Pierre Hofer

Pferdewetten.de tritt ins Casino ein

Der Online-Buchmacher Pferdewetten.de wird aller Voraussicht nach in wenigen Wochen ein neues Standbein bekommen: Neben dem Kerngeschäft Pferdesport und anderen Sportarten, auf die gewettet werden kann, können die Kunden dann Casino-Spiele auf der Webseite finden.

Pferdewetten.de tritt ins Casino ein

Von Martin Dunzendorfer,

Frankfurt

Dem Online-Buchmacher Pferdewetten.de, der in seinem zweiten Segment seit 2018 auch andere Sportwetten – vor allem auf Fußballspiele – annimmt, haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schwer zu schaffen gemacht. Obwohl es auch im ersten Quartal 2021 noch Einschränkungen gab, hat das Unternehmen zu Wochenbeginn aber deutlich verbesserte Zahlen im Vergleich zur Referenzperiode 2020 vorgelegt. Der Brutto-Wett- und -Gaming-Ertrag, also die Wetteinsätze abzüglich der Wettgewinne der Kunden plus die erhaltenen Provisionserlöse, kletterte um 12% auf 10,67 Mill. Euro. Der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) wurde auf 0,8 Mill. Euro mehr als vervierfacht, das Nettoergebnis lag bei 0,79 (i.V. 0,17) Mill. Euro.

Vor allem der Lockdown von Mitte März bis Mitte Mai 2020 habe die Geschäfte belastet, sagte Alleinvorstand Pierre Hofer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Nahezu alle Rennbahnen seien zu jener Zeit geschlossen gewesen. „Im Grunde hatte das letzte Jahr für uns nur zehn statt zwölf Monate.“ Auch die Verlegung der im Vorjahr geplanten Fußball-Europameisterschaft habe zu erheblichen Wettausfällen geführt. Für dieses Jahr ist Hofer, der nach eigenen Angaben über 6% an dem 90 Mill. Euro schweren Unternehmen hält, zuversichtlich. Ein Grund ist das künftig dritte Segment des Unternehmens: das Online-Casino-Geschäft. Dieses sei grundsätzlich hoch profitabel. Die technischen und lizenzrechtlichen Vorbereitungen seien praktisch abgeschlossen, so Hofer. Pferdewetten.de erwarte zeitnah – der CEO geht von Juli aus – die finale Genehmigung der zuständigen maltesischen Behörde, um das Angebot dann live schalten zu können. Das Casino-Angebot wird erst jetzt implementiert, weil es erst seit Herbst 2020 für das Unternehmen möglich ist, eine Gaming-Lizenz im EU-Ausland zu beantragen und zu nutzen, ohne dabei die deutsche Pferdewettenlizenz zu riskieren. Nun sei auch eine Zweitvermarktung der registrierten Kunden möglich. Doch die Konkurrenz ist groß: Allein in Deutschland gebe es über 400 reine Online-Gaming-Anbieter.

Hohe Gewinnmargen

Allerdings ist das finanzielle Risiko überschaubar: „Das Gaming-Geschäft erfordert relativ geringen Kapitaleinsatz, und die Gewinnmargen sind trotz Regulierung hoch“, sagte Hofer auf der Frühjahrskonferenz, die in diesem Jahr wie schon 2020 ersatzweise virtuell als „1on1 Summit“ vom Finanzintermediär Equity Forum durchgeführt wird.

Zu den Gründen für den Optimismus Hofers zählen auch die Wiedereröffnung von Pferderennbahnen rund um den Globus – „Inzwischen können wir rund 95% des Contents, der in der Vor-Corona-Zeit zur Verfügung stand, wieder anbieten“ – und die Fußball-EM, die nachgeholt werden soll. Prognostiziert werden für das Gesamtjahr eine Steigerung der Erlöse im niedrigen zweistelligen Prozentbereich sowie eine Verbesserung des operativen Gewinns (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) auf 3 bis 4 (2,54) Mill. Euro.

Auch vor Ort können laut dem CEO in Deutschland Wetten bei Pferdewetten.de platziert werden – in rund 40 Pferdewettcentern. Im Ausland kommen laut Hofer zeitnah etwa 3500 Wettautomaten auf Rennbahnen und in Wettbüros hinzu, die ebenso wie die Pferdewettcenter von einem Partner betrieben werden.

Ohnehin spielt die Musik im Pferderennsport im Ausland. In Deutschland liegen die jährlichen Wetteinsätze nach Hofers Angaben bei 220 bis 230 Mill. Euro (bei Sportwetten seien es 10 Mrd. Euro); die Zahl der Galopp- und Trabveranstaltungen liege bei 300. In Frankreich lägen die Wetteinsätze bei 11 Mrd. Euro pro Jahr und die Zahl der Pferderennsport-Veranstaltungen bei 3500. Selbst in Schweden, einem Land mit nur zehn Millionen Einwohnern, lägen die jährlichen Wetteinsätze mit etwa 2 Mrd. Euro fast zehnmal so hoch wie im – bezogen auf Pferdewetten – „Entwicklungsland“ Deutschland mit 83 Millionen Einwohnern. Neben Frankreich setzten Wetter in Deutschland auch gern auf Rennen in Großbritannien (14 Mrd. Euro Wetteinsätze pro Jahr). Der mit Abstand größte Markt weltweit sei Japan mit umgerechnet über 30 Mrd. Euro an Wetteinsätzen.

Iffezheim die „Nummer 1“

Nicht sonderlich beunruhigt Hofer der Abriss der Rennbahn in Frankfurt 2020 und die mögliche Schließung der gerade renovierten Bahn in Bremen (laut Hofer „ein Schmuckkästchen“). Zum einen gebe es eine stabile Basis an Pferderennbahnen in Deutschland, die auch „anständig durchfinanziert“ seien, zum anderen liege der Anteil der Wetteinsätze auf inländische Rennen deutlich unter 10%. Als „absolute Nummer 1“ unter den deutschen Geläufen bezeichnet Hofer die Meetingsbahn in Iffezheim bei Baden-Baden. Dahinter folge die Rennbahn in Hamburg-Horn, wo im Sommer das „Deutsche Derby“ ausgetragen wird, sowie die Rennstrecken Köln-Weidenpesch und Hoppegarten bei Berlin.

„Nicht ungewöhnlich“ sei, so Hofer, dass es in einem Quartal bei Pferde- oder Sportwetten zu ungewöhnlich hohen Wettgewinnen der Kunden komme, wie im Januar bei Sportwetten, was das Ergebnis spürbar belastet hat. Das gleiche sich aber übers Jahr wieder aus.

Pferdewetten.de habe im Kernsegment 50000 registrierte Kunden, davon seien rund 10% aktiv; im Sportwettensegment seien es knapp 50000 registrierte Kunden, allerdings seien hier nur etwa 5% aktiv, wobei Hofer „aktiv“ als „mindestens eine Wette pro Monat“ definiert. Die durchschnittliche Sportwette belaufe sich auf knapp 40 Euro, bei Pferdewetten sei es etwas weniger.