Peking zielt auf Chinas Tech-Riesen

Vage Antimonopolregelung verunsichert Branche - Technologiewerte in Hongkong stürzen ab

Peking zielt auf Chinas Tech-Riesen

Chinas führende Technologieunternehmen werden mit einem neuen Regulierungspapier zur Eindämmung von monopolistischen Praktiken konfrontiert. Das Ausmaß der Regierungsoffensive ist noch nicht klar absehbar. An der Hongkonger Börse jedoch kommt es zu Panikverkäufen von chinesischen Tech-Werten.nh Schanghai – Die chinesische Regierung hat erstmals überhaupt einen Regulierungsvorschlag eingebracht, mit dem die Internetbranche und führende Technologiefirmen wie Alibaba, Tencent, JD.com oder Meituan Dianping vor Wettbewerbsregeln zur Eingrenzung von monopolistischem Verhalten gestellt werden. Kernpunkt des neuen, gegenwärtig noch in einer Konsultationsphase befindlichen Regelwerks ist die Schaffung eines Rahmens zur Verhinderung von wettbewerbsschädigendem Verhalten.Als wesentliche Stoßrichtungen gelten der Umgang der Internetfirmen mit Nutzerdaten und deren Weiterverbreitung, das Verhindern von Allianzbildungen, mit denen kleinere Wettbewerber verdrängt werden, und das Unterbinden von Subventionsmaßnahmen, mit denen Internetdienste unter Kosten angeboten werden, um Marktanteile zu steigern. Als mögliche Strafen werden drastische Eingriffe wie Zwangsverkäufe von Vermögenswerten oder auch die Öffnung der Infrastruktur für Konkurrenten ventiliert. Neuer UmgangsstilAnalysten sprechen von einer entscheidenden Wende im Umgang der Kommunistischen Partei mit bislang gefeierten Technologieunternehmen, die ein immer stärkeres Gewicht im chinesischen Konsumalltag einnehmen. In Peking scheint man zu der Überzeugung gekommen zu sein, dass die wachsende Marktmacht der durchweg privaten und von bekannten Entrepreneuren auf die Beine gestellten und geführten Techfirmen vor klare Grenzen gestellt werden soll. Dies nicht zuletzt, um zu unterstreichen, dass sie als dem Staat untergeordnete Akteure angesehen werden, die nicht nur reinem Expansions- und Profitstreben, sondern auch dem Gemeinwohl verpflichtet sind.Dabei scheint Peking insbesondere Chinas mächtigstes Technologieimperium mit dem führenden E-Commerce-Betreiber Alibaba und dem eng mit ihm verbundenen Zahlungssystembetreiber und Fintech-Konzern Ant Group im Fadenkreuz zu haben. Beide Gesellschaften werden vom Starunternehmer und reichsten Mann in China, Jack Ma, kontrolliert. In der vergangenen Woche hatten Pekinger Regulatoren den fertig platzierten Mega-Börsengang der Ant Group mit einem neuen Regelwerk für Fintech-Firmen kurz vor Handelsstart ausgehebelt.Auch der neue Vorstoß scheint vom Timing her auf eine besondere, symbolische Wirkung abzuzielen und koinzidiert exakt mit dem jährlichen Singles-Day-Shopping-Festival, dem absoluten Jahreshöhepunkt für das Geschäft von Alibaba und anderen Onlinehändlern (siehe Bericht unten). Marktteilnehmer in Schanghai betonen, dass ihnen förmlich die Spucke weggeblieben ist, als das Regulierungspapier nur wenige Stunden vor dem offiziellen Startschuss für das Online-Shopping-Festival Dienstagmitternacht öffentlich gemacht wurde.Gerade dieser Wink mit dem Zaunpfahl ist es, der Anleger besonders zu verschrecken scheint. Sie befürchten eine gezielte Kampagne, unter der chinesische Internetanbieter im Zweifelsfall noch lange leiden könnten. Entsprechend ist es an der Hongkonger Börse zu heftigen Abverkäufen gekommen. Der Ende Juli neu geschaffene Hang Seng Tech Index, in dem sich führende Sektorunternehmen wie Tencent, Alibaba, JD.com, Meituan Dianping und auch der Smartphonebauer Xiaomi wiederfinden, büßte am Mittwoch gut 6 % ein und hat nun binnen zwei Handelstagen rund 11 % verloren. Damit verbindet sich ein gewaltiger Marktkapitalisierungsverlust für die betroffenen Aktien in Höhe von knapp 300 Mrd. Dollar (gut 250 Mrd. Euro). Die Alibaba-Aktie hat seit Erreichen eines Allzeithochs zu Ende Oktober nun wieder über 20 % abgegeben.