RECHT UND KAPITALMARKT

OLG Düsseldorf bremst Prozessfinanzierer aus

CDC scheitert im Zementkartell-Fall - Klagewelle noch nicht auf dem Höhepunkt

OLG Düsseldorf bremst Prozessfinanzierer aus

Von Thomas Kapp und Karin Hummel *)Die Klage des belgischen Prozessfinanzierers Cartel Damage Claims (CDC) gegen sechs Mitglieder des Zementkartells ist nun auch vor dem OLG Düsseldorf (Az. VI-U Kart 3/14)) gescheitert. Das OLG bestätigte das Urteil des LG Düsseldorf, das die Klage im Dezember 2013 abgewiesen hatte. Um die Schadensersatzansprüche gegenüber den kartellbeteiligten Zementherstellern kollektiv einklagen zu können, hatte sich CDC die Schadensersatzforderungen der einzelnen Abnehmer in Höhe von ca. 131 Mill. Euro abtreten lassen. Dabei hatte CDC den Geschädigten einen festen Kaufpreis von 100 Euro pro Forderung bezahlt und für den Fall des Klageerfolgs noch einmal bis zu 85 % der realisierten Forderung versprochen.Der Entscheidung des OLG Düsseldorf liegt eine lange Prozessgeschichte zugrunde: 2005 hatte CDC die Schadensersatzklage beim LG eingereicht. Erst 2007, nach der Entscheidung des BGH wurde die Zulässigkeit der Klage bejaht. Ende 2013 hat das LG Düsseldorf schließlich die Klage in der Sache abgewiesen. Das LG vertrat die Auffassung, dass das von CDC konzipierte Abtretungsmodell unzulässig war, da die bis 2008 erfolgten Abtretungen mangels behördlicher Erlaubnis von CDC gegen das damals geltende Rechtsberatungsgesetz verstoßen hatten.Die nach 2008 erfolgten Abtretungen sah das Gericht als sittenwidrig an. Zwar hatte CDC inzwischen die erforderliche behördliche Erlaubnis eingeholt. Nach Auffassung des LG Düsseldorf verfügte jedoch CDC nicht über ausreichende eigene finanzielle Mittel, um im Fall des Prozessverlusts die Gerichtskosten sowie die Prozesskosten der Beklagten zu tragen. Daher sah das LG Düsseldorf CDC, die lediglich über ein Stammkapital von 100 000 Euro verfügte, als ein faktisch vermögensloses, von den Geschädigten vorgeschobenes Prozessvehikel an. Damit wurde aus der Sicht des LG das Prozesskostenrisiko sittenwidrig und damit unzulässig auf die beklagten Zementhersteller verlagert.Das OLG Düsseldorf bestätigte die Auffassung des LG Düsseldorf uneingeschränkt. Besonders betonte das OLG den Aspekt der Verjährung der meisten Forderungen. Das OLG stellte fest, dass die Presseberichterstattung über die 2003 erlassenen Bußgeldbescheide geeignet war, den Geschädigten die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Tatsachenkenntnis zu verschaffen. Die Klageerhebung konnte den Ablauf der Verjährungsfrist nicht hemmen, da CDC nach der Logik des OLG aufgrund der Unwirksamkeit der Abtretungen weder bei Klageerhebung im Jahr 2005 noch zu einem späteren Zeitpunkt vor Ablauf der Verjährungsfrist Inhaberin der Schadensersatzforderungen geworden war.Das OLG Düsseldorf hat die Revision trotz der weit über den Fall selbst hinausreichenden Bedeutung für die Kartellrechtspflege nicht zugelassen. Allerdings hat CDC angekündigt, Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH zu beantragen. Das letzte Wort ist offenbar noch nicht gesprochen.Das LG und das OLG sind den Interessen der Geschädigten nicht gerecht geworden. Deren Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einzelne Geschädigte meist nicht nur unwirtschaftlich, sondern faktisch auch nicht möglich ist. Der Schadensnachweis gelingt vielfach nämlich erst aufgrund einer breiten Datenbasis, die ein einzelner Fall nicht liefern kann. Darüber hinaus wäre auch zu berücksichtigen, dass die ZPO es vermögenslosen natürlichen Personen sehr wohl gestattet, Prozesse gegen potenzielle Schuldner anzustrengen, worauf das OLG selbst hinweist. Auch der Vorwurf, CDC habe missbräuchlich eine unvermögende Partei vorgeschoben, wird dem legitimen Anliegen von CDC, die effiziente Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu ermöglichen, nicht gerecht. CDC hat seine Vermögenslage nie verschleiert, sondern im Rahmen eines Antrags auf Streitwertherabsetzung nach § 89 b GWB offengelegt. Diese Streitanpassung ist vom Gesetzgeber gerade dazu gedacht gewesen, wirtschaftlich schwachen Klägern die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu erleichtern. Das OLG hat hier den Spieß umgedreht und daraus eine Sittenwidrigkeit des Vorgehens von CDC gemacht. Konsequenzen für die PraxisDas OLG Düsseldorf hat der privaten Kartellrechtsdurchsetzung in Deutschland einen herben Rückschlag verpasst. Ob es der deutschen Rechtskultur damit wirklich einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Es könnten nämlich nunmehr die Rufe nach der gesetzlichen Einführung einer Sammelklage wieder lauter werden. Zwar wurden solche Regelungen im Rahmen der EU-Richtlinie zum kollektiven Schadensersatz bisher abgelehnt. Das muss jedoch nicht das Ende der Diskussion sein.Im Übrigen können Kartellanten nur kurzfristig aufatmen. CDC wird sein Geschäftsmodell den Vorgaben der Entscheidung schnell anpassen. Außerdem kommen neue Modelle auf den Markt. So hat die Deutsche Bahn AG, eine der fleißigsten Kartellschadensersatzklägerinnen, eine eigene Prozessgesellschaft gegründet (DB Barnsdale AG), welche in Fällen der Schädigung der DB auch andere Geschädigte zur prozessualen Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen mit ins Boot holt. Die Schadensersatzwelle bei Kartellschäden ist in Deutschland noch lange nicht am Höhepunkt angelangt.—-*) Dr. Thomas Kapp ist Rechtsanwalt und Partner, Karin Hummel Rechtsanwältin bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Stuttgart.