RECHT UND KAPITALMARKT

Reits treten aus dem Schatten heraus

Große Indexanbieter MSCI und S & P Dow Jones schaffen eigenen Sektor für Real Estate - Höheres Anlegerinteresse erwartet

Reits treten aus dem Schatten heraus

Von Philipp Alexander Dirkx und Martin Wilmsen *)Seit August 2016 werden Real Estate Investment Trusts (Reits) im Rahmen des Global Industry Classification Standard (GICS) nicht mehr dem Finanzsektor zugeordnet. Stattdessen haben die großen Anbieter MSCI und S & P Dow Jones neben bestehenden Sektoren, zum Beispiel “Industriewerte” und “Versorger”, mit Real Estate einen elften Sektor geschaffen. Der neue Real-Estate-Sektor umfasst neben klassischen Reits auch Immobilienverwaltungs- und entwicklungsunternehmen.Hierbei fällt auf, dass rund 75 % der globalen Marktkapitalisierung des Real-Estate-Sektors durch Reits bestimmt werden. Während der weltweite Markt für Immobilienaktien in den letzten fünf Jahren um über 60 % gewachsen ist und mit über 1,1 Bill. Dollar Börsenkapitalisierung rund 3 % der globalen Marktkapitalisierung der entwickelten Märkte repräsentiert, sind Reits im gleichen Zeitraum um etwa 80 % gewachsen. Internationaler ErfolgDie Eigenständigkeit dieses neuen Sektors dürfte zu erhöhter Transparenz sowie zu potenziell breiterer Anlegernachfrage, insbesondere in Bezug auf Reits führen. Auch der Umstand, dass hierin die größte Sektorveränderung seit Einführung der GICS-Sektoren 1999 liegt, verdeutlicht die besondere internationale Relevanz von Immobilienaktien und Reits. Im Vergleich zum internationalen Erfolg der Reits war die deutsche Gesellschaftsform der Reit-Aktiengesellschaft (auch G-Reit genannt) im Markt bislang jedoch wenig populär.Reits haben ihren Ursprung im amerikanischen Steuerrecht und können als börsennotiertes Investmentvehikel verstanden werden, welches seine Gewinne mehrheitlich aus Immobilien und deren Vermietung generiert. Diese Gewinne müssen fast vollständig als Dividende ausgeschüttet werden, wobei die Besteuerung erst auf Anlegerebene stattfindet. Reits ermöglichen den Anlegern ein Investment in den Direktimmobilienmarkt, ohne die damit einhergehende hohe Kapitalbindung. Auch offene und geschlossene Immobilienfonds bieten diesen Vorteil, jedoch können Reits gegenüber physischen Immobilien sowie offenen und geschlossenen Fonds mit täglicher Handelsliquidität punkten. Transparenz steigtBisher pflegten Reits ein Schattendasein im volatilen Finanzsektor, der seit der Finanzkrise mit fundamentalen Problemen zu kämpfen hat. Auch die Wertentwicklung des Finanzsektors ist in den letzten Jahren stark hinter dem breiten Markt zurückgeblieben, so dass viele Investoren den Sektor gemieden haben. Ein großer Vorteil der Ausgliederung von Reits ist die steigende Transparenz für Anleger. Im Vergleich zum breiten Finanzsektor unterscheiden sich Reits vor allem hinsichtlich der Stabilität, Dividenden sowie Bewertungsmethoden, so dass eine sektorale Unterscheidung mehr Klarheit schafft. Hieraus ergibt sich eine größere Aufmerksamkeit von Privatanlegern, aber auch institutionellen Investoren. Investmentbanken und Assetmanager werden sich darum bemühen, die steigende Anlegernachfrage mit entsprechenden innovativen Investmentprodukten zu bedienen, so dass mit weiterem Wachstum zu rechnen ist.Als Immobilieninvestment sind Reits eng mit der Entwicklung der jeweiligen Immobilienmärkte verknüpft. In Deutschland deuten die Indikatoren und das Niedrigzinsumfeld weiterhin auf eine Fortsetzung steigender Immobilienpreise. Darüber hinaus sind deutsche Immobilien im europäischen Vergleich weiterhin relativ günstig und gelten als sehr liquide. Einer von EY durchgeführten Umfrage zufolge schätzen 96 % von 135 befragten Immobilieninvestoren den deutschen Immobilienmarkt 2017 als attraktiv ein. Zwar stehen auch im kommenden Jahr eine Reihe von politischen Risiken auf der Agenda, jedoch gilt Deutschland aufgrund der stabilen Wirtschaft als sicherer Hafen. Darüber hinaus wird erwartet, dass der Brexit zu steigender Nachfrage in deutschen Metropolen führen und sich somit