Neuer Eklat in der Kohlekommission
Die Kohlekommission der Bundesregierung fasst 2018 keinen Beschluss mehr. Zur Weltklimakonferenz in Kattowitz fährt die Bundesregierung ohne Ergebnisse. Neben den Milliardenhilfen für die Braunkohleländer soll sollen erst noch die präzisen Anforderungen an die Versorgungssicherheit festgezurrt werden.cru Düsseldorf – Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hat nach einem Eklat um das Tempo des Ausstiegs und die Versorgungssicherheit am Montag ihren Zeitplan nach hinten verschoben. Eigentlich hatte das Gremium, in dem unter anderem Wirtschafts- und Umweltverbände vertreten sind, schon am Mittwoch ein Gesamtpaket vorlegen wollen, das Maßnahmen für den Klimaschutz in den kommenden Jahren und ein Enddatum für den Kohleausstieg enthält. Nach Informationen der Börsen-Zeitung aus Kreisen des Gremiums ist der Abschluss des Berichts nun für den 1. Februar 2019 geplant.Damit zeichnet sich ab, dass Umweltministerin Svenja Schulze im Dezember ohne handfeste Ergebnisse zur Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz reisen müssen. Das sorgte für einen Eklat in der Kommission, zu der auch BUND und Greenpeace gehören: “Die Ziele des Kohleausstiegs müssen auf der Weltklimakonferenz verkündet werden – auch wenn über die notwendige verlässliche Unterstützung des Strukturwandels noch weiter verhandelt wird”, forderte das Verbändebündnis Klima-Allianz in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).Vor allem die ostdeutschen Kohleländer Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt verlangen konkretere Zusagen mit Hilfen von 60 Mrd. Euro zum Strukturwandel in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier, bevor die Kommission “Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung” einen Zeitplan für das Ende der Stromgewinnung aus Kohle vorlegt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet forderte eine Revisionsklausel für den Zeitplan. “Es muss eine Wenn-dann-Klausel geben. Man kann nicht 2018 beschließen, was an welchem Tag in den 30er Jahren erreicht ist”, sagte der CDU-Politiker. Strom wie “tägliches Brot”Nach Informationen der Börsen-Zeitung soll der derzeit in Arbeit befindliche Entwurf des Abschlussberichts um eine Passage zur Versorgungssicherheit ergänzt werden, in der auf das Fehlen anerkannter Maßstäbe für die Versorgungssicherheit hingewiesen und solche vorgeschlagen werden: “Im Gegensatz zu den Zielen zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Reduktion von Treibhausgasen, ist das Ziel der Versorgungssicherheit nicht weiter qualifiziert oder gar quantifiziert worden”, heißt es in dem Passus, der der Börsen-Zeitung vorliegt.Das Bundesverfassungsgericht habe bereits 1994 seiner Entscheidung zum “Kohlepfennig” nachvollziehbarerweise die Annahme zugrunde gelegt: “Das Interesse an einer Stromversorgung ist heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot.”Zu den Strompreisen heißt es im Bericht: “Die Entwicklung der deutschen (Endkunden-)Strompreise im europäischen und internationalen Vergleich wird laufend einem intensiven und regelmäßigen Monitoring unterzogen. Staatliche Maßnahmen zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung unterliegen dem Vorbehalt, dass dies nicht zu Wettbewerbsnachteilen für die Industrie führt, indem die Belastungen durch Strompreissteigerung entsprechend kompensiert werden. Entschädigungen für Stilllegungen müssen in jedem Fall aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden.”Im Szenariorahmen, welchen die Übertragungsnetzbetreiber erstellen und die Bundesnetzagentur genehmigt, hätten die Übertragungsnetzbetreiber sich zwar mit dem Niveau der Versorgungssicherheit auseinandergesetzt und schlussfolgerten, dass der konventionelle Kraftwerkspark in Deutschland in Zukunft allein die residuale Jahreshöchstlast in keinem Szenario decken könne. Die Größenordnung der fehlenden gesicherten Leistung könne unter der Annahme schwieriger Bedingungen mit 14,5 bis 25,8 Gigawatt “als kritisch angesehen” werden. “Inwiefern ausländische Erzeugungskapazitäten über die angenommenen deutschen Importkapazitäten in Höhe von in Summe 42 Gigawatt im Jahr 2030 und 45 Gigawatt im Jahr 2035 diese Unterdeckung beheben können, wäre Gegenstand vertiefender Analysen.”Zur Bewertung der Versorgungssicherheit soll – damit es nicht neben dem sich verteuernden Strom auch noch zu teuren Produktionsunterbrechungen in der energieintensiven Industrie kommt – laut Bericht unter anderem der folgende Schwellenwert eingehalten werden: “Die Zahl der Stunden pro Jahr, in denen der Erwartungswert der zur Deckung der Nachfrage verbleibenden Leistung kleiner null ist, darf eine Stunde nicht überschreiten. Bei der Berechnung sind verfügbare Erzeugung und nutzbare Lastmanagement-Potenziale zu berücksichtigen, nicht aber (nichtmarktliche) Reservekapazitäten.” RWE-Aktienkurs steigtBetroffen von den Beschlüssen der Kommission sind vor allem die Kohleverstromer RWE, Uniper und Steag. Der Kurs der RWE-Aktie reagierte am Montag mit einem Plus von zeitweise 1,8 % auf 19,32 Euro. Der Börsenwert des Essener Konzerns hat sich damit seit September 2015 verdoppelt auf 11 Mrd. Euro.Als Kurstreiber für RWE wirkte zuletzt die Erwartung der Investoren, dass die Konzerne bei einer etwaigen beschleunigten Abschaltung von Kohlekraftwerken mit Milliardenbeträgen üppig entschädigt werden.