den Dax-Konzernen gute Fortschritte in der Verankerung von ESG in Vergütungssystemen, kleinere Unternehmen hätten hier dagegen noch Nachholbedarf. Doch der Trend sei klar vorgezeichnet: „An der Verankerung von materiell relevanten ESG-Zielen in der Vorstandsvergütung führt kein Weg vorbei.“ Hirt appelliert an die Investoren, mit den Unternehmen in den Dialog zu treten. Noch zu viele institutionelle Anleger würden auf den Aktionärstreffen den Daumen senken, ohne vorher ihre Vorstellungen kundzutun. Nach einer Aufstellung von HKP erreichten in diesem Jahr 30 Unternehmen in Dax, MDax und SDax im Vergütungsvotum nur eine Zustimmung von maximal 80% – bei dieser Schwelle sehen viele Investoren die Aufsichtsräte in der Pflicht, die Systeme zu überar­beiten. Im Dax lag 2021 die Telekom im Say-on-Pay mit 72,7% Ja-Stimmen unter dieser kritischen Marke, Index-Aufsteiger Hellofresh erreichte nur knapp 46%.

Der Arbeitskreis schlägt vor, ESG-Ziele so zu gewichten, dass mindestens 20% der variablen Vergütung des Vorstands daran geknüpft sind. Die ESG-Ziele zur Incentivierung des Managements sollten unternehmensspezifisch und materiell relevant sein, so die Empfehlung. Sie müssten in Verbindung zur Unternehmensstrategie stehen. Nicht für jede Gesellschaft sei zum Beispiel eine CO2-Vorgabe sinnvoll. Die Zielerreichung der Nachhaltigkeitskriterien soll nach den Vorstellungen des Arbeitskreises primär auf die langfristige Vergütungskomponente, den Long Term Incentive, abgestellt sein. Es könne aber auch eine Verankerung in der kurzfristigen Vergütung angeraten sein, wenn es etwa um Themen gehe, die schnell umgesetzt werden sollen – etwa Kundenzufriedenheit oder Belange der Belegschaft.

Den Unternehmen wird zudem geraten, anspruchsvolle ESG-Ziele zu setzen – am besten im Dialog mit Investoren. Die Ziele sollen nachvollziehbar messbar sein, transparent offengelegt werden und möglichst integriert in der Unternehmenssteuerung verwendet werden.

Mit Blick auf die Transparenz sollen die Konzerne Sorge tragen, dass die Elemente des Vergütungssystems und die Zielerreichung nachvollziehbar dargestellt werden. Um Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen und über die Zeit herzustellen, schlägt der Arbeitskreis für die Darstellung der Managersaläre Mustertabellen vor, die Zielvergütung sowie gewährte und zugeflossene Vergütung abbilden.

Mit Blick auf das Zusammenspiel der Empfehlungen des Arbeitskreises Vorstandsvergütung mit gesetzlichen Regeln und Kodex-Vorgaben unterstreicht Kramarsch, dass sich das Gremium nicht als Regelsetzer versteht. Man wolle Praktikern vielmehr Orientierung für eine sinnvolle Gestaltung und Offenlegung der Vorstandsvergütung geben. „Wir sind maximal unverbindlich und höchst relevant“, fasst der Berater das Selbstverständnis der Expertengruppe zusammen.

Kritische Vergütungsvoten
Ja-Stimmen in %
Unternehmen20212020
Dax:
Hellofresh45,62
Deutsche Börse94,9765,45
Deutsche Telekom72,70
SAP78,42
Adidas83,41
Munich Re86,25
Delivery Hero86,36
MDax/TecDax:
Freenet34,42
Morphosys36,18
Rheinmetall92,6143,14
Zalando72,27
Nemetschek74,83
Commerzbank76,45
United Internet77,71
LEG Immobilien77,83
Quelle: DSWBörsen-Zeitung
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