Kult-Uhr

Omega-Swatch-Hype bringt Aktienkurs in Fahrt

Der Verkaufsstart der „Moonswatch“-Kollektion ist „ein unglaublicher Erfolg, der alle Erwartungen übertroffen hat“, schreibt Swatch auf der Firmenwebseite. Die Feststellung ist kein bisschen übertrieben.

Omega-Swatch-Hype bringt Aktienkurs in Fahrt

Von Daniel Zulauf, Zürich

Samstagmorgen um 7 Uhr auf der Avenue des Champs Élysées: Ein Partygänger auf dem Nachhauseweg traut seinen Augen nicht. Eine lange Menschenschlange zieht sich die Pariser Prachtstraße hoch. Sie endet vor der Hausnummer 104, wo sich der Flagship-Store von Swatch befindet. Der Beobachter hält die Szene mit dem Handy fest und stellt das Filmchen auf Twitter. Dort findet man eine Menge ähnlicher Bilder aus allen Erdteilen. Der Verkaufsstart der „Moonswatch“-Kollektion ist „ein unglaublicher Erfolg, der alle Erwartungen übertroffen hat“, schreibt Swatch auf der Firmenwebseite. Die Feststellung ist kein bisschen übertrieben. Die Moonswatch ist ein Hybrid der legendären Omega Speedmaster, jener Uhr, mit der Neil Armstrong 1969 als erster Mensch den Mond betreten hatte, und der nicht weniger geschichtsträchtigen Swatch-Plastikuhr, die der morbid gewordenen Schweizer Uhrenindustrie ab 1983 frisches Leben einhauchte.

Jeder nur ein Stück

Die Nachfrage nach der neuen Moonswatch ist so groß, dass die Swatch-Läden angewiesen werden, keinem Kunden mehr als ein Stück zu verkaufen. Trotzdem sind die Läden innerhalb weniger Stunden ausverkauft – natürlich auch in der Schweiz. Für den Riesenerfolg gibt es auch sehr rationale Gründe. Einmal abgesehen von ihrem farbigen Erscheinungsbild sieht die Moon­swatch der Speedmaster zum Verwechseln ähnlich.

Das Original kostet 5000 sfr oder mehr, die Moonswatch gibt es für 250 sfr. Trotzdem ist sie nicht bloß eine billige Kopie ihres luxuriösen Vorbilds. Das Gehäuse besteht aus Biokeramik, einer neuartigen Legierung aus Keramik und Rizinusöl, das auf den gleichen Anlagen wie die Plastikuhren von Swatch verarbeitet wird, das sich auf der Haut aber besser anfühlen soll als Plastik. Natürlich hat die Moonswatch kein mechanisches Uhrwerk, sondern eine Batterie. Dafür kommt sie leichter daher als ihr nobler Vorfahre.

„Diese Moonswatch ist nicht einfach eine Uhr mehr im Swatch-Sortiment“, findet Luca Solca, Konsum- und Luxusgüterspezialist beim Vermögensverwalter Sanford Bernstein. „Die Kollaboration zwischen Omega und Swatch (die beiden zur Swatch Group gehören, Anm. d. Red.) ist eine sehr intelligente Idee, die auch sehr gut umgesetzt wurde“, lobt der Investmentspezialist. „In meiner Wahrnehmung hat die Marke Swatch in den vergangenen Jahren viel von dem Vertrauen verloren, das sie in früheren Zeiten auch unter Anlegern genossen hatte. Viele dachten, die Swatch Group lege ein zu großes Gewicht auf industrielle Aspekte zum Beispiel in der Produktion und vernachlässige das Marketing“, sagt Solca. „Jetzt setzt sie mit der Kollaboration auch im Uhrenmarketing wieder neue Akzente, das ist toll und ein Grund für mich, diese Aktien auch unseren Kunden zum Kauf zu empfehlen“.

Mit dieser Einschätzung ist Bernstein-Experte Solca offensichtlich nicht allein. Nach dem turbulenten Wochenende avancierten die Aktien der Swatch Group in der ersten Handelsstunden am Montagmorgen an der Schweizer Börse um mehr als 4%, was den Börsenwert des Konzerns von aktuell rund 13,5 Mrd. sfr um zeitweise mehr als 500 Mill. sfr anschwellen ließ.

Noch lässt sich der ökonomische Erfolg der erfolgreichen Neulancierung kaum zuverlässig abschätzen. Vielleicht bleibt der Hype bloß eine Eintagsfliege. Vielleicht wird aber auch mehr daraus. Man erinnere sich: Als die Plastik-Swatch vor 39 Jahren das Licht der Welt erblickte, gingen bald darauf jährlich bis zu 20 Millionen Stück über die Produktionsbänder.