Qatar Airways beschert Boeing zwei Riesenaufträge
wü Paris
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. In diesem Fall ist es der US-Flugzeugbauer Boeing, der von dem Zwist profitiert, den sein europäischer Rivale Airbus und Qatar Airways miteinander austragen. Der Golf-Carrier beschert Boeing zwei Großaufträge, der eine ist die größte Frachtflugzeugbestellung, die der US-Konzern seit seiner Gründung 1916 jemals einfliegen konnte.
Pünktlich zum Startschuss für die Frachtversion des neuen Langstreckenjets 777X bestellte Qatar Airways 34 Exemplare des „777-8 Freighter“. Die Fluggesellschaft, die zu den größten Akteuren im Frachtgeschäft gehört, unterzeichnete zudem eine Kaufoption für weitere 16 Exemplare. Laut Listenpreis hat der Auftrag einen Wert von mehr als 20 Mrd. Dollar. Allerdings sind deutliche Preisnachlässe in der Branche üblich.
Damit nicht genug, Qatar Airways griff Boeing auch beim Mittelstreckenjet 737 Max unter die Arme, der fast zwei Jahre lang ein Flugverbot hatte. Die Airline platzierte eine Absichtserklärung für 25 Exemplare der größten Version 737-10 sowie eine Option für 25 weitere Maschinen im Wert von fast 7 Mrd. Dollar.
Beide Bestellungen sind auch eine Rache gegenüber Airbus. Denn der seit Monaten schwelende Streit um Mängel bei der Lackierung des Langstreckenjets A350 ist eskaliert. Nachdem Qatar-Airways-Chef Akbar Al Baker letztes Jahr zunächst die Annahme weiterer A350-Jets verweigerte und einen Teil seiner A350-Flotte am Boden ließ, hat er im Dezember Klage in Großbritannien eingereicht und Schadenersatz von 618 Mill. Dollar sowie eine Entschädigung von 4 Mill. Dollar pro Tag gefordert.
Airbus weist die Vorwürfe zurück. Es gebe keine Mängel, die die Flugfähigkeit beeinträchtigen, argumentiert der Flugzeugbauer. In einer in der Geschichte der Branche einmaligen Geste hat Airbus daraufhin kürzlich einen Großauftrag von Qatar Airways für 50 Exemplare des A321 Neo im Wert von 6,4 Mrd. Dollar storniert, die größte Version des beliebten Mittelstreckenjets, für den es lange Wartezeiten gibt.
Das erste Exemplar hätte Anfang nächsten Jahres an Qatar Airways ausgeliefert werden sollen. Willie Walsh, der Chef des Airline-Verbandes IATA (International Air Transport Association), äußerte sich vergangene Woche besorgt über die Kündigung des Vertrages durch Airbus. Der Flugzeugbauer könnte seine derzeit dominante Stellung ausnutzen, warnte er.