positiv auf den Immobilienmarkt auswirken wird.In Deutschland selbst sind nur vier Reits gelistet, wohingegen in Großbritannien 38 und in Frankreich 32 am Markt notieren. Global betrachtet machen die USA im Real-Estate-Sektor über 55 % aus, gefolgt von Japan und Hongkong mit 12 bzw. 10 % Marktanteil. Die aktuelle Lage macht deutlich, dass der physische Immobilienmarkt in Deutschland als sehr attraktiv einzustufen ist. Das Konzept der Reits ist weltweit sehr erfolgreich, was sich zuletzt auch in der dominierenden Gewichtung der Reits innerhalb des neu geschaffenen Sektors widerspiegelt. Auf nationaler Ebene bleibt die Reit-AG jedoch ein Exot.Die Grundlage zur Einführung von Reits in Deutschland wurde bereits 2007 mit dem Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen, kurz Reit-Gesetz (ReitG) geschaffen. Ziel des Gesetzgebers war auch in Deutschland die Etablierung eines international anerkannten Vehikels zur indirekten Anlage in Immobilien. Die hohen Erwartungen an den G-Reit umfassten zum einen die Akquise ausländischen Kapitals in den inländischen Immobilienmarkt sowie zum anderen auf Seiten deutscher Unternehmen die Mobilisierung des vorhandenen Gewerbe-Immobilienvermögens. Damit eine AG als Reit-Aktiengesellschaft agieren kann, muss sie den qualifizierten Anforderungen des Reit-Gesetzes genügen. Genau diese Qualifikationen scheinen bei vielen Immobilienunternehmern eine gewisse Hürde zu sein.So qualifizieren sich als G-Reit beispielsweise nur börsennotierte Aktiengesellschaften, die im Hinblick auf ihren Unternehmensgegenstand auf Erwerb, Vermietung und Verpachtung sowie, wenngleich unter engen Voraussetzungen, den Verkauf von Immobilien beschränkt sind. Entsprechend müssen die Einkünfte der Reit-AG zu 75 % aus der Vermietung, Verpachtung, Veräußerung oder dem Leasing von Immobilienvermögen stammen. Zudem sieht das Reit-Gesetz vor, dass eine Reit-AG keine inländischen Bestandswohnimmobilien halten, vermieten oder verpachten darf. Dies steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zu den hohen Transaktionsvolumina im deutschen Wohnimmobilienmarkt. Daneben sieht das ReitG eine Höchstbeteiligungsquote von 10 % vor und enthält eine Streubesitzklausel. Ferner besteht eine Ausschüttungspflicht, wonach mindestens 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses an die Aktionäre der Reit-AG ausgeschüttet werden müssen.Auf Grund der hier nur exemplarisch genannten und zum Teil weitreichenden Regelungen dürften einige Akteure ihren Handlungsspielraum als sehr eingeschränkt wahrnehmen. Auf der anderen Seite bietet der G-Reit jedoch steuerliche Erleichterungen, worin zunächst ein deutlicher Anreiz für potenzielle Investoren und Gesellschafter zu sehen ist. Bei Unterwerfung der Regularien des ReitG genießen diese die Befreiung von Körperschafts- und Gewerbesteuer. Eine Besteuerung findet daher erst auf Ebene der Aktionäre statt, deren Dividenden dann der Kapitalertragssteuer unterliegen. SpannungsfeldDem globalen Wachstumstrend im Bereich Immobilienaktien zollen die großen Indexanbieter durch die Schaffung eines im Wesentlichen aus Reits bestehenden Immobiliensektors besondere Bedeutung. Die daraus resultierende Aufmerksamkeit sollte zu einer höheren Nachfrage nach Immobilienaktien und entsprechenden Investmentprodukten führen. Diese steigende Anleger-Nachfrage führt zu einer erleichterten Kapitalbeschaffung im Hinblick auf deutsche Real Estate Investment Trusts. Hierdurch werden Neugründungen und Kapitalerhöhungen begünstigt. Auch die Attraktivität des deutschen Immobilienmarktes sowie die im Rahmen der Gesetzgebung geregelte steuerliche Privilegierung für die Gesellschaft und ihre Anleger bilden eine gute Grundlage, um dem G-Reit einen neuen Impuls zu verleihen. Im Ergebnis besteht jedoch ein Spannungsfeld, welches sich aus der strukturellen Veränderung der Sektorklassifizierung sowie der weitreichenden deutschen Regulierung ergibt.—-*) Martin Wilmsen ist Rechtsanwalt bei DLA Piper in Frankfurt, Philipp Alexander Dirkx Portfoliomanager Multi Asset bei BHF Trust.