OMV dreht in der Chemie auf
OMV dreht in der Chemie auf
Österreichischer Ölkonzern plant Fusion im Kunststoffgeschäft mit Abu Dhabi – Konsolidierung bei Polyolefinen
Die Ölkonzerne OMV und Adnoc sondieren den Schulterschluss im Kunststoffgeschäft. Entstehen könnte ein Polyolefin-Schwergewicht mit fast 18 Mrd. Euro Umsatz. Der Vorstand des österreichischen Unternehmens bestätigte Verhandlungen mit dem Partner aus Abu Dhabi über die Fusion der Töchter Borealis und Borouge.
swa Frankfurt
Im Markt für Petrochemie bahnt sich ein milliardenschwerer Zusammenschluss an. Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV hat am Freitag Gespräche mit dem staatlichen Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi über eine mögliche Zusammenlegung ihrer Kunststoffaktivitäten bestätigt. Der Vorstand habe Verhandlungen mit Adnoc über eine mögliche Kooperation ihres Polyolefin-Geschäfts beschlossen, teilte OMV mit. Anfang Juli hatte es bereits Marktgerüchte über Fusionsabsichten gegeben.
Verhandelt wird nach Angaben von OMV über einen Schulterschluss der beiden Tochterfirmen Borealis und Borouge als gleichberechtigte Partner unter einer gemeinsam kontrollierten, börsennotierten Plattform für potenzielle Wachstumsakquisitionen. Ziel sei, ein globales Polyolefin-Unternehmen mit einer wesentlichen Präsenz in Schlüsselmärkten zu schaffen, heißt es weiter. Die Transaktion sei aber noch von einer Einigung mit Adnoc etwa auf die Bewertung der beteiligten Einheiten abhängig. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte gemeldet, dass die beiden Parteien über eine mögliche Bewertung von Borealis von 10 Mrd. Dollar sprechen. Einschließlich der Borouge-Beteiligung könnte die Gesamtbewertung des kombinierten Unternehmens 30 Mrd. Dollar übersteigen. Beide Einheiten vereinen einen Umsatz von umgerechnet fast 18 Mrd. Euro.
Gemeinsame Interessen
Borealis und Borouge zählen beide bereits zur führenden Gruppe der Polyolefin-Anbieter weltweit. Beide Unternehmen würden gemeinsam nach Branchenangaben auf fast 4% der weltweiten Polyolefin-Kapazitäten kommen. Als Weltmarktführer nach Volumen gilt Sinopec, vor ExxonMobil und LyondellBasell – in Letztere hatte BASF vor vielen Jahren in einem Joint Venture mit Shell ihre Polyolefin-Aktivitäten eingebracht.
OMV und Adnoc arbeiten bereits mit gemeinsamen Beteiligungen in dem Segment. So ist die Abu Dhabi National Oil Company mit 25% an Borealis beteiligt, 75% gehören der teilstaatlichen OMV. Auch an OMV selbst gehören Adnoc 24,9% des Kapitals. Borealis mit Sitz in Wien ist für die österreichische Energiegruppe das Herzstück ihres Chemiegeschäfts, das sie konsequent ausbauen will. Borouge wird seit 1998 als strategisches Joint Venture von Adnoc und Borealis in Abu Dhabi geführt. Adnoc hält hier mit 54% die Mehrheit, bei Borealis liegen 36%. Borouge ist im Juni 2022 in Abu Dhabi mit großer Resonanz an die Börse gegangen. Es war das bis dahin größte IPO in dem Emirat und der Petrochemie im Nahen Osten überhaupt – und war 42-fach überzeichnet. Die beiden Ölkonzerne erweitern und diversifizieren unter anderem mit Engagements in der Petrochemie ihre Wertschöpfungskette. Adnoc zeigt nach jüngsten Meldungen auch Interesse am deutschen Kunststoffkonzern Covestro.
OMV-Chef Alfred Stern hält eine Fusion auch deshalb für vielversprechend, weil beide Geschäfte stark komplementär seien. Während Borealis vor allem im Recycling von Polyolefinen auf dem europäischen Markt aktiv ist, sei Borouge vor allem in Asien präsent. Dabei hat Borouge auch Aktivitäten in Singapur. Borealis ist in einem zweiten Gemeinschaftsunternehmen Baystar mit Total Energies in den USA im Geschäft.
Für den Polyolefin-Markt wird von Marktforschern weltweit kräftiges Wachstum prognostiziert. Polyolefine haben als Standard- oder Massenkunststoffe mit stabilen Materialeigenschaften den größten Anteil an der gesamten Kunststoffproduktion. Das Einsatzspektrum reicht von Verpackungsfolien, Transportbehältern und Platten bis zu Spritzguss, Schläuchen und Fasern. Der asiatisch-pazifische Raum dominiert den Markt global mit dem höchsten Verbrauch.