Reisebranche pocht auf Zuschüsse
hei Frankfurt – Der beispiellose Einbruch des Luftverkehrs, der alle vorausgegangen Krisen weit in den Schatten stellt, sowie umfassende Reisebeschränkungen, Kontaktsperren und andere Schutzmaßnahmen haben dazu geführt, dass die Luftfahrt- und Reisebranche in den Abgrund blickt. Nicht nur der Deutschen Lufthansa läuft im Überlebenskampf die Zeit davon, auch in der mittelständisch geprägten Reisebranche stehen zahlreiche Unternehmen vor dem Aus. Wie Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbands (DRV), in einer gemeinsam mit dem Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft (BDL) veranstalteten Pressekonferenz sagte, “brauchen die Unternehmen zwei gesonderte Maßnahmenbündel”.Zum einen müsse die “Liquidität durch Kredite gesichert werden”. Dabei gehe es um eine Rückabwicklung gebuchter Reisen in umfangreichem Ausmaß. Zum anderen bräuchten die Firmen “direkte Zuschüsse, um die laufenden Kosten zu decken”. Zuschüsse seien nötig, da ausgefallene Umsätze kaum nachgeholt werden könnten, so Inger. Zwischen März und Juni rechnen Reiseveranstalter und Reisebüros in Deutschland mit Umsatzausfällen von rund 11 Mrd. Euro. Es drohe eine Insolvenzwelle, zwei Drittel der Unternehmen erwarteten den Untergang, ergab eine Umfrage des DRV. 100 000 Arbeitsplätze stünden auf der Kippe, warnte der Manager. Das Verhalten der Regierung grenze an unterlassene Hilfeleistung, schimpfte Inger weiter. Nicht zu unterschätzenDie Bedeutung des Tourismus für die konjunkturelle Erholung in Europa sei nicht zu unterschätzen. Von daher begrüßte Inger ebenso wie Tui-Chef Fritz Joussen die Lockerungsbestrebungen in verschiedenen europäischen Ländern, insbesondere in Spanien, wo bisher noch ein relativ strenger Ausnahmezustand herrscht. Spanien ist nach Deutschland selbst das zweitwichtigste Urlaubsziel der Deutschen, gefolgt von Italien und der Türkei.Die Branche bereitet sich derweil mit einem Strauß von Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln entlang der gesamten Reisekette von der Buchung im Reisebüro, über Anreise und Aufenthalt auf einen möglichen Neustart des Geschäfts vor. Dieser wird graduell im Juni erwartet, wobei durchgreifende Lockerungen wie etwa der Verzicht auf Quarantäne-Auflagen erst für Juli erwartet werden. Dennoch wird in diesem Jahr nur mit einem Bruchteil der Umsätze der vergangenen Jahre gerechnet. Eine genaue Prognose wagt der Verband nicht.Gleiches gilt für den BDL, der mit einer allmählichen Wiederbelebung des Luftverkehrs, aber dennoch erheblichen Einnahmeausfällen rechnet. Sie dürften sich für Europa laut IATA auf 82 Mrd. Euro belaufen. Deutsche Airlines weiten ihre Flugpläne derzeit nach und nach aus und fliegen im Juni 30 Länder an. Gerade einmal 15 Interkontinentalverbindungen stehen auf der Liste. Als kritisch bezeichnete BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow insbesondere die Lage zahlreicher Flughäfen, denen schon mit bloßer Betriebsbereitschaft hohe Kosten entstehen. Die Flughäfen registrieren aktuell einen Passagierrückgang von 95 % gegenüber Vorjahr. Die vorgesehenen staatlichen Rettungskredite greifen bei den Flughäfen häufig nicht, weil diese nur für Unternehmen angeboten werden, die mehrheitlich in privater Hand sind